Feldbetten statt Flugschalter

Zweibrücken · Frühestens am Freitag sollen die ersten Flüchtlinge in der neuen Erstaufnahme-Einrichtung am Zweibrücker Flughafen ankommen. Bis zu 500 Menschen sollen hier eine Heimat auf Zeit finden.

Angela Merkels "Wir schaffen das" mag in ihrer eigenen Partei verstärkt zu allergischen Reaktionen führen, in Zweibrücken steht man noch dahinter. Zumindest DRK-Kreisgeschäftsführer Mario Sauder, sein Team und der Leiter der Erstaufnahme-Einrichtung am Zweibrücker Flughafen, JVA-Chef Jürgen Buchholz. Sie können es kaum erwarten, dass es endlich losgeht nach den nervenaufreibenden Vorbereitungen.

In wochenlanger Arbeit wurden alle störenden Relikte der Flughafen-Ära wie Kofferbänder und verschraubte Sitzgruppen entfernt, dafür Schutzmatten ausgelegt, Duschcontainer herangekarrt und montiert (derzeit 18, getrennt nach Geschlechtern), Trockner und Waschmaschinen besorgt, Feldbetten über Feldbetten aufgestellt, der künftige Speisesaal mit Bierzeltgarnituren vollgestellt. Und Schilder aufgehängt. Jede Menge Schilder. "Keine Pilze aus dem Wald essen." "Essensreste bitte nicht mitnehmen." "Wenn Sie die Sirene hören, muss jeder das Gebäude verlassen." "Tiere jagen und schlachten verboten." "Man hat uns gesagt, wir sollen das aufstellen", sagt Mario Sauder. "Das ist ein anderer Kulturkreis." Auf den nimmt auch die Küche Rücksicht, für die das DRK ebenfalls verantwortlich ist. Schweinefleisch steht nicht auf der Speisekarte, Alkohol wird beim Kochen nicht verwendet.

19 hauptamtliche DRK'ler sollen sich in den kommenden Monaten um die Einrichtung kümmern, dazu Reinigungs- und Küchenpersonal sowie JVA-Mitarbeiter. Unter den DRK-Mitarbeitern sind laut Sauder unter anderem Erzieher, Krankenschwestern und Sozialarbeiter. Einige haben bereits im Flüchtlingslager Erfahrungen gesammelt, das in den 90er Jahren während des Jugoslawien-Krieges in Zweibrücken betrieben wurde. Auch zwei Arabisch-Dolmetscher gehören zum Team.

An mehreren Tagen in der Woche werden Ärzte jeweils zwei Stunden vor Ort sein. Hinzu kommen zweiköpfige medizinische Teams des Kreisgesundheitsamtes, die sich um die Erstuntersuchung der ankommenden Flüchtlinge kümmern. Nachts sind dann neben den Flüchtlingen nur noch die Mitarbeiter des Wachdienstes auf dem Gelände.
Maximal 500 Flüchtlinge

Die Einrichtung ist derzeit angelegt für maximal 500 Personen. Wenn mehr kommen "was ich mir nicht vorstellen kann - aber ich konnte mir vor ein paar Wochen vieles nicht vorstellen", müsse man "neu planen", sagt Jürgen Buchholz. Klar ist: "Es gibt keinen fertigen Plan B in der Tasche." Die größte Flüchtlingsgruppe dürfte aus Familien bestehen, meint Buchholz. Familien mit Kindern vom Säuglings- bis zum Teenageralter. "Wenn sie diesen Leuten ins Gesicht schauen, sehen sie, dass denen der Schrecken ins Gesicht gemeißelt ist", sagt der Diplom-Psychologe, bisher neben seinem JVA-Job Leiter der Aufnahme-Einrichtung in Speyer. Für Kinder und Erwachsene sind Betreuungs- und Weiterbildungsangebote geplant, von der Kinderbetreuung bis zum Deutschkurs. Auch Beschäftigungsmöglichkeiten im Umfeld wolle man ihnen zeigen. "Es sind ja Gäste. Das heißt, sie dürfen sich frei bewegen", erinnert Sauder. Geplant ist, dass jeder Flüchtling maximal drei Monate in der Einrichtung verbringen muss. Ob das angesichts der aktuellen Flüchtlingszahlen realistisch ist, steht in den Sternen. Generell "hängt der verwaltungsmäßige Teil noch ein bisschen hintendran", bedauert Buchholz. Eigentlich ist derzeit für die Verfahren der Zweibrücker Flüchtlinge die Einrichtung in Kusel zuständig - ob das so bleibt oder eine eigene Stelle in Zweibrücken entsteht, vermag sicher noch keiner zu sagen.

Zwischen Zweibrücken und den ersten Flüchtlingsbussen steht bisher noch das Ergebnis der Wasserproben, die gestern Nachmittag gezogen worden. Die eigentlich für Montag geplante Eröffnung der Einrichtung hatte um mehrere Tage verschoben werden müssen, nachdem im Trinkwasser eine unzulässig hohe Keimbelastung festgestellt worden war (wir berichteten). Die Ergebnisse sollen am Donnerstag vorliegen. Frühestens am Freitag könnten dann die ersten Flüchtlinge kommen, so Einrichtungs-Leiter Jürgen Buchholz. Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier konnte auch gestern eine Merkur-Anfrage vom Montag nicht beantworten. Gefragt hatten wir etwa, wie viel Miete das Land an den Grundstückseigentümer Triwo überweist und ob eine Ausweitung auf 2000 Flüchtlinge (wie berichtet) angedacht oder ausgeschlossen ist. Ein Sprecher sagte, er habe die Fragen an die Fachabteilung weitergeleitet, aber keine Antwort erhalten. Mehr könne er nicht tun. Obwohl die Kollegen im Haus seien, erreiche er sie selbst auch nicht. Sie hätten wegen der Bewältigung des Themas Flüchtlinge keine Kapazitäten. Presseanfragen seien seit vergangenem Freitag unbeantwortet geblieben.

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