Bauern und Tierschützer vereint Gemeinsam für die Schwalbennester

Mainz · Im Kreis Mayen-Koblenz entsteht ein besonderes Projekt. In Ställen und an Gebäudemauern sollen Brutplätze für Schwalben erhalten bleiben — trotz der strengen Hygiene-Richtlinien in der Lebensmittelproduktion.

 Junge Rauchschwalben (Hirundo rustica) sitzen in ihrem Nest und warten darauf, etwas zu fressen zu bekommen.

Junge Rauchschwalben (Hirundo rustica) sitzen in ihrem Nest und warten darauf, etwas zu fressen zu bekommen.

Foto: dpa/Patrick Pleul

(dpa) Die Schwalben sind zurück! Bei ihrer Ankunft aus dem Süden finden die Frühlingsboten aber oft nicht mehr die für den Nestbau geeigneten Bedingungen vor. Daher wollen jetzt Landwirte und Naturschützer zusammenwirken, um auch bei gestiegenen Hygiene-Anforderungen Schwalbennester auf Bauernhöfen zu erhalten. Der Bauern- und Winzerverband Rheinland-Nassau und die Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz (GNOR) bereiten dazu ein gemeinsames Projekt im Kreis Mayen-Koblenz vor.

Verordnungen zur Hygiene und zum Lebensmittelrecht führen dazu, dass Gebäude auf Bauernhöfen zunehmend steriler gestaltet werden. „Ställe werden dicht gemacht, dadurch gibt es keine Brutmöglichkeiten mehr für Schwalben“, sagt GNOR-Geschäftsführer Martin Kreuels. „Es gibt die Entwicklung, dass Schwalbennester aus bäuerlichen Betrieben verschwinden, damit Nahrungsmittel nicht verunreinigt werden.“

Natürlich müsse ein Landwirt darauf achten, dass der Bereich mit den Schwalbennestern räumlich getrennt sei von Lagerstätten für Getreide oder Milch, sagt die für Naturschutzfragen zuständige Referentin beim Bauernverband im nördlichen Rheinland-Pfalz, Anne Buchsbaum-Sehn. „Die Hygieneverordnung enthält aber keinen Aufruf, Schwalbennester zu entfernen.“ Ein Baustein des geplanten Projekts werde sein, sowohl die Landwirte als auch die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörden aufzuklären.

Für den Nestbau brauchen die Schwalben Schlammflächen wie Pfützen oder kleinere Tümpel. Auch dies sei zunehmend ein Problem, sagt Kreuels, „es ist alles versiegelt, es ist alles dicht.“ Der Naturschützer freut sich, dass die Initiative für das Schwalbenprojekt im Norden von Rheinland-Pfalz vom Bauernverband ausgegangen ist.

Für jeden Hof müsse geprüft werden, wo es Möglichkeiten zur Entsiegelung von Flächen gebe und wo Pfützen entstehen könnten, sagt Buchsbaum-Sehn. Es sei geplant, vor Ort zu überlegen, wie ein Betrieb schwalbenfreundlich gestaltet werden könne, etwa mit Netzen oder Zwischenwänden zur räumlichen Abtrennung von Brutplätzen.

Das Projekt nimmt aber auch die Nahrung der schnellen Vögel in den Blick. „Ein Blühstreifen in fünf Kilometern Entfernung nützt nichts“, sagt die Referentin beim Bauernverband. Sinnvoll sei ein Abstand von weniger als einem Kilometer. Und es müsse überlegt werden, welche Pflanzen die von Schwalben bevorzugten Insekten wie Mücken und Fliegen anlockten. Die gängigen bienenfreundlichen Samenmischungen seien da weniger geeignet - „und wir haben noch nicht die Schwalbenmücken-Mischung“.

Die Erhaltung von Artenvielfalt lasse sich durchaus mit den wirtschaftlichen Interessen eines Agrarbetriebs vereinen, sagt die Naturschutzreferentin des Bauernverbands, die zuletzt an einem Biodiversitätsprojekt im Steillagenweinbau mitgewirkt hat. Es fehle nicht an der Bereitschaft, der Verantwortung im Naturschutz gerecht zu werden. Aber die damit verbundenen Ausgaben oder Mindereinnahmen müssten auch honoriert werden.

Die beiden Projektpartner bereiten nun einen Förderantrag beim Bundesamt für Naturschutz (BfN) vor. Geplant ist ein Projektzeitraum über sechs Jahre. Die GNOR will dabei das sogenannte Monitoring übernehmen, also eine Bestandserfassung von Schwalben zu Beginn und im Verlauf des Projekts. Bei positiven Ergebnissen hält Naturschützer Kreuels eine Übertragung der Erfahrungen im Kreis Mayen-Koblenz auf die Landes- und selbst auf die Bundesebene für denkbar. „Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr die Genehmigung erhalten. Wir sind jedenfalls startbereit.“

Im rheinland-pfälzischen Umweltministerium wird die Kooperation zwischen GNOR und Bauernverband sehr positiv gesehen. „Das Schwalbennester-Projekt greift eine wichtige Thematik auf, die in zunehmenden Maße die Biodiversität im ländlichen Raum beeinflusst“, sagte Staatssekretär Ulrich Kleemann (Grüne). Bauernhöfe seien früher Zentren der Artenvielfalt gewesen, mit Nistplätzen für Schwalben, Mauersegler, Schleiereulen und viele andere. „Aufgrund geänderter Bewirtschaftung sind aber viele Arten von diesen Betrieben verschwunden.“ Noch seien Rauch- und Mehlschwalben in Rheinland-Pfalz nicht gefährdet – „aber in vielen dörflichen Gemeinden haben die Bestände in den letzten Jahren abgenommen“.

Zuerst sind jetzt die überwiegend in Ställen brütenden Rauchschwalben (Hirundo rustica) aus den Winterquartieren in Afrika zurückgekehrt. Ihr Bestand in Rheinland-Pfalz wird auf bis zu 37 000 Brutpaarstandorte geschätzt. Häufiger ist die Mehlschwalbe (Delichon urbicum) mit bis zu 62 000 Revieren. Sie brütet gerne an den Außenwänden von Gebäuden. Viel seltener ist die Uferschwalbe (Riparia riparia) mit bis zu 2000 Revieren. Sie ist an den Abbruchkanten von Gewässern zuhause und dort ebenfalls auf besonderen Schutz angewiesen.

(dpa)
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