Zweibrücker Einzelhändler zur Erleichterung des Corona-Lockdowns Vielen Geschäften hilft die neue Regel kaum

Zweibrücken · Ab Montag dürfen Kunden wieder in die Läden – allein, und vorausgesetzt sie haben vorher einen Termin vereinbart. Die Lockerung ist nicht für alle Händler eine Erleichterung. Friseure sind ausgebucht.

 Ab Montag werden bei „Black & White more“ keine Schaufensterpuppen mehr die Tür versperren.

Ab Montag werden bei „Black & White more“ keine Schaufensterpuppen mehr die Tür versperren.

Foto: Lutz Fröhlich

Die Scheiben der geschlossenen Geschäfte in der Zweibrücker Fußgängerzone sind vollgeklebt mit Infozetteln. Dort stehen Hygienehinweise, Verweise auf das Bestellen über die Homepage, oder Ankündigungen bald wieder für Sie da zu sein. Was fehlt, sind in manchen Geschäften jedoch Informationen zu einer möglichen Terminvergabe. Zwar dürfen ab diesem Montag (1. März) Kunden wieder persönlich in bislang gesperrte Einzelhandelsgeschäfte. Allerdings nur alleine, oder mit Mitgliedern des eigenen Haushalts. Die genauen Bestimmungen dazu hat das Land am Freitag in seiner 16. Corona-Bekämpfungsverordnung erlassen.

Einige Hinweisschilder sind war am Wochenende noch hinzugekommen. Doch an manchen Läden fehlen Hinweise wohl auch deshalb, weil die Lockerung den meisten der vom Merkur befragten Händler nur bedingt weiterhilft. Die Geschäfte machen mit, sind jedoch nicht überzeugt.

Zum Beispiel Kerstin Straß. Sie betreibt ein Geschäft für Dekorationsartikel in der Mühlstraße und verbringt aktuell die meiste Zeit alleine in ihrem Laden. Auf einem Außentisch liegen Waren aus. Wenn Kunden interessiert sind, kaufen sie bestimmte Dinge an der Tür. „Für die meisten Kunden ist die neue Regel Schwachsinn“, sagt Straß. Denn nachdem ein Kunde mit Termin im Laden war, müsste sie laut Vorgabe erstmal 15 Minuten lüften und desinfizieren, bevor sie den nächsten Angemeldeten hereinbitten darf. Die Dekohändlerin wird trotzdem auf ihrer Facebook-Seite darauf hinweisen, dass einkaufen nach Terminvergabe in ihrem Geschäft möglich ist.

Martina Steinbeck, die Leiterin der Thalia-Filiale in der Hauptstraße, wird ihr Geschäft nicht für Kunden öffnen. „Für uns bringt das nicht so viel“, sagt die Buchhändlerin. „Wir haben hier 420 Quadratmeter Verkaufsfläche. Soll ich da immer mit der Desinfektionsflasche hinter dem Kunden her laufen, während vor der Tür andere Kunden warten?“, fragt sich Steinbeck. Für nur einen Kunden zu öffnen würde sich nicht lohnen, zumal das „Click and Collect“-Geschäft an der Tür ganz gut laufe. „Wir werden abwarten und so weiter machen wie bisher.“

Wirklich von der neuen Regelung profitieren könnten auf den ersten Blick vor allem die Modegeschäfte. Denn Textilien fühlen und anprobieren wäre für Kunden, anders als bisher, dann wieder möglich.

In der Boutique „Black & White more“ in der Zweibrücker Hauptstraße zum Beispiel versperren aktuell noch Schaufensterpuppen hinter der Tür den Weg ins Geschäft. Die werden ab Montag weggeräumt, kündigt Besitzerin Elena Becker an. Dann können angemeldete Kunden wieder das ganze Sortiment begutachten und etwas anprobieren. Vermutlich werde dann wieder mehr gekauft – und das wäre auch bitter nötig. Black & White more hat in den letzten Monaten nach Angaben der Besitzerin nur rund zwei Prozent von dem verkauft, was in anderen Jahren verkauft worden wäre.

Für Birgit Neuhardt vom Fachgeschäft Mode Franck ist das Zugeständnis, dass ein angemeldeter Kunde wieder ins Geschäft darf, wie ein „kleiner Finger“, den die Politik den Unternehmern reicht. „Der ein oder andere Kunde ist glücklich darüber“, stellt sie fest. Als Händlerinmit einem relativ großen Geschäft (120 Quadratmeter) hält sie die Regelung aber für „praxisfern“. Als Händlerin wisse sie nicht, wie lange ein Kunde im Geschäft braucht, ob er nur schaut, einen Schal kauft oder eine ganze Garnitur. „Man muss mit anschließendem Lüften schon eine Stunde pro Kunde einplanen“, schätzt Neuhardt. Sie glaubt auch, dass das Einkaufen allein im Geschäft für den Kunden kein angenehmes Erlebnis ist. Etwa wenn andere Kunden warten. „Der fühlt sich doch dann unter Druck gesetzt.“

Trotz ihrer Kritik an der neuen Regel hat Birgit Neuhardt mit Kunden bereits Termine für die kommende Woche vereinbart. Allerdings erst ab mittags. Morgens will sie weiter „Click and Collect“ anbieten. Das würde bisher hervorragend funktionieren. Sie wünsche sich aber von der Politik, dass schnellstmöglich wieder eine Person auf 30 Quadratmeter in den Laden dürfe. Das Hygienekonzept dazu stehe schon lange bereit.

Kunden nach Terminvereinbarung einzeln einkaufen lassen dürfte zwar auch das Zweibrücken Fashion-Outlet. Dort wollte man aber erst noch auf die genauen Bestimmungen warten – die erst am späten Freitagnachmittag veröffentlicht wurden. Bis Redaktionsschluss am Sonntag kündigte das Outlet noch keine Öffnung an. Auf der Outlet-Homepage wird bis 6. März aber „virtuelles Shopping“ angeboten: Per Telefon, Videoanruf, E-Mail oder WhatsApp kann man sich beraten lassen kann und bestellte Waren abholen oder liefern lassen.

Deutlich mehr Vorlaufzeit bei der Vergabe der Termine hatten die Friseure. Für sie war schon nach der Bund-Länder-Konferenz vom 10. Februar klar, dass sie ab kommendem Montag angemeldeten Kunden die Haare schneiden können. Und die Nachfrage ist groß: So sind die etwa Nicoles Friseursalon oder der Hairexpress in Zweibrücken nach eigenen Angaben bereits für die nächsten zwei Wochen komplett ausgebucht.

 „Private Shopping" - was man sonst nur von Luxus-Boutiquen für vermögende Kunden kennt, wird infolge der neuen Corona-Regeln ab 1. März in der Zweibrücker Fußgängerzone unter anderem auch bei der Günstig-Mode-Filiale NKD möglich.

„Private Shopping" - was man sonst nur von Luxus-Boutiquen für vermögende Kunden kennt, wird infolge der neuen Corona-Regeln ab 1. März in der Zweibrücker Fußgängerzone unter anderem auch bei der Günstig-Mode-Filiale NKD möglich.

Foto: Lutz Fröhlich

Für Andreas Michel, Vorsitzender des Vereins „Gemeinsamhandel Zweibrücken“, war es wichtig, dass nach langer Zeit ein Zeichen vom Land kam. Er erhoffe sich von der Lockerung, dass Händler und Kunden nun wieder mehr in Kontakt kommen. Es sei aber auch klar, dass man sich noch weitreichendere Lockerungen wünsche. Ähnlich sieht es auch die Industrie und Handelskammer, die von einem Schritt in die richtige Richtung spricht, aber nach wie vor auf eine richtige Öffnungsperspektive für alle Branchen dringt.

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