Zu groß gewordene Selbstversorger-Grundstücke anders nutzbar machen? Stadt Zweibrücken will Galgenbergsiedlung aufwerten

Zweibrücken · Der Bebauungsplan für Hollerweg und Buchenweg stammt noch aus Zeiten, als die Bewohner viel Platz brauchten, um sich mit Gemüse und Nutztieren selbst zu versorgen. Das Bauamt will den Plan an heutige Bedürfnisse anpassen. Studenten haben bereits einen Vorschlag gemacht.

Die Grundstücke zwischen Hollerweg und Buchenweg (vorn im Bild) sind ziemlich groß, weil sie früher intensiv zur Essens-Selbstversorgung genutzt wurden.

Die Grundstücke zwischen Hollerweg und Buchenweg (vorn im Bild) sind ziemlich groß, weil sie früher intensiv zur Essens-Selbstversorgung genutzt wurden.

Foto: Lutz Fröhlich

Die Suche nach attraktiven Einfamilienhäusern in Zweibrücken ist seit einiger Zeit schwierig. Abhilfe sollt das Ende 2017 eingeführte Baulücken-Kataster schaffen – doch das brachte weit weniger als erhofft, weil viele Grundstückseigentümer nicht verkaufsbereit sind. Deshalb setzt die Stadt ergänzend auch wieder auf Neubaugebiete am Stadtrand. Das Interesse daran ist groß: Auf der Warteliste für das „Wohnen am Kirchberg“ stehen mit rund 150 Interessenten drei Mal so viele wie es Grundstücke geben wird. Doch wegen der Naturzerstörung haben über 1000 Bürger gegen das Neubaugebiet unterschrieben, und Nachbarn drohen mit Klagen, wenn der Bebauungsplan fertig ist.

Gleichzeitig ist immer mehr vorhandener Wohnraum untergenutzt: Einfamilienhäuser, die früher von Familien mit Kindern bewohnt wurden, werden heute oft nur noch von ein oder zwei Senioren bewohnt, künftig könnten vermehrt Leerstände drohen.

Erfreut informierte deshalb ein Bürger den Merkur, dass die Stadt auch für ein solches „altes“ Wohngebiet neue Pläne hege: den Bereich zwischen Hollerweg und Buchenweg. Studenten hätten neue Konzepte hierfür entwickelt, nun wolle die Stadtverwaltung den schon seit 58 Jahren geltenden Bebauungsplan „ZW 040 Galgenbergsiedlung“ ändern.

In der Galgenbergsiedlung stünden viele kleine (später teils erweiterte) Einfamilienhäuser auf für heutige Verhältnisse eigentlich zu großen Grundstücken, teils etwa 1100 Quadratmeter, so der Merkur-Informant. Die „Siedlungshäuschen“ hätten damals deshalb große Grundstücke bekommen, damit die Bewohner Selbstversorgung machen können. Viele Bewohner seien schon über 80, einzelne Häuser stünden schon leer. Es sei gut, wenn die Stadt hier aktiv werde, denn „das Gebiet ist schon erschlossen, hat eine super Wohnlage, ist gut verkehrsmäßig angebunden und man ist schnell in der Stadt“.

Der Hollerweg ist eine der schmalsten Straßen Zweibrückens. An vielen, aber nicht allen der Häuser ist im Laufe der Jahrzehnte einiges geändert worden.

Der Hollerweg ist eine der schmalsten Straßen Zweibrückens. An vielen, aber nicht allen der Häuser ist im Laufe der Jahrzehnte einiges geändert worden.

Foto: Lutz Fröhlich

Der 1962 aufgestellte und 1964 vom Stadtrat beschlossene Bebauungsplan sieht auf der 9,76 Hektar großen Fläche „Siedlungshäuser“ als Doppelhäuser vor. Auch Nebengebäude sind erlaubt, wohl für Geräte für den Selbstversorgungsanbau.

Die Stadtverwaltung bestätigt auf Merkur-Anfrage, dass man an einen neuen Bebauungsplan denke. Der allerdings wird wohl länger auf sich warten lassen als zunächst gedacht. Denn nicht nur Projekte wie das „Wohnen am Kirchberg“ oder der Bebauungsplan für die ehemalige Parkbrauerei binden Kräfte im Bauamt – hinzu kommen unvorhergesehene zeitraubene Aufgaben wie die Probleme beim Kita-Neubau oder bei der Schwarzbach-Spundwand. Und aktuell macht dem Bauamt auch noch Personalmangel zu schaffen (siehe Info-Box). Stadtsprecher Jens John schreibt deshalb: „Das Bebauungsplanverfahren Galgenberg wurde vorerst zurückgestellt, da hier keine Eile geboten ist. Sobald sich die Personallage im Bauamt wieder entspannt, wird auch dieser B-Plan wieder verfolgt werden.“

Stadtplaner Harald Ehrmann bestätigt, dass das Selbstversorgungs-Konzept, auf dem der sechs Jahrzehnte alte Bebauungsplan basierte, „ein bisschen in die Jahre gekommen ist“. Damals seien die großen Gärten wichtig gewesen, um Kartoffeln und anderes Gemüse anzubauen, teils auch Nutztiere wie Hühner oder Schweine zu halten. Heutzutage werde so viel Platz oft nicht mehr benötigt.

Deshalb gebe es im Bauamt schon länger Überlegungen, den Bebauungsplan für die Galgenbergsiedlung für heutige Bedürfnisse passender zu gestalten. Man habe deshalb die guten Verbindungen zur Technischen Universität Kaiserslautern genutzt, um Studierende im Rahmen einer Studienarbeit Vorschläge erarbeiten zu lassen, bei denen ein Ziel auch war, „ohne Verwaltungszwänge frei nachzudenken“.

Die Ergebnisse seien der Stadt Ende 2021 präsentiert worden. Die Idee der jungen Leute aus dem Studiengang „Raum- und Umweltplanung“ fasst Ehrmann so zusammen: „Nachverdichtung in der zweiten Reihe“. Das heißt: Auf einem Teil der großen Gärten zwischen Hollerweg und Buchenweg könnten ein paar neue Häuser entstehen.

Noch gibt es kaum Leerstände im Bebauungsplan-Gebiet „Galgenbergsiedlung“ (Hollerweg und Buchenweg). Damit sich das nicht ändert, überlegt die Stadt, wie man den B-Plan zeitgemäßer gestalten könnte.

Noch gibt es kaum Leerstände im Bebauungsplan-Gebiet „Galgenbergsiedlung“ (Hollerweg und Buchenweg). Damit sich das nicht ändert, überlegt die Stadt, wie man den B-Plan zeitgemäßer gestalten könnte.

Foto: Lutz Fröhlich

Ob diese Idee weiterverfolgt werde, sei aber noch offen, betont Ehrmann. Zumal es noch nicht mal einen Zeitplan gebe, das Thema in die entscheidenden Gremien (Bauausschuss und Stadtrat) zu bringen. Den Vorteilen – neuer Wohnraum und für alle Gärten in zeitgemäßerer kleinerer Größe – stünden auch Nachteile entgegen, erläutert Ehrmann. Denn Bauen in der zweiten Reihe brächte mehr Verkehr und würde den Charakter des Wohngebiets „total verändern“. Und auf dem außergewöhnlich schmalen Hollerweg seien ja nicht nur Autos, sondern auch Kinder, Radler und Fußgänger unterwegs.

Eine ganz wichtige Frage, sollten solche Veränderungen angestrebt werden, sei deshalb natürlich: „Wie nehme ich die Bewohner mit, denn das Gebiet ist ja bebaut. Da würden wir nicht einfach in ein Bebauungsplanverfahren gehen und sagen: Äußern Sie sich“, betont Ehrmann.

Leerstände gebe es in der Galgenbergsiedlung noch „relativ wenig“, so Ehrmann. Es gebe auch „keinen Grading-down-Charakter“, das heißt die Siedlung sei im Laufe der Jahre nicht schlechter geworden: „Das ist ein beliebtes Wohngebiet.“ Angesichts der Altersstruktur („dort wohnen noch viele Erstbezieher“) sei aber absehbar, dass einige Häuser in den nächsten Jahrzehnten in neue Hände geraten werden, zum Beispiel Enkel.

Aber auch falls man nicht Bauen in zweiter Reihe erlaube – Änderungsbedarf sieht Ehrmann für den Bebauungsplan auch aus anderen Gründen. Den Bebauungspläne hätten „kein Verfallsdatum“, und stünden zeitgemäßen Anforderungen heutiger und künftiger Bewohner deshalb manchmal im Weg. In dem Gebiet in der „Hanglage mit einer tollen Sichtachse auf die Stadt und viel Grün“ gebe es „neue Wohnwünsche von Grundstückseigentümern“, die mit dem alten Plan nicht zu verwirklichen seien – auch wenn früher teils sehr großzügig Genehmigungen für An- und Umbauten erteilt worden seien.

Der Blick vom Hollerweg hoch zum Buchenweg zeigt, dass es zwischen den Häusern große Grünflächen gibt.

Der Blick vom Hollerweg hoch zum Buchenweg zeigt, dass es zwischen den Häusern große Grünflächen gibt.

Foto: Lutz Fröhlich

Ehrmann bestätigt, dass es auch schon einen Rechtsstreit gab, der bis vor Gericht führte: Vorletztes Jahr hätten zwei Nachbarn „unterschiedliche Auffassungen gehabt, was dort gebaut werden durfte“. Die Genehmigung durch die Stadt habe das Verwaltungsgericht Neustadt als nicht vereinbar mit dem Bebauungsplan gesehen und einen Einigungsvorschlag unterbreitet.

Statt Bauen in der zweiten Reihe könnte sich Ehrmann vorstellen, eventuell auch Aufstockungen um ein Geschoss oder größere Bautiefen zu erlauben. Der Stadtplaner betont aber, dass es noch in keiner Richtung konkrete Pläne geben.

Die Studenten hätten zwar auch vor Ort umgeschaut – aber nicht mit Anwohnern gesprochen, „weil wir keine Unruhe in das Gebiet bringen wollten“, berichtet Ehrmann. Wenn sich Anwohner mit Veränderungswünschen bei der Stadt meldeten, „gehen wir aber natürlich offen damit um und sagen, dass wir drüber nachdenken“.

Dass Vorschläge von Studierenden wichtige Anstöße zur Stadtentwicklung geben könne, zeige das Beispiel „Stadt am Wasser“, erinnert Ehrmann: Ein Projekt der Hochschule Kaiserslautern hatte 2014 Zweibrücken empfohlen, in der Innenstadt die Ressourcen Wasser und Grün besser zu nutzen. Aus der spektakulärsten konkreten Idee, die Rennwiese zu fluten, wurde zwar nichts – aber sowohl die Treppe vom Herzogplatz zum Schwarzbach als auch der Wasserspielplatz am Kleinen Exe „sind bombig eingeschlagen“, freut sich Ehrmann.

Online einsehbar sind alle geltenden Bebauungspläne der Stadt Zweibrücken im „Geoinfoportal“:
www.zweibruecken.de/de/verwaltung/aemter/stadtbauamt/stadtplanung/bebauungs-und-flaechennutzungsplaene/rechtskraeftige-bebauungsplaene/

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