Viele Filialen betroffen Geldautomat in Zweibrücken gesprengt – Sparkasse räumt Bargeld aus ihren Automaten (Mit Fotos)

Update | Zweibrücken · Nach der Explosion im Stadtteil Bubenhausen passte ein Zeuge auf Tausende herumliegende Euro auf, bis die Polizei übernahm. Sie hat erste Erkenntnisse zu den Fluchtautos. Auch die VR-Bank reagiert auf die Welle von Geldautomaten-Sprengungen in der Region.

Geldautomat der Sparkasse in Zweibrücken-Bubenhausen gesprengt​
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Geldautomat in Zweibrücken-Bubenhausen gesprengt

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Foto: Markus Klein

Nur elf Tage nach der Explosion in Hornbach ist erneut ein Geldautomat der Sparkasse Südwestpfalz gesprengt worden – diesmal in Zweibrücken-Bubenhausen. Dort hat Mittwochnacht gegen 3.45 Uhr eine laute Explosion viele Bewohner des Stadtteils aufgeschreckt.

Die Selbstbedienungs-Geschäftsstelle (SB-Filiale) der Sparkasse im Gebäude des Netto-Markts in der Friedrich-Ebert-Straße 10 wurde durch die Sprengung massiv verwüstet. Das Gelände wurde bis zum späten Vormittag weiträumig für die Ermittlungs- und Entschärfungsarbeiten abgeriegelt.

Ein Sprengsatz an Zweibrücker Geldautomat explodierte nicht – Hoher Sachschaden entstanden

Von den zwei Sprengsätzen, die zwei Geldautomaten zerstören sollten, ist einer nicht explodiert. Den mussten Spezialisten des Landeskriminalamtes erst einmal entschärfen. Auch, ob das Gebäude noch standsicher ist, musste geklärt werden (ist es).

Über die Höhe der Beute ist noch nichts bekannt. Klar ist aber, dass die Räuber Beute gemacht haben – und der angerichtete Sachschaden wie in Hornbach Zehntausende Euro betragen dürfte.

Täter flüchten laut Polizei in mehreren Fahrzeugen – nach welchen Autos die Beamten jetzt suchen

Die Polizei geht aktuell davon aus, dass die Täter in drei Autos flüchteten. Die Polizei bittet um Hinweise: Wem sind drei dunkelfarbene Autos aufgefallen? Die Beamten fahnden laut ihrer Pressemitteilung vom Mittwochvormittag nach einem Audi A6 mit belgischem Kennzeichen. Vermutlich sei an dem Wagen ein Reifen geplatzt. Bei dem zweiten Pkw handelt es sich um einen schwarzen BMW mit Münchner Kennzeichen. Das dritte Fahrzeug war ein VW Golf. Die Polizei geht aktuell von mindestens drei Tätern aus. Sie seien laut Zeugenangaben von sportlicher Statur, dunkel gekleidet gewesen und etwa 1,75 Meter groß.

Der Netto-Markt bleibt vorerst geschlossen, sagte ein Polizeisprecher am Morgen auf Anfrage unserer Zeitung. Am Nachmittag war Netto aber wieder geöffnet.

Ohrenzeuge berichtet von „dumpfe Explosion“ – Polizei jagt Verbrechern hinterher

Zu den Ohrenzeugen der Explosion gehört Markus Klein. Er wohnt gegenüber – und bekam die Tat dadurch live mit. Sogar schon kurz vor der Sprengung: Klein hörte nämlich einen Alarm. „Erst dachte ich, das wäre eine Alarmanlage von einem Auto und habe aus dem Fenster geschaut – und eine sehr laute, aber dumpfe Explosion gehört. Die war auch körperlich fühlbar, obwohl das Fenster geschlossen war.“

 Der völlig verwüstete Automatenraum der SB-Geschäftsstelle der Sparkasse Südwestpfalz im Zweibrücker Stadtteil Bubenhausen. Ein Anwohner hörte die Explosion – und machte danach diese Foto und bewachte die nicht nur im Automatenraum, sondern auch auf dem Parklatz herumliegenden Geldscheine, bis die Polizei übernahm.

Der völlig verwüstete Automatenraum der SB-Geschäftsstelle der Sparkasse Südwestpfalz im Zweibrücker Stadtteil Bubenhausen. Ein Anwohner hörte die Explosion – und machte danach diese Foto und bewachte die nicht nur im Automatenraum, sondern auch auf dem Parklatz herumliegenden Geldscheine, bis die Polizei übernahm.

Foto: Markus Klein

Klein ging nach draußen, um zu sehen, was los ist, und rief die Polizei an. „Die ist dann gleich den Verbrechern hinterhergejagt.“ Unzählige Geldscheine – Klein schätzt „Tausende Euro“ – lagen im Geldautomatenraum und auch auf dem Parkplatz. „Ich war noch einige Minuten da und habe auf das Geld aufgepasst, bis die nächsten Polizisten eintrafen“, berichtete Klein in einem Telefonat mit unserer Zeitung.

Geldhaufen lag auf dem Parkplatz – Polizei sperrt weiten Umkreis zum Tatort ab

Was den Zeugen wunderte: „Auf dem Parkplatz hat fast das ganze Geld auf einem Haufen gelegen“. Da es trotz der heftigen Explosion auf dem Parkplatz nicht weit verstreut war, halte er für möglich, dass die Täter es auf der Flucht verloren haben könnten.

Er selbst habe die Täter nicht gesehen, aber ein Nachbar habe das Auto wegfahren sehen.

Der Tatort sei von der Polizei für die Ermittlungsarbeiten großräumig ab dem Bubenhauser Kreisel gesperrt worden, so Klein, er durfte deshalb zunächst nicht in seine Wohnung zurück. (Es sei aber zu keinen systematischen Evakuierungen gekommen, erklärte das Polizeipräsidium Westpfalz am Nachmittag auf Nachfrage unserer Zeitung – es könne aber sein, dass vereinzelt Leute nicht über die Absperrungen gelassen worden seien.)

Ohrenzeuge löscht eigenen Facebook-Post zur Tat wieder – weiterer Zeuge sieht Täter flüchten

Auf Facebook postete Klein kurz nach der Explosion einen Beitrag mit seinen Erlebnissen und Fotos vom Tatort, den er auf Bitte der Polizei einige Stunden später zunächst löschte. Später erklärte die Polizei auf Merkur-Anfrage, es gebe keine Bedenken (mehr) gegen eine Veröffentlichung, weshalb Klein die Bilder auch auf unserer Zeitung zur Verfügung stellte (siehe Foto auf dieser Seite und in einer Bildergalerie unserer Zeitung).

Ein weiterer Anwohner teilte unserer Zeitung mit, er habe in der Nacht die Explosion gehört und ein schwarzes sowie ein weiteres Auto über den Etzelweg flüchten sehen. Auch dieser Zeuge rief die Polizei, die schon drei Minuten später da gewesen sei. 30 Sekunden vorher seien die Bankräuber geflüchtet.

Mögliche Fluchtroute ins Saarland oder nach Frankreich – Polizei: keine Verfolgungsjagd

Vom Etzelweg fortgesetzt worden sein könnte die Flucht möglicherweise Richtung Zweibrücken-Mittelbach: Ein weiterer Zeuge schrieb auf Facebook, er habe zwei von der Polizei verfolgte Autos mit geschätzt 140 km/h durch die Ortsdurchfahrt in Fahrtrichtung Saarland/Frankreich rasen sehen.

Polizeipräsidiums-Pressesprecher Bernhard Christian Erfort allerdings betonte am Nachmittag auf Merkur-Nachfrage: „Wir hatten keine Verfolgungsfahrt! Dazu ist nichts in den Protokollen vermerkt und ich habe auch in Zweibrücken nachgefragt.“ Die Fluchtfahrzeuge seien schon weg gewesen, als die Polizei kurz nach den Alarmierungen am Tatort eintraf. Natürlich sei möglich, dass Beamte versucht hätten, ein Tatauto zufinden – aber es sei keine direkte Verfolgung möglich gewesen.

 Nach der Sprengung des Geldautomaten neben dem Netto-Markt sperrte die Polizei das Gelände bis in den Vormittag hinein weiträumig ab.

Nach der Sprengung des Geldautomaten neben dem Netto-Markt sperrte die Polizei das Gelände bis in den Vormittag hinein weiträumig ab.

Foto: Elisabeth Heil

Feuerwehr sichert Tatort ab – Nachbargebäude offenbar unbeschädigt

Von der Stadt Zweibrücken war „die Feuerwehr zur Sicherstellung des Brandschutzes und für weitere Sicherungsmaßnahmen in der Friedrich-Ebert-Straße vor Ort“, teilte Stadtsprecher Jens John auf Merkur-Anfrage mit. Nach Kenntnissen der Stadt seien benachbarte Gebäude nicht in Mitleidenschaft gezogen worden und weiter bewohnbar.

Was sagt die Stadt generell zu dem Überfall auf den Geldautomaten? Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) mailte auf diese Frage: „Mich machen diese Sprengungen wütend. Durch diese werden Menschen, die im Umfeld wohnen oder sich einfach nur zur falschen Zeit dort aufhalten, wissentlich und mutwillig in Gefahr gebracht. Ich bin erleichtert, dass es keine Personenschäden gegeben hat und es bei Sachschäden geblieben ist. Ich hoffe, dass die Polizei hier schnell einen Ermittlungserfolg erzielen kann und die Täter dingfest gemacht werden können.“

Städtische Einrichtung war noch bis Dezember in direkter Nachbarschaft untergebracht

Wosnitza erklärte weiter: „Ich bin zudem geschockt, denn noch bis Dezember letzten Jahres war das Quartiersbüro des ‚Sozialen Zusammenhalts entlang des Hornbachs/ Breitwiesen‘ dort direkt angrenzend zu dem gesprengten Geldautomaten untergebracht. Die für das Quartier so wichtige Einrichtung wäre zerstört worden. Zum Glück ist der Umzug in den neuen Quartierstreff an der Breitwiesenschule bereits vollständig erfolgt.“ (Hintergrund: Ab Mai 2017 war das Quartiersbüro in der Friedrich-Ebert-Straße 10 untergebracht. Mit dem Neubau des Quartierstreffs an der Breitwiesenschule wurde nach Fertigstellung das Quartiersbüro zwischen November und Dezember 2017 vollständig dorthin überführt.)

Sparkasse schweigt zur Höhe der Beute – Weitere Sicherheitsvorkehrungen angekündigt

Die Sparkasse Südwestpfalz wollte auf Anfrage nicht verraten, wie viel Geld erbeutet wurde und wie viele von den herumliegenden Scheinen gerettet werden konnten. Bereits im Fall Hornbach hatten Polizei und Sparkasse aus taktischen Gründen keine Angaben zu der erbeuteten Geldsumme gemacht. Es sei „derzeit nicht absehbar“, wann die gesprengten SB-Geschäftsstellen in Hornbach und Zweibrücken-Bubenhausen wieder in Betrieb genommen werden können, schreibt die Sparkasse.

Das Institut hatte infolge der deutschlandweiten Welle von Geldautomaten-Sprengungen bereits einige Wochen vor der Sprengung in Hornbach alle Automatenräume nachts abgeschlossen, um Täter abzuschrecken. Nach der Hornbacher Sprengung kündigte die Sparkasse weitere Sicherheitsmaßnahmen an. Bereits geplant gewesen sei der Einbau von Vorrichtungen zum Färben geklauter Geldscheine – dies habe sich aber durch Lieferprobleme verzögert. Bis zur Umsetzung der weiteren Maßnahmen hatte die Sparkasse nach dem Überfall in Hornbach aus drei nach ihrer Einschätzung besonders gefährdeten Standorten sogar sämtliches Geld aus den Automaten entfernt (Rieschweiler-Mühlbach, Heltersberg, Trulben) und dies auch mit dem Schutz benachbarter Anwohner begründet. Ergreift/prüft die Sparkasse Südwestpfalz nach der neuerlichen Sprengung zu den bisherigen nun noch weitere Maßnahmen? „Ja“, kündigte Pressesprecherin Iris Steuer am Vormittag an, dass hierzu eine Pressemitteilung geplant sei.

Sparkasse stellt Bargeldversorgung in 20 SB-Filialen vorerst ein

Die kam dann am Nachmittag – mit drastischen Maßnahmen: Die Sparkasse Südwestpfalz stellt in ihren 20 SB-Filialen ab sofort bis auf Weiteres gar kein Bargeld mehr zur Verfügung – bis auf eine Ausnahme, die Marienstraße in Pirmasens, weil dort die Polizei ganz in der Nähe ist, erläuterte Steuer auf Nachfrage.

„Die erneute Sprengung eines Geldautomaten zwingt die Sparkasse dazu, weitere Veränderungen vorzunehmen“, beginnt die Pressemitteilung. Der Vorstand erläutert: „Unsere bisherigen Sicherheitsmaßnahmen haben die Täter leider nicht vor einer weiteren Sprengung abgehalten. Wir sind daher in der Pflicht insbesondere was den Schutz der Anwohner und unserer Kunden angeht, kurzfristig weitere Maßnahmen zu ergreifen. Vor diesem Hintergrund wird die Sparkasse ab sofort die Bargeldbereitstellung an all ihren SB-Stellen bis auf Weiteres komplett einstellen. Sobald wir die Umsetzung weiterer Sicherheitsmaßnahmen gewährleisten können, sind auch wieder Bargeldein- und -auszahlungen in den SB-Stellen möglich. Die Selbstbedienungsterminals für Überweisungen, Kontoauszüge und sonstige Vorgänge stehen auch weiterhin zur Verfügung.“

Bargeld nur noch „während der Servicezeiten“ – auch Filialen mit Personal betroffen

In acht der zehn personenbesetzten Geschäftsstellen der Sparkasse Südwestpfalz (darunter Contwig) werden die Geldautomaten zunächst nur noch „während der Servicezeiten (Mo, Di, Mi, Fr von 9 bis 12.30 Uhr und Do von 13.30 bis 18 Uhr) mit Bargeld bestückt“. Ausnahmen bilden die Geschäftsstellen in Pirmasens Bahnhofstraße sowie die Geschäftsstelle Schlossplatz in Zweibrücken: „Hier sind die Automaten täglich von 6 bis 23 Uhr zugänglich und damit sowohl Ein- als auch Auszahlungen möglich. Diese Stellen werden mit verstärkter Polizeipräsenz überwacht.“ Auch die Marienstraße sei von 6 bis 23 Uhr geöffnet. Für die Zweibrücker Schlossplatz-Geldautomaten bedeutet dies sogar eine Verlängerung der Nutzbarkeit: Seit Juni 2022 war der Automatenraum infolge von Vandalismus-Fällen schon ab 18.30 Uhr geschlossen. „Wir müssen unseren Kunden ja entgegenkommen, wenn so viele andere Automaten geschlossen sind“, erklärte Steuer die Verlängerungsentscheidung.

Die Sparkasse bittet darum, auch alternative Möglichkeiten zu nutzen und sich zum Beispiel beim Einkaufen im Supermarkt mit Bargeld zu versorgen. Sie bittet zudem „um Verständnis für diese Maßnahmen, die dem Schutz aller dient“.

Fünf Verdächtige am Dienstag in den Niederlanden verhaftet

Erst am Dienstagmorgen hatte es einen Schlag gegen organisierte Automatensprenger gegeben (wir berichteten). Dabei nahmen nach internationalen Fahndungen Ermittler fünf mutmaßliche Täter in den Niederlanden fest. Auf die Kappe der Beschuldigten sollen auch zwei Anschläge gehen, die 2021 in Homburg verübt worden waren. Dabei gingen die Sprenger allerdings leer aus, was die Beute betrifft, meldet ein Sprecher der Saar-Polizei. Laut gemeinsamer Pressemitteilung von BKA (Bundeskriminalamt) und „der Zentral- und Ansprechstelle für die Verfolgung Organisierter Straftaten in Nordrhein-Westfalen“ (ZeOS) werde wegen Sprengungen in den Jahren 2021 und 2022 ermittelt, Tatorte in Rheinland-Pfalz seien Trier, Dierdorf und Montabaur gewesen.

Bedeutung der Verhaftungen für die Fälle in Zweibrücken und Umgebung

Bedeutet dies, dass es bereits Erkenntnisse gibt, dass die Festgenommenen für Geldautomaten-Sprengungen danach nicht in Betracht kommen – oder wird in dieser Hinsicht noch ermittelt? Das Polizeipräsidium verwies hierfür auf Anfrage unserer Zeitung an BKA und ZeOS. Staatsanwalt Julius Sterzel von der ZeOS in Düsseldorf antwortete: „Nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen können wir der Gruppierung nur die in der Pressemitteilung aufgeführten Sprengungen nachweisen – ob sich im Nachgang, beispielsweise im Rahmen der Auswertung von Mobiltelefonen etc., weitere Erkenntnisse zu Sprengungen ergeben, kann ich Ihnen leider noch nicht sagen.“ Fest steht: Für die Zweibrücker Tat können die Festgenommenen nicht verantwortlich sein, da sie derzeit hinter Gitter sind.

Bei der Hornbacher Sprengung am 13. Mai hatten unbekannte Täter mit einem ähnlich explosiven Vorgehen wie nun in Bubenhausen einen Geldautomaten gesprengt und waren nach Zeugenaussagen in Richtung Frankreich geflüchtet.

Hinweise auf verdächtige Beobachtungen zu der Sprengung in Bubenhausen erbittet die Polizei in Zweibrücken unter der Durchwahl Tel. (0 63 32) 97 62 30.

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