Fliegen wie die Großen

Zweibrücken · Was in den 1980er Jahren mit ein paar weißen Strichen begann, ist nach vielen Reinkarnationen jetzt zu einer anspruchsvollen Weltraumflug-Simulation mit einigen Macken geworden.

 Grafisch macht „Elite: Dangerous“ einiges her. Foto: Frontier

Grafisch macht „Elite: Dangerous“ einiges her. Foto: Frontier

Foto: Frontier

In der Jugend der Videospiele war es noch einfach, dem Menschlein am Bildschirm den kalten Schweiß auf die Stirn zu treiben: Ein Quadrat, gesäumt von Dreiecken. In der Mitte des Quadrats ein kleines Rechteck, ähnlich dem Einwurfschlitz eines kubistischen Sparschweins. Das Ganze drehte sich langsam im Kreis. Hinter diesen puristischen Ansammlung von geometrischen Figuren verbarg sich der allseits gefürchtete Landeanflug auf eine Raumstation in "Elite", einem 1984 erstmals veröffentlichten Weltraumspiel. Gelang es nicht, das eigene Raumschiff harmonisch mit der Landebucht (dem "Einwurfschlitz") in Drehung zu versetzen und ihn im richtigen Winkel zu durchfliegen, drohten der Zusammenstoß und das Game Over. Selten wurde daher wohl eine Raumschiff-Verbesserung sehnlicher herbeigesehnt als der Landecomputer in "Elite". Der machte das möglich, was für jüngere Spieler schon seit ewigen Zeiten Standard ist: die Landung auf Knopfdruck. Bis zum Erscheinen von Frontiers "Elite: Dangerous", der x-ten Reinkarnation des Klassikers. Denn das lässt die manuellen Starts und Landungen nicht nur wiederaufleben, es zelebriert sie regelrecht.

Immerhin sind die Schleusenöffnungen mittlerweile so groß, dass man mit dem Raumschiff nicht ständig dagegen stößt. Dafür wartet dahinter jedoch noch eine weitere Geschicklichkeitsübung: Die Stationen sind teilweise auch von innen riesig und haben eine Vielzahl von Landebuchten. Die sind durchnummeriert und jeder Pilot sollte bitteschön nur auf der landen, die ihm zugewiesen ist. Sonst gibt es Schelte von der Leitstelle, unter Umständen wird die Landeerlaubnis (ja, die muss vorher händisch eingeholt werden) widerrufen oder sogar das Feuer auf den Rüpel eröffnet.

Der Realismus und Detailreichtum der Lande- und Startsequenz ist symptomatisch für das gesamte Konzept von "Elite: Dangerous". Hier wird nicht ein bisschen mit Maus und Tastatur beziehungsweise Gamepad oder Joystick rumgeschwebt, hier wird simuliert. Und nicht nur im freien Flug. Auch der Rest des Spiels ist wenig amateur-freundlich. Zum Beispiel bietet die Raumstation von Welt auch in "Elite: Dangerous" dem interessierten Raumpiloten einen Landecomputer an. Allerdings frisst er selbst inaktiv so viel Energie, dass dem Startschiff, der legendären Cobra Mark III, schnell die Puste ausgeht.

Das Spiel lässt Hobbypiloten in solchen Fällen eiskalt gegen die Wand laufen. Wie auch in vielen anderen: Einige Grundbegriffe werden in ein paar Tutorials erläutert, den Rest muss man sich selber aneignen. Wer die Warenpreise zwischen dem aktuellen und den vorher besuchten Raumstationen vergleichen will, muss Papier und Stift nehmen, und sich - wie in alten Zeiten - selber Notizen machen. Mag man derlei noch in der Kategorie Nostalgie oder Realismus verbuchen, wird es an anderer Stelle richtig unangenehm: Missionen sind immer wieder mit einem Echtzeit-Limit versehen. Heißt: Selbst, wenn der Computer aus ist, läuft die Zeit. Ärgerlich.

Trotzdem: Für Nostalgiker und Weltraum-Freunde, die keine Angst vor Herausforderungen haben, ist "Elite: Dangerous" einen Versuch wert. Nicht nur, weil es schick aussieht. Sondern weil es dem Spieler die Möglichkeit gibt, sich eine Welt selbst zu erobern, ja zu erarbeiten.

Wertung (Schulnote): 2-

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