EU lüftet Rätsel um Stopp der Fusions-Pläne

Zweibrücken/Brüssel · Eine Saarpfalz-Airport-Holding mit den beiden Flughafen-Standorten Zweibrücken und Saarbrücken – dieses Konzept der beiden Landesregierungen hat die EU-Kommission zwar detailliert geprüft. Doch weil es keinen wirtschaftlichen Flugbetrieb in Zweibrücken ermöglicht hätte, so die Kommission auf Merkur -Anfrage, spielten die intensiven Fusionsgespräche im Beihilfe-Entscheid gegen Zweibrücken dann keine Rolle mehr.

Warum hat die EU-Kommission erst monatelang intensiv Gespräche über eine Kooperation der Nachbarflughäfen Zweibrücken und Saarbrücken begleitet - um dann ohne Rücksicht darauf dem Flughafen Zweibrücken den Todesstoß zu versetzen? Diese Frage sorgt bereits für Rätselraten, seitdem EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia Ende Juli angekündigt hatte, der Flughafen Zweibrücken müsse rund fünfzig Millionen Euro Beihilfen zurückzahlen, der noch stärker am Staatstropf hängende Saarbrücker Airport dagegen gar nichts.

Dabei hatte die EU-Kommission am 17. April sogar ausdrücklich erklärt, "bei einer tragfähigen Kooperation beider Flughäfen die laufenden Verfahren zu einem guten Ende zu bringen", schrieb der rheinland-pfälzischen Infrastrukturminister Roger Lewentz (SPD ) laut Landtags-Drucksache 16/3917 am 2. September auf eine CDU-Anfrage, "andernfalls drohe beiden Flughäfen eine Negativentscheidung". Daraufhin stellten die zuständigen Staatssekretäre aus Rheinland-Pfalz und dem Saarland am 15. Mai in Brüssel ihr Kooperationskonzept vor, Lewentz nennt Daten mit späteren Detail-Nachfragen. (Bereits am 14. März, so Lewentz weiter, habe die EU-Kommission mitgeteilt, "dass der Flughafen Zweibrücken nur über eine sehr enge Kooperation mit dem Flughafen Saarbrücken überlebensfähig sei".)

Doch in dem unserer Zeitung vorliegenden Entscheids-Entwurf Almunias an die EU-Kommission wird nur in einem Satz erwähnt, dass es mal Kooperationsbestrebungen gab - ohne darauf einzugehen, warum die EU sich darauf am Ende nicht eingelassen hat. Bis heute wisse man nicht, warum die EU eine Kooperation plötzlich nicht mehr weiterverfolgt habe, erklärte das Mainzer Infrastrukturministerium letzte Woche. Der Merkur hat deshalb selbst beim EU-Wettbewerbskommissariat angefragt, nachdem die EU-Kommission am 1. Oktober die 47-Millionen-Euro-Beihilferückforderung offiziell beschlossen hat.

Die Kommissions-Pressestelle bestätigt, dass die EU sich detailliert mit den vorgelegten Kooperationsplänen beschäftigt habe. Doch die EU-Kommission sei zu dem Schluss gekommen, dass diese Kooperation keine tragfähige Alternative gewesen wäre. Insbesondere hätte das vorgelegte Kooperationsmodell dem Flughafen Zweibrücken nicht erlaubt, in Zukunft profitabel zu arbeiten, wie es die neuen EU-Flughafen-Leitlinien verlangen. Ist die Kommission offen für weitere Kooperationsgespräche? Der Beihilfe-Rückforderungsbescheid sei endgültig, antwortet die Pressestelle. Die Beihilfe-Geber (das sind das Land Rheinland-Pfalz und die Anliegerkommunen) müssten sich nun innerhalb von vier Monaten die 47 Millionen Euro Beihilfen vom Flughafen zurückholen. Der Flughafen hatte deshalb bereits vorsorglich Insolvenz angemeldet.

Der Merkur hat das EU-Wettbewerbskommissariat auch gefragt: Warum hat es für die Beihilfe-Entscheidungen keine Rolle gespielt, dass die Staatshilfen für Saarbrücken konstant deutlich höher als für Zweibrücken waren, und selbst laut den Saarbrücker Plänen in zehn Jahren noch höher sein sollen als heute die Subventionen für Zweibrücken ? Als Antwort wiederholt die Kommissions-Pressestelle lediglich die bereits vergangene Woche öffentlich vorgestellte Argumentation: Beim Markteintritt des Flughafens Zweibrücken habe es in Saarbrücken schon seit Jahrzehnten zivilen Flugbetrieb gegeben. Zweibrücken habe somit existierende Strukturen lediglich verdoppelt - mit der Folge, dass Saarbrücken Fluggesellschaften an Zweibrücken verloren habe und das Saarbrücker Defizit beträchtlich wuchs. Für Empörung und Klage-Drohungen sorgt in der Pfalz (wir berichteten), dass die EU-Kommission auf Basis rückwirkenden Rechts gegen den Flughafen Zweibrücken entschieden hat. "Die Beschlüsse beruhen auf den neuen Leitlinien der Kommission für staatliche Beihilfen für Flughäfen und Luftverkehrsgesellschaften, die im Februar 2014 (…) verabschiedet wurden", schreibt die EU-Kommission wörtlich in ihrer Pressemitteilung vom 1. Oktober (wir berichteten). Doch die Verstöße, welche die EU Zweibrücken vorwirft, liegen in den Jahren 2000 bis 2009.

"Wie ist es möglich, Beihilfeverfahren auf der Basis von Leitlinien zu entscheiden, die im Prüfzeitraum gar nicht existierten?" Auf diese Merkur-Frage antwortet die EU-Kommissions-Pressestelle, in dem ebenfalls veröffentlichten Memo (das ausführlicher als die Pressemitteilung ist) stehe, dass die Beihilfen für Zweibrücken weder mit der Flughafen-Leitlinie aus dem Jahr 2005 noch der aus 2014 vereinbar sei.

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