Ernst: Taschendiebe immer aggressiver

Zweibrücken · Nach einem Jahr zurückgehender Fälle von Ladendiebstähle verzeichnet die Polizei für 2015 wieder einen deutlichen Anstieg. Die Tätergruppe sei aber bunt gemischt – mit den Flüchtlingen habe die Zunahme nichts zu tun.

Während in Pirmasens die Ladendiebe immer jünger werden, ist die Tätergruppe in Zweibrücken weiter sehr gemischt. Insgesamt wurden 2013 in Zweibrücken 197 Ladendiebstähle angezeigt. 2014 waren es sogar nur 148; das sind 193 Anzeigen weniger als in Pirmasens. Nur in 13 Fällen waren die Täter in Zweibrücken dabei unter 18 Jahren. In Pirmasens dagegen gehen einer von vier Ladendiebstählen auf das Konto von Jugendlichen und Kindern unter 14 Jahren. "Die Tendenz der Anzahl der Ladendiebstähle für 2015 in Zweibrücken bewegt sich aber wieder in Richtung der Zahl von 2013", erklärt Jürgen Seel, Sprecher der Polizeiinspektion Zweibrücken , auf Anfrage des Pfälzischen Merkur. Der genaue Grund dafür ist für die Polizei nicht erkennbar: "Möglicherweise wurde nicht jeder Ladendiebstahl angezeigt. Die Dunkelziffer ist sehr hoch." Die erneute Zunahme habe aber laut Seel nichts mit dem erhöhten Zuzug von Flüchtlingen in die Region zu tun. Edeka-Ernst-Inhaber Dieter Ernst bestätigt: "Die Täter kommen querbeet aus allen Gruppierungen." Die Motive für den Diebstahl sind dabei oftmals ebenso vielfältig wie die Tätergruppen. Während es sich bei manchen Jugendlichen um Mutproben handelt, spielt bei anderen Gruppen wie Senioren auch die finanzielle Notlage eine Rolle. "Was aber meiner Meinung nach bei uns in den letzten Jahren zugenommen hat, ist die Beschaffungskriminalität. Die Menschen klauen verstärkt Sachen wie Rasierapparate und -klingen, Spirituosen, teure Kosmetik und Zigaretten, die sie dann möglichst schnell zu Geld machen können, um so ihre Drogen zu finanzieren", erklärt Ernst. Ansonsten werde laut Seel in Zweibrücken gerne Bekleidung und Modeschmuck geklaut: "Das hat aber auch etwas mit dem Angebot zu tun. In den Style Outlets beispielsweise stellen diese Produkte natürlich auch das Hauptwarensortiment dar. Grundsätzlich betrifft Ladendiebstahl aber alle Geschäfte."

Auch die Vorgehensweise der Täter unterscheide sich. So Seel: "Im Bereich der organisierten Bandenkriminalität sind es des Öfteren mehrere Täter, die dann versuchen abzulenken. Wir beobachten aber auch Sachen wie präparierte Hand- oder Einkaufstaschen. Kleinere Gegenstände werden oftmals problemlos in der Jackentasche verschwinden gelassen." Genaue Zahlen zur organisierten Bandenkriminalität in Zweibrücken liegen Seel nicht vor. "Man darf das Thema Ladendiebstahl nicht vernachlässigen. Wenn man sich die Zahlen anguckt, kann man von einem Diebstahl an fast jedem zweiten Tag ausgehen. Der wirtschaftliche Schaden ist natürlich enorm, zumal ich auch davon ausgehe, dass nicht jeder Diebstahl zur Anzeige gebracht und geahndet wird", sagt Seel.

Für Ernst werden Ladendiebstähle vom deutschen Rechtssystem "viel zu lasch gehandhabt": "Die Folgen und Strafen schrecken nicht ab. Wir beobachten, dass die Täter trotz Anzeigen und Hausverbot nicht davor zurückschrecken, innerhalb kürzester Zeit die Geschäfte wieder zu betreten. Auch macht uns das aggressive Auftreten der Täter, sobald sie gestellt sind, vermehrt Probleme." Laut Martin Graßhoff, leitender Oberstaatsanwalt der Staatsanwaltschaft Zweibrücken , hängt das Strafmaß vom Alter des Täters, dem Wert des entwendeten Gegenstandes, dem Vorgehen der Täter, möglichen Vorstrafen und der persönlichen Situation ab. "Bei Tätern zwischen 14 und 18 Jahren ist bei der Bemessung des Strafmaßes der Erziehungsgedanke maßgebend", erklärt Graßhoff. Die Teilnahme an einen sozialen Trainingskurs oder das Ableisten von Sozialstunden können daher zur Auflage gemacht werden wie auch die Schadenswiedergutmachung. Jugendarrest ist ebenfalls nicht ausgeschlossen. Bei Erwachsenen sei in Anbetracht der Umstände die Verhängung einer Geldstrafe die Regel. "Bei Vorstrafen des Täters kommen Freiheitsstrafen in Betracht, deren Vollstreckung bei einer günstigen Prognose zur Bewährung ausgesetzt wird", erläutert Graßhoff.

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