Gefangene erleben Fußball-Stars hautnah

Zweibrücken. Der eine hat mitgeholfen, das Wunder von Bern 1954 möglich und Fußball als des Deutschen wichtigste Nebensache erst salonfähig zu machen. Der andere hat 1996 Deutschland mit zum EM-Titel geschossen und seit 2008 durch seine Präsenz als Vorstandsvorsitzender seinen 1

Zweibrücken. Der eine hat mitgeholfen, das Wunder von Bern 1954 möglich und Fußball als des Deutschen wichtigste Nebensache erst salonfähig zu machen. Der andere hat 1996 Deutschland mit zum EM-Titel geschossen und seit 2008 durch seine Präsenz als Vorstandsvorsitzender seinen 1. FC Kaiserslautern vom Fast-Zweitliga-Abstieg bis zum Sieg über Bayern München in Liga eins geführt: Horst Eckel und Stefan Kuntz, zwei sympathische, bodenständige FCK-Legenden. Beide hat die Sepp-Herberger-Stiftung nun für ihre Sache gewonnen: Sie sind die regionalen Botschafter des Projekts "Anstoß für ein neues Leben" (siehe Infobox). In dieser Funktion besichtigten sie gestern den Zweibrücker Knast, beantworteten den Insassen Fragen und gaben Autogramme. "Es gibt nichts Schlimmeres als Gefängnisinsassen, die nichts zu tun haben. Sie kommen auf viele schlechte Ideen", erklärte JVA-Leiter Albrecht Stürmer. Sport wird daher im Zweibrücker Gefängnis groß geschrieben, vor allem Fußball. In einer Knastliga treten die Gefangenen in acht bis zehn Teams gegeneinander an, Torwart, fünf Feldspieler und Ersatz. Populären Kickern wie Kuntz und Eckel in der JVA zu begegnen, ist vor allem für sie eine besondere Sache. Das wissen Eckel, der bereits zum dritten Mal den Zweibrücker Knast besucht und auch Ex-Polizist Kuntz. Berührungsängste zeigen beide weder beim gemeinsamen Gruppenbild mit den Knastliga-Akteuren noch bei der Fragerunde danach. Da steht Kuntz von der Bank der JVA-Turnhalle auf, geht auf die Insassen zu, hält einen imposanten Vortrag über sein Karriereende, Besuche auf dem Arbeitsamt, der Leere nach dem Ausstieg aus dem schnelllebigen Fußballgeschäft. Seine Botschaft: Kopf hoch, weiter machen, an sich selbst glauben. Eine Motivationsspritze für Menschen hinter Gittern. Eckel plaudert über seine ersten Profijahre ("Wir haben nur zweimal die Woche trainiert") oder Weltmeisterprämien ("Mit 2000 Mark war ich 1954 einer der Großverdiener"). Schließlich packen die beiden Lauterer noch Bälle und Trikots aus, Kuntz verspricht wiederzukommen: "Mit der AH könnten wir hier mal antreten und unser Bundesligatrainer Marco Kurz eine Trainingseinheit leiten". Weitere Ereignisse, auf die es sich hinter den JVA-Mauern hinzuarbeiten lohnt. "Es stand so schlimm um den FCK, dass sie einen Saarländer mit mittlerer Reife geholt haben." Stefan Kuntz über seinen Einstieg als FCK-Vorstandsvor-sitzender

StichwortBeim Projekt "Anstoß für ein neues Leben" bilden Justizvollzugsanstalten Teams aus 15 Jugendlichen, die sich sportlich messen. Nach der Haftzeit versucht die Sepp-Herberger-Stiftung mit Hilfe der Landesverbände des Deutschen Fußball-Bundes die Jugendlichen in Sportvereinen unterzubringen, dazu Praktika, Ausbildungsplätze oder Jobs zu vermitteln. Der Patenverein für das Zweibrücker Gefängnis sind die Roten Teufel vom Kaiserslauterer Betzenberg. ek

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