Mammut-Drogenprozess Kripobeamter sieht „bandenmäßige Strukturen“

Zweibrücken · Das Landgericht Zweibrücken hat in der vergangenen Woche die vier parallel laufenden Verhandlungen gegen insgesamt elf Männer fortgesetzt, die in der Südwest- und Saarpfalz gemeinsam mit Rauschgift gehandelt haben sollen.

 Der FCK hat eigentlich allen Grund zum Feiern.

Der FCK hat eigentlich allen Grund zum Feiern.

Foto: dpa/Uwe Anspach

 Für manchen eingefleischten Fan ist der 1. FC Kaiserslautern (FCK) so etwas wie eine Droge – berauschend. Jetzt erst recht, da der Fußballverein gerade den Wiederaufstieg in die zweite Bundesliga geschafft hat. Doch vor drei Jahren, als zwei Männer aus dem Saarpfalz-Kreis während eines von der Polizei überwachten Telefongesprächs über das Besorgen von FCK-Tickets sprachen, ging es in Wirklichkeit um den Kauf und die Lieferung von Drogen wie Marihuana oder Amphetamin. Davon jedenfalls war in der vergangenen Woche ein 43-jähriger Hauptkommissar der Kriminaldirektion Kaiserslautern überzeugt, der vor der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken aussagte.

Dort waren die vier, nunmehr seit April 2021 parallel laufenden Prozesse gegen insgesamt elf Männer fortgesetzt worden, denen die Anklage bandenmäßigen Drogenhandel vorwirft. Sie sollen sich Mitte 2018 zusammengeschlossen und bis November 2020 in über 100 Fällen kiloweise Betäubungsmittel im Millionen-Wert umgeschlagen haben. Dabei sollen sie Marihuana, Amphetamin, Kokain und Haschisch bei Lieferanten vor allem im Rhein-Main-Gebiet oder übers Internet erworben und in der Südwest- und Saarpfalz, auch in Pirmasens und Zweibrücken, weiterverkauft haben. Dabei spielte den Ermittlern in die Karten, dass französischen und niederländischen Ermittlern in Zusammenarbeit mit den EU-Behörden Europol und Eurojust im Frühjahr 2020 ein Hackerangriff auf das Encrochat-Netzwerk gelungen war. Dadurch konnten die Handys von Abertausenden mutmaßlichen Kriminellen überwacht werden. Infolge der Entschlüsselung des vom Betreiber als abhörsicher gepriesenen Netzwerks und der Weiterleitung der Daten an deutsche Ermittlungsbehörden wurden Hunderte Tatverdächtige festgenommen und entsprechend viele Verfahren eingeleitet, so auch am Landgericht Zweibrücken (wir berichteten).

Daran, dass die angeklagten Männer in einer „bandenmäßigen Struktur“ aktiv gewesen waren, ließ der 43-jährige Kriminalhauptkommissar während seiner Zeugenaussage keinen Zweifel. Eine schwerwiegende Erkenntnis. Denn demjenigen, der als Bandenmitglied mit Drogen in großen Mengen handelt, droht laut Betäubungsmittelgesetz eine Mindestfreiheitsstrafe von fünf Jahren. „Sie sind arbeitsteilig vorgegangen“, sagte der Ermittler. Das hätten Telefon- und Innenraum-Überwachungen sowie Observationen belegt. Alles sei „straff organisiert“ und „hierarchisch aufgebaut“ gewesen. Es habe also führende Köpfe der Bande gegeben, die bis hin zu den Haltern der Drogenbunker alles koordiniert hätten. „Es war so wie in einer großen Firma: Es gab Gebiets- und Vertriebsleiter und Buchhalter.“ Letztlich habe „ein Rädchen ins andere gegriffen“. Dabei sei alles auf „Risikominimierung“ ausgelegt gewesen, berichtete der Kriminalbeamte weiter. So wurden die angeblich abhörsicheren Encrochat-Handys untereinander weitergegeben, um sich in Sachen Beschaffung, Lieferung und Bezahlung der Drogen heimlich abzustimmen. Ein heute 36 Jahre alter Angeklagter, der in der Hierarchie „ganz oben“ gestanden habe und einschlägig vorbestraft sei, hätte den Bandenmitgliedern sogar preisgünstige Rechtsanwälte empfohlen, die sie, sollten die Drogengeschäfte doch einmal ans Licht kommen, gegebenenfalls vertreten könnten. „Er wollte ihnen die Verteidiger sogar bezahlen“, gab der 43-jährige Kriminalbeamte zu Protokoll. Und überhaupt habe er bei den Bandenmitgliedern „ein ausgeprägtes Zusammengehörigkeitsgefühl“ festgestellt, das sich für ihn unter anderem in Treffen in der Hooligan-Szene zeige – Randale am Rande von FCK-Spielen.

Die Verhandlungen werden fortgesetzt.

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