Polizei blitzt in Zweibrücken vor allem an der Autobahn Neuer Bußgeldkatalog trifft Temposünder hart
Zweibrücken · Allein nach fünf Radarkontrollen an A 8 in Zweibrücken erwartet über 100 Bürger ein Fahrverbot, die zuvor nur Bußgeld gezahlt hätten.
Auf den Straßen Zweibrückens wird es demnächst leerer. Denn infolge der Verschärfung des Bußgeldkatalogs zum 28. April müssen deutlich mehr Bürger als früher für einige Zeit ihren Führerschein abgeben. Das hat eine Radarkontrollen-Auswertung der Polizei auf Merkur-Anfrage ergeben.
Die Verschärfung ist eine der umstrittensten Verkehrsreformen der vergangenen Jahrzehnte in Deutschland. Während Befürworter deutlich weniger Unfall-Verletzte und -Tote erwarten, weil die strengeren Regeln viel spürbarere Strafen für Raser vorsehen, kritisieren Gegner, dass vor allem Vielfahrer wie Pendler nun ein (zu) hohes Risiko haben, einen Monat Fahrverbot zu kassieren, nur weil sie mal ein Schild übersehen haben. Gerade in ländlichen Regionen, wo man ohne Auto oft schwer zur Arbeit kommt, sei das unverhältnismäßig – und ein „Erziehungseffekt“ ließe sich auch durch höhere Geldbußen erzielen, die im europaweiten Vergleich in Deutschland weiter sehr niedrig sind.
Seit 28. April wird schon dann ein einmonatiges Fahrverbot verhängt, wenn man innerorts 21 km/h zu schnell gefahren ist – bislang lag diese Grenze bei 31 km/h (beziehungsweise bei zwei Verstößen ab 26 km/h innerhalb von zwölf Monaten).
Außerorts ist man neuerdings seinen Führerschein für einen Monat los, wenn man mit 26 km/h zu viel erwischt wurde. Bislang lag diese Grenze bei 41 km/h (beziehungsweise bei zwei Verstößen ab 26 km/h innerhalb von zwölf Monaten).
Das Polizeipräsidium Westpfalz hat für den Merkur die Radarkontrollen in Zweibrücken vom 28. April bis 1. Juni ausgewertet.
An fünf verschiedenen Kontrollstellen an der A 8 waren von insgesamt 84 500 Fahrzeugen 2956 schneller als die dort erlaubten 80 oder 100 km/h. Davon waren 100 Fahrer so schnell, dass sie nach neuem Recht ein Fahrverbot erwartet – vor der Änderung wären sie mit einem Punkt in Flensburg und einem Bußgeld davongekommen. (Laut Polizei können zu den 100 noch einige Fahrer dazukommen, weil die letzte Messung erst teilweise ausgewertet war.) Die höchste gemessene Geschwindigkeit betrug 155 km/h in einem 80er-Bereich – bei einem solchen Verstoß gibt es wie früher drei Monate Fahrverbot.
Außerorts wurde in der Gemarkung Zweibrücken seit 28. April nur an der L 480 zwischen Stadtgebiet und Outlet-Center geblitzt. Dort waren von den 1770 gemessenen Fahrzeugen 27 schneller als die erlaubten 70 km/h. Davon droht einem Fahrer ein Fahrverbot, der nach altem Recht noch mit einem blauen Auge davongekommen wäre.
Innerorts wurde in Zweibrücken im gleichen Zeitraum ebenfalls nur an einer Kontrollstelle geblitzt: In der Landauer Straße (Höhe Freibad) waren von 1659 Kfz-Fahrern 160 zu schnell, davon erwartet vier ein Fahrverbot, die nach altem Recht ihren Führerschein hätten behalten dürfen. Erlaubt ist dort Tempo 50.
An der mitten durch Zweibrücken führenden Autobahn wird – wie Einheimische wissen –schon lange Zeit ziemlich oft geblitzt. Welche Gründe hat dieser Kontrollschwerpunkt? Zu dieser Frage erläutert Michael Hummel, Leiter der Pressestelle des Polizeipräsidiums Westpfalz: „Auf diesem Streckenabschnitt in Fahrtrichtung Saarbrücken gibt es immer wieder schwere Verkehrsunfälle. Weiterhin ist nach der Abfahrt zum Globus-Baumarkt bis über die Landesgrenze zum Saarland kein Standstreifen mehr vorhanden.“ Und Hummel nennt noch einen zusätzlichen, aktuellen Grund: „Durch die Einrichtung einer Dauerbaustelle in Fahrtrichtung Pirmasens ist im Bereich der Anschlussstelle Zweibrücken-Mitte eine Engstelle entstanden. Der Verkehr wird einspurig durch die Baustelle geführt. Vor der Engstelle kommt es vermehrt zu plötzlichen Bremsmanövern und gefährlichen Spurwechseln.“
Haben die häufigen Geschwindigkeitskontrollen an der A 8 in Zweibrücken etwas bewirkt? Ja, antwortet der Polizeisprecher: „Die durchgeführten Geschwindigkeitskontrollen haben eine Verringerung der festgestellten Geschwindigkeitsverstöße zur Folge.“
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hat Mitte Mai angekündigt, sein Ministerium werde den erst kurz vor dem 28. April vom Bundesrat beschlossene neuen Bußgeldkatalog überarbeiten, um den schnelleren Führerscheinentzug rückgängig zu machen. Allerdings müssten danach auch noch Bundestag und Bundesrat zustimmen. In der Übergangszeit können Temposünder in Rheinland-Pfalz nicht mit Milde rechnen: „Wir halten uns an geltendes Recht. Was jetzt gilt, gilt“, erklärt auf Merkur-Anfrage ein Sprecher der Zentralen Bußgeldstelle von Rheinland-Pfalz, die in Speyer mit Dependance in Zweibrücken angesiedelt ist.
Ob es infolge der schnelleren Führerscheinentzüge vermehrt zu Widersprüchen komme, könne die Zentrale Bußgeldstelle noch nicht sagen: „In Absprache mit dem Ministerium werden die Zahlen nur halbjährlich ausgewertet.“
Ist es sinnvoll, Temposünder schneller mit einem einmonatigen Führerschein-Entzug zu bestrafen? Auf diese Merkur-Anfrage antwortet die Fahrlehrerin Nicole Bäumchen, stellvertretende Vorsitzende des Fahrlehrerverbands Pfalz und Vorsitzende dessen Bezirks Zweibrücken, zwiegespalten: „In der Stadt bin ich klar dafür.“ Gerade in 30-er Zonen gehöre empfindlich bestraft, wer mit Tempo 50 oder mehr fahre – schließlich verlängere sich der Bremsweg dadurch derart massiv, dass die Chance, noch stoppen zu können, wenn ein Kind auf die Fahrbahn läuft, deutlich größer ist, wenn man vorschriftsgemäß fährt.
Außerorts dagegen, vor allem auf der Autobahn „treffen die verschärften Regeln Vielfahrer, manche sind ja den ganzen Tag unterwegs, schon sehr hart. Insbesondere wegen der vielen Baustellen mit oft wechselnder Beschilderung könne es schon mal passieren, dass man ein Schild übersehe. Sie kenne sogar einen Fahrlehrer, dem sowas schon passiert sei. Ein Fahrverbot würde Bäumchen da erst „ab einer Geschwindigkeit mit einer 3 vorne“ verhängen.