Diskussion über Einsatz von Tasern Die Angst vor dem Monster hinter der Tür

Zweibrücken · Gewerkschaft fordert für Wärter in Gefängnissen Taser. Zweibrücker JVA-Leiter sieht keine zwingenden Gründe.

 Ein Polizeibeamter führt einen Taser vor. Diese Waffe sondert einen elektrischen Impuls ab, der den Gegner für mehrere Sekunden außer Gefecht setzt.

Ein Polizeibeamter führt einen Taser vor. Diese Waffe sondert einen elektrischen Impuls ab, der den Gegner für mehrere Sekunden außer Gefecht setzt.

Foto: dpa/Andreas Arnold

Die Wärter in den rheinland-pfälzischen Gefängnissen müssen aufrüsten. Das ist die Auffassung von Winfried Conrad, Chef des rheinland-pfälzischen Bundes der Strafvollzugsbediensteten (BSBD). Conrad sieht es als unumgänglich an, die Justizvollzugsbeamten mit Elektroschockpistolen, sogenannten Tasern auszustatten. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt Conrad: Gewalt habe es immer schon in Gefängnissen gegeben. Aber seit einigen Jahren zeige sich eine „neue Dimension der Gewalt“. Er halte es für erforderlich, die Justizvollzugsbeamten mit den Tasern auszustatten, damit diese in Extremfällen über eine wirksame Waffe verfügten.

Der Zweibrücker Gewerkschafter Axel Schaumburger pflichtet Conrad auf Anfrage bei. „Es gibt immer wieder schwere Übergriffe auf die Bediensteten. Schuld daran sind oft sogenannte ,NPS’ – Neue psychogene Substanzen“, erklärt Schaumburger, der für die Rosenstadt als Mediensprecher des BSBD fungiert und zudem stellvertretender Landesvorsitzender des Deutschen Beamtenbundes (DBB) ist. „Wenn die Insassen das genommen haben, drehen sie teilweise komplett durch, dann sind sie nicht mehr zu bändigen.“ Schaumburger sagt, Jürgen Buchholz, Leiter des Zweibrücker Gefängnisses habe bereits selbst davon gesprochen, dass manche Insassen als „Milchbuben“ abends in ihrer Zelle eingesperrt würden und dann morgens (bedingt durch den nächtlichen Konsum eingeschmuggelter Drogen) als „Monster“ hinter der Tür stünden.

Schaumburger, der auf 38 Jahre Erfahrung im Strafvollzugsdienst zurückblickt, ist ebenso wie BSBD-Chef Conrad gewiss, dass die Wärter verantwortungsvoll mit dieser Waffe umgehen würden, der Einsatz eines Tasers sei in den genannten Extremfällen zudem ein „relativ mildes Mittel“. „Es geht nicht nur darum, den Insassen außer Gefecht zu setzen, sondern auch, den Bediensteten, der attackiert wird, zu schützen“, sagt er.

Der Gewerkschafter hat den aktuellen Fall eines tödlichen Taser-Einsatzes der Polizei in Pirmasens (wir berichteten) sehr wohl zur Kenntnis genommen. Gegenüber der Polizei hätten die Wärter den Vorteil, ihr Gegenüber genau zu kennen, über die Insassen lägen medizinische Dossiers vor. Die Polizei habe solche Erkenntnisse in aller Regel nicht.

Jürgen Buchholz, Leiter der Zweibrücker Justizvollzugsanstalt (JVA), sieht aktuell keine zwingenden Gründe für eine Aufrüstung der Beamten mit einem Taser. „Bisher war in der JVA Zweibrücken der Einsatz eines Tasers nicht erforderlich“, erklärt er auf Merkur-Anfrage.

Er bestätigt die Äußerung Schaumburgers, dass er mit Blick auf NPS-Drogen erklärt habe, dass diese manche völlig durchdrehen und zum Monster lassen würden. Es sei richtig, dass auch in Zweibrücken NPS konsumiert würden. „Mit den uns zur Verfügung stehenden Einsatzmitteln haben wir diese kritischen Situationen stets gut bewältigen können“, widerspricht Buchholz jedoch, dass es dann ohne Taser nicht gehe. Es habe 2018 einen „schweren“ Angriff auf einen Beamten gegeben –  dieser Angriff hätte durch einen Taser nicht verhindert werden können“, sagt Buchholz.

Der Knast-Chef sagt, es sei natürlich denkbar, dass in Einzelfällen ein Taser-Einsatz unumgänglich sei. Doch dann könne die Situation im Gefängnis „eingefroren werden“, heißt: Der tobende Insasse bleibt in der Zelle und das Gefängnis ruft die Polizei als Verstärkung. Diese sei bereits ausgestattet mit Tasern und könne die Waffe einsetzen, wenn sich die Lage partout nicht beruhige.

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