Parking Day in Zweibrücken Erlebnisraum statt Abstellplatz

Zweibrücken · Ein Parkplatz lässt sich weit vielfältiger nutzen, als zum Abstellen von Autos. Das bewies eindrucksvoll der erste Zweibrücker Parking-Day.

Im Erzähl-Café mit Abbelgedöns herrschte auf dem Parkplatz von Heilig Kreuz beste Stimmung.

Im Erzähl-Café mit Abbelgedöns herrschte auf dem Parkplatz von Heilig Kreuz beste Stimmung.

Foto: Cordula von Waldow

„Gott, ist das süß. Wenn Ihr das regelmäßig macht, komme ich öfter!“ Nicht nur die begeisterte Passantin, die lieber anonym bleiben möchte, war äußerst angetan von dem nostalgischen Erzähl-Café mit Abbel-Gedöns, dass die Autorinnen Claudia Wagener und Sarina Keller sowie Manuela Groh von ZW-vernetzt gleich vorne auf dem Parkplatz von Hl. Kreuz liebevoll aufgebaut hatten.

Viele Passanten folgten der herzlichen Einladung „immer rein in die Gudd Stubb“ und ließen sich auf einem der nostalgischen Küchenstühle an passend gedeckten Tischen mit selbst gebackenem Kuchen, Apfelkompott-Müsli-Crème oder Bio-Apfelsaft verwöhnen, bei einem „guten Pläuschchen“. Die Äpfel waren von den mit Gelben Bändern als „nimm mich mit“-ausgezeichneten Bäumen im Beckerswäldchen selbst gesammelt und verarbeitet.

Besonders genossen nach Aussage von Sarina Keller „Menschen, die gar nichts von der Aktion wussten und sehr angenehm überrascht waren über die Belebung der Parkfläche, sich einfach mal so unerwartet und spontan dort niederlassen zu können, miteinander ins Gespräch zu kommen, sich wohlzufühlen, sich einzulassen auf dieses Neue auf dem Parkplatz“.

Musikalisch unterhalten wurden sie mit mitreißenden Klängen der Irischen Band Big Fairies. Die Musikerinnen und Musiker sind begeistert von der Aktion des „Parking Day“, mit der die Zweibrücker Umwelt-Initiative ZW-vernetzt zu einer Umnutzung der sonst den Autos vorbehaltenen Parkplätze aufgerufen hatte. Sängerin Nicole Flesner bedauert, auf Grund des dünn gesäten Nahverkehrs doch auf das Auto angewiesen zu sein. Allerdings befürwortet sie, ebenso wie zahlreiche Aktive an den insgesamt 16 Aktionsständen an sechs verschiedenen Standorten in der Innenstadt sowie zahlreiche Besucherinnen und Besucher, an Stelle der versiegelten Bodenflächen lieber die Parkhäuser zu nutzen, in denen auf weniger Grundfläche eine Vielzahl an Autos untergebracht werden können und die, vertikal begrünt, dennoch zur Verbesserung des Stadtklimas beitragen können.

Bei „Radeln für jedes Alter“ herrschte reger Andrang und Fahrrad-Rikscha Anni war ständig unterwegs. Die Zweibrückerin Karina Titze, in leitender Position bei einer Pflegeeinrichtung in St. Ingbert, hat den Tag genutzt, um sich nicht nur als Fahrgast, sondern auch gleich als Rikscha-Pilotin zu erproben und hofft auf eine ähnliche Rikscha-Lösung für ihren Arbeitsplatz.

Auf dem Schlossplatz ging es bereits zu früher Stunde hoch her. Die Initiative Er“Schließ“mich neu zur Wertschätzung des Traditionsfreibades an der Schließ musste bereits gegen elf Uhr neue Kopien von ihrem Fragebogen machen, weil 100 Bögen bereits ausgefüllt waren. Von dieser Resonanz profitierten auch die umliegenden Stände im „Wohnzimmer der Stadt“ wie das Angebot für Kinder vom Stadt-Jugendring etwa mit Sinnesparcours, bei dem mit Riech- und Fühl-Quiz oder verschiedenen Strukturplatten als Barfußpfad die unterschiedliche Wahrnehmungen bewusst gemacht wurde.

Daneben informierten die Mit-Organisatorinnen Karin Grgic und Kerstin Pick Interessierte über das Problem der Bodenversieglung: Eine versiegelte Parkfläche von zwölf Quadratmetern für ein einziges Auto verursacht jährlich 11 000 Liter Wasser, die statt ins Grundwasser zu gelangen in die Kanalisation abfließen und verschwendet werden. Mit Rasen oder Rasenverbundsteinen lasse sich die Problematik bei allen Neuanlagen leicht lösen. Ein  Ansatz, der nach Ansicht der beiden engagierten Frauen insbesondere in Neubaugebieten von der Politik verpflichtend vorgegeben sein sollte.

Der Tai-Chi-Verein Shen zeigte zu beruhigender Zen-Musik seine Formationen, während auf der Fläche von zwölf Parkplätzchen Kinder und Jugendliche ihre Fähigkeiten auf einem Fahrrad-Parcours erprobten. „Es hat Spaß gemacht“, finden die beiden Schwestern Sophie (9) und Nadja (7) Simon. Die Jüngere fuhr besonders gerne einhändig mit der rot-weißen Kette in der anderen Hand im Kreis um die Haltestange, während die Ältere ihre Stärke auf der anspruchsvollen Wippe entdeckte. Besonders herausfordernd fanden beide die Schräge und die schmale Spur, die Tom Koschela von der Fahrrad AG der Canadaschule aufgebaut hatte.

Als um die Mittagszeit die ersten Regentropfen der kurzen Schauer fielen, flohen nicht nur die Besucher. Auch an den Ständen wurde vielfach rasch abgebaut. Die Stefan Schöner-Band hielt unter ihrem Pavillon an der Karlskirche die Stellung und sorgte bei den Anwohnern und Passanten für beste Stimmung. Der Auftritt der Cheerleader der VTZ, die auf der Straße davor ihre Pyramide aufbauten, traf allerdings nicht bei allen Autofahrern, die kurz anhalten und warten mussten, auf Verständnis.

Unter einem schützenden Pavillon wurde auch im Abbel-Erzähl-Café weiter genossen. Viele Passanten bedauerten die weiten Wege zwischen den einzelnen Aktionen, die verhinderten, alle Stände besuchen zu können, zumal die meisten nach den kleinen Schauern bereits gegen 13 Uhr statt, wie angekündigt um 15 Uhr, einräumten.

Außerdem wünschten sich auch Teilnehmer für das nächste Mal eine Konzentration auf einer Seite der Fußgängerzone und ein Miteinander statt eines Nebeneinanders mit dem auf Herzgog- und Schlossplatz verteilten Flohmarkt. „Wir hätten dort auch noch Platz gefunden und mehr Frequenz gehabt“, sind sich die Big Fairies und das „Erzähl-Café“ einig.

Schnell vorbei auf Grund der Regentropfen war auch die Kleidertauschbörse im Garten der „Grünen Brücke“ an der Gabelsbergstraße, bei der getragene Kleidung untereinander getauscht werden konnte, so dass jeder für sich „neue Kleider mit gutem Gewissen“ vereinen konnte. Dafür war gleich zu Beginn zwischen 11 und 11.30 Uhr so viel los, dass die Organisatorinnen beschlossen, die Aktion in einem deutlich größeren Rahmen und wetterunabhängig zu wiederholen. Initiatorin Ina Utopina Stenger bestätigt: „Auf einen so großen Ansturm hätten wir nicht zu hoffen gewagt.“ Die meisten hatten sich während des Aufbaus bereits ihre Favoriten ausgesucht und dann rasch gesichert, so dass binnen 30 Minuten gut 60 Prozent der zum Teil ausgesucht schönen und wertvollen Kleidungsstücke ein neues Zuhause fanden.

ZW-vernetzt hatte mit diesem Aktionstag einen kleinen Anstoß zum Umdenken geben wollen: hin zu mehr Grün und zu mehr Lebensqualität in der Innenstadt. Dies ist mit Sicherheit gelungen.

 Die Bürgerinitiative Er„Schließ“dich neu lockte mit Fragebögen zum Thema Schließ und Mitmachaktionen für Kinder zahlreiche Interessenten an.

Die Bürgerinitiative Er„Schließ“dich neu lockte mit Fragebögen zum Thema Schließ und Mitmachaktionen für Kinder zahlreiche Interessenten an.

Foto: Cordula von Waldow

Beteiligt haben sich Shen Tai Chi, Fitnessstudio Balance mit Sport für alle, Red Falcons Cheerleading VTZ, Abbel-Gedöns mit Sarina Keller und Claudia Wagener, DRK Biotopia, ADFC, ZW-vernetzt, die Grüne Bücke mit Kleidertauschbörse, Jugendzentrale Zweibrücken mit Spielebus für jedes Alter, Die 2Augenoptiker Stefan-Schöner-Band, The Big Fairies, Radeln ohne Alter, Er“Schließ“mich neu, Fahrrad-AG Canadaschule

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