Bündnis Buntes Zweibrücken Wie Fake News die Gesellschaft spalten können

Zweibrücken · Das Bündnis Buntes Zweibrücken hatte in Kooperation mit dem Förderverein der BBS und dem Bundesprojekt „Demokratie leben!“ zu einem Vortrag über Falschmeldungen, sogenannten Fake News, eingeladen.

 Tatjana Graovac, Projektleiterin beim „No Hate Speech Movement“, erklärte den Zuhörern im Foyer der VHS Zweibrücken, wie sie Falschmeldungen erkennen können und welchen Schaden sie anrichten.

Tatjana Graovac, Projektleiterin beim „No Hate Speech Movement“, erklärte den Zuhörern im Foyer der VHS Zweibrücken, wie sie Falschmeldungen erkennen können und welchen Schaden sie anrichten.

Foto: Susanne Lilischkis

Tatjana Graovac, Projektleiterin beim „No Hate Speech Movement“ – eine internationale Kampagne gegen Hassrede im Netz –, brachte es gleich zu Anfang ihres Vortrages über Falschmeldungen auf den Punkt: „Fake News sind Lügen!“ Begriffe wie „alternative Fakten“ oder „postfaktisch“ verschleierten gerne, um was es geht: um Desinformation.

„Desinformation gab es schon immer“, sagte sie, „die sozialen Medien sind nicht daran schuld. Aber sie wirken wie ein Brandbeschleuniger. Mit ihnen ist es viel einfacher geworden, falsche Meldungen zu verbreiten. Es braucht nur wenige Minuten, dann hat eine Falschmeldung Zehntausende erreicht.“ Obwohl Fake News, also manipulativ verbreitete, vorgetäuschte Nachrichten, vor allem ein Phänomen der sozialen Medien sind, nahm Tatjana Graovac Boulevardmedien nicht aus. Auch sie würden zumindest hoch emotionalisierte Nachrichten verbreiten, um Leser anzulocken, beziehungsweise die Klickzahlen im Internet zu steigern.

Emotionen sind das Schlüsselwort, wenn es um Fake News geht. Reißerische Überschriften oder schockierende Bilder werden eher angesehen und schneller in den Sozialen Medien geteilt. Nach Aussagen der Referentin wurde Facebook kürzlich nachgewiesen, dass der Konzern solche Nachrichten bevorzugt, um die Nutzer länger auf seinen Seiten zu halten.

Die Gefährlichkeit von Fake News ist nicht von der Hand zu weisen. Jüngst hat die Corona-Pandemie die Bevölkerung hautnah erleben lassen, wie Fake News die Gesellschaft spalten. Und auch der Krieg in der Ukraine und die Berichterstattung in Russland beweisen, wie Falschnachrichten in Kriegszeiten zu Propagandazwecken genutzt werden.

„Fake News oder Fakten? – vor dieser Entscheidung stehen wir jeden Tag“, hatte auch Jürgen Bärmann, Schulleiter der Berufsbildenden Schule Zweibrücken (BBS), in seiner Begrüßung gesagt. Wie unterscheide ich also wahre von falschen Aussagen? Tatjana Graovac gab den Zuhörern einige Tipps. Schon eine reißerische Überschrift oder ein hoch emotionales Bild weise auf Fake News hin. Im Text genannte Zahlen oder Zitate ohne Quellenangaben sind ein weiteres Merkmal. Eine Internetseite ohne Impressum lasse auf einen unseriösen Anbieter schließen. Schließlich könne man sich auch überlegen, wem die Nachricht nutze.

Am Beispiel eines Twitter-Kommentars eines AFD-Abgeordneten zeigte sie, wie selbst als Fake gekennzeichnete Nachrichten missbraucht werden können – nach dem Motto: Das hier entspricht zwar nicht der Wahrheit, aber es könnte bald Wahrheit werden.

Das Internet hält eine Reihe von Möglichkeiten bereit, Fake News zu enttarnen. Die Referentin stellte einige davon vor, wie die Bildersuche von Google, Faktenchecker-Seiten und Internetseiten, die den Wahrheitsgehalt der Meldungen von Boulevard-Medien prüfen. Schließlich, so Graovac, könne man sich auch den Verfasser der Nachricht ansehen. Handelt es sich um einen echten Menschen oder um einen Bot – Roboter-Programme, die autoritäre Regime nutzen, um Verwirrung zu erzeugen. Man könne den Internet-Plattformen auch Desinformationen melden, die würden dann als solche gekennzeichnet.

Bei Freunden, die falsche Meldungen teilen, wird es schon heikler. Hier riet Tatjana Graovac eher zum persönlichen Gespräch als zur Auseinandersetzung in den Sozialen Medien. „Dass jemand Fake News teilt, geschieht manchmal unabsichtlich. Lügen sind nun mal interessanter als Fakten“, bemerkte sie, „doch man sollte sich immer vor Augen halten: Fake News gefährden das gesellschaftliche Zusammenleben in einer Demokratie. Ganze Gruppen von Menschen hören dadurch auf, an die Existenz von Fakten zu glauben. Und sie können, wie in der Pandemie geschehen, die Gesundheit und das Leben einzelner gefährden.“

Bei der anschließenden Diskussion wies ein Schüler darauf hin, dass man im Internet superschnell viele verschiedene Meinungen bekommen könne. Anders als etwa in Nazi-Deutschland, in dem alle Medien gleichgeschaltet waren.

Bei ihrem Plädoyer für den Konsum seriöser Medien und Tageszeitungen erntete die Referentin allerdings einigen Widerspruch aus dem Publikum. Daraus ergab sich eine teilweise absurde Diskussion um Impfschäden und die korrekte Höhe eines Zierrasens, die leider gar nichts mehr mit dem eigentlichen Thema zu tun hatte.

Der Versuch, die Veranstaltung für das eigene Thema Impfverweigerung und Staatsskepsis zu vereinnahmen, misslang aber.

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