Falschen „gefährlichen“ Stoff beantragt

Zweibrücken · Der Ortsbeirat Mörsbach lehnt eine Verarbeitung „gefährlicher“ Stoffe auf dem Deponiegelände ab. Dass der Konditionierungsanlagenbetreiber Terrag gestern nicht erklären konnte, warum eine besonders gefährliche Stoffgruppe fälschlich in seinem eigenen Antrag steht, hat das Vertrauen in den Betreiber weiter geschwächt.

 Die Konditionierungsanlage gestern Abend.

Die Konditionierungsanlage gestern Abend.

Foto: lf

Eine große Überraschung - und infolgedessen Entsetzen - gab es gestern Abend im Ortsbeirat Mörsbach.

Thema der Sondersitzung war der Antrag der Firma Terrag, in ihrer Konditionierungsanlage am Eingang der Deponie Rechenbachtal künftig auch fünf als "gefährlich" klassifizierte Abfallstoffgruppen behandeln zu dürfen. Terrag hatte gehofft, die Kritiker beruhigt zu haben, indem sie den früheren Elf-Stoffe-Antrag auf fünf reduziert hat (wir berichteten). Doch statt Beruhigung gab es noch mehr Aufregung. Die stellvertretende Ortsvorsteherin Julia Igel (Grüne) machte nämlich darauf aufmerksam, dass Terrag jetzt auch die Stoffgruppe "Filterstäube aus der Abfallmitverbrennung, die gefährliche Stoffe enthalten" (Abfallschlüssel 10 01 16) beantragt habe. Diese war im Antrag von 2014 noch nicht - und sei besonders gefährlich, weil darin stark krebserregende Dioxine und Furane enthalten sein könnten. Und dann folgte die große Überraschung: Der Terrag-Vertreter, Pressesprecher Hubert Immesberger, sagte: "Die 16 ist schlicht und einfach falsch, die ist definitiv falsch und sollte da nicht rein." Mehrere Ortsbeiratsmitglieder zeigten sich fassungslos, dass Terrag in seinem offiziellen Antrag an die SGD Süd (Struktur- und Genehmigungsdirektion) bei nur fünf beantragten Stoffgruppen eine dabei habe, die sie gar nicht beantragen wollte. Als Erster reagierte Achim Ruf (Grüne): "Was jetzt hier passiert zeigt, wie unzuverlässig die Firma Terrag ist. Das bestätigt die bisherigen Erfahrungen!" Bei zwei Störfällen waren voriges Jahr Industriestäube aus der Anlage ausgetreten, einmal war dadurch der Schnee auf den benachbarten Feldern schwarz verfärbt.

Ortsvorsteherin Susanne Murer (Grüne) sagte, der Ortsbeirat könne nur zu dem offiziellen Terrag-Antrag Stellung nehmen. Immesberger konnte nicht beantworten, warum der Antrag falsch ist und ob er zurückgenommen und neu gestellt wird. Im Bauausschuss am kommenden Dienstag, in der die Stadt Zweibrücken ihre Stellungnahme zu dem Antrag abgeben will, werde Terrag für Klarheit sorgen. Terrag sei von der kurzfristigen Einladung durch die Stadt in den Ortsbeirat überrascht worden, entschuldigte sich Immesberger.

Friedhelm Jost (CDU ) war empört: "Wir sollten Schluss machen, Ende der Sitzung - und eine neue machen, wenn eine neue verbindliche Vorlage von Ihnen da ist!" Elke Streuber (SPD ) erinnerte daran, dass beim Bau der Müllverbrennungsanlage Pirmasens der Stadt Zweibrücken zugesagt worden sei, "dass auf unserer Deponie keine Aschen und Stäube aus der Müllverbrennung verarbeitet werden".

In seiner einstimmigen Beschlussempfehlung an den Bauausschuss lehnt der Ortsbeirat "zum Wohle der Bevölkerung" die Behandlung gefährlicher Stoffgruppen ab. Für Dioxine und Furane sei die Konditionierungsanlage technisch nicht mit den richtigen Filtern ausgestattet. Die "sehr exponierte Lage in unmittelbarer Lage zu Wohngebieten ebenso wie zum Kindergarten" sei ein besonderes Risiko, insbesondere vor dem Hintergrund der "Havarien " 2015 und dem "in jeder Hinsicht unzureichenden Krisenmanagement des Betreibers". Der Ortsbeirat fordert, Terrag solle gefährliche Stoffe in einer ihrer weniger exponierten Anlagen konditionieren. Es wäre "deutlich sicherer", sie in bereits konditioniertem (angefeuchtetem) Zustand zur Deponie zu bringen. Für den Deponiebetreiber UBZ (Umwelt- und Servicebetrieb Zweibrücken ) "wäre das dann auch kein Schaden", betonte Igel.

Nach der Beschlussempfehlung verwies Immesberger noch darauf, dass Terrag viel getan habe, um der Bürgerinitiative Mörsbach entgegenzukommen. So sei auf deren Vorschlag eine neue Schleuse vor die Anlage gebaut worden, ein neues Filtersystem fange bei Störfällen Schadstoffe noch innerhalb der Anlage ab und ein neues Kamerasystem überwache nun alle Bereiche der Anlage. Alexander Stephan (Grüne) entgegnete: "Ein verantwortungsvoller Betreiber hätte das von sich aus gemacht."

Nach der Sitzung sagte Immesberger dem Merkur, er wisse nicht, welche Stoffgruppe Terrag statt der fälschlich beantragten behandeln wolle: "Definitiv aber keine Dioxine und Furane."

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