Endlich fürs Leben lernen

Zweibrücken · Mit einem neuen Fach, Arbeitstitel „Alltagswissen“, will Bundes-Bildungsministerin Johanna Wanka Schüler auf die Herausforderungen des Alltags vorbereiten. In dieser Form überflüssig, finden die Schulleiter in der Region, absolut erwünscht ist die Idee hingegen aus Schülersicht.

"Ich bin fast 18 und hab keine Ahnung von Steuern, Miete oder Versicherungen. Aber ich kann ne Gedichtsanalyse schreiben. In vier Sprachen", klagte vor einigen Monaten eine junge Frau über den Nachrichtendienst Twitter - und löste damit eine Diskussion darüber aus, wie lebenspraktisch die Schule sein muss. Praktischer, als sie es jetzt ist, lautet die Antwort von Bundes-Bildungsministerin Johanna Wanka . Deshalb schlug sie jetzt im Interview mit der "Bild am Sonntag" vor, ein neues Schulfach mit dem Namen "Alltagswissen" einzurichten. Wanka möchte mit diesem Fach, das unter anderem Kochen, richtige Ernährung und handwerkliche Tätigkeiten beinhalten soll, bewirken, dass die Schüler Dinge lernen, die sie für ihr praktisches Leben brauchen. In Zweibrücken stößt diese Idee auf ein geteiltes Echo.

Eher skeptisch sind die Leiter der Weiterführenden Schulen: "Die Grundidee ist zwar gut, da mehr Alltagswissen erreicht wird. Allerdings sollte man an bereits vorhandene Fächer andocken", rät Thomas Höchst, Direktor der Integrierten Gesamtschule (IGS) in Contwig. "Solche Fähigkeiten, die die Schüler im Alltag benötigen, sollten in anderen Fächern umgesetzt werden. Ein zusätzliches Fach bedeutet eine Reduzierung anderer Fächer", verdeutlichte Markus Meier, Schulleiter der Mannlich-Realschule plus. Zudem sei dieses Problem eher an Gymnasien akut, weil die Realschule plus durch Wahlpflichtfächer - Stichwort digitales Klassenzimmer - bereits heute sehr praxisorientiert sei. Dieser Theorie widerspricht der Schulleiter des Hofenfels-Gymnasiums, Werner Schuff. Er ist überzeugt, dass seine Kollegen schon heute aktuelle und wichtige Themen in den Unterricht integrieren. Daher sei ein solches Fach auch an Gymnasien nicht notwendig.

Konkreter aber in der Tendenz gleich die Aussage von Kerstin Kiehm: Am von ihr geleiteten Helmholtz-Gymnasium gibt es, wie sie sagt, in den einzelnen Unterrichtsfächern viele Bausteine, die auf den Alltag vorbereiten. "In Sozialkunde lernen die Schüler beispielsweise schon in Klasse neun etwas über Handyverträge. Auch Rechtswissenschaften und Wirtschaft sind Teil von Sozialkunde." Hinzu kommen Thementage zur gesunden Ernährung und Werken im Kunstunterricht.

Die Schüler , die hauptsächlich von einer solchen Veränderung betroffen sind, sehen das Ganze ein wenig anders. "Es gibt an der Schule so viele Fächer, die man überhaupt nicht braucht. Das neue Fach wäre etwas sehr Nützliches, da es etwas zum Alltag beiträgt", sagen die 15-jährige Vanessa und der 18-jährige Arthur Minich. Der 16-Jährige Dorian schließlich ist grundsätzlich wie seine Altersgenossen und die Bildungsministerin für das Fach Alltagswissen, hat aber andererseits wie Helmholtz-Direktorin Kiehm bereits ein Fach identifiziert, in dem praxisnahe Dinge eine Rolle spielen: "In der Schule lernt man ausschließlich in Sozialkunde Dinge, die man im Alltag verwenden kann."

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