Musikschul-Konzert Eine Heimat für den Rap

Zweibrücken · Ab August kommt eine Berufsfachschule für Hiphop-Kultur und Medienproduktion in die Stadt.

 Canan Kaya und Daniel Staub stellten eine Heine-Vertonung vor. In der Mitte Daniel Wittig an der Technik.

Canan Kaya und Daniel Staub stellten eine Heine-Vertonung vor. In der Mitte Daniel Wittig an der Technik.

Foto: Sebastian Dingler

Dass Musikschulen ihre Leistungsfähigkeit beweisen, indem sie ihre Schüler einmal im Jahr ein Konzert spielen lassen, ist so weit gängige Praxis und meist ein schönes Erlebnis für Eltern, Lehrer und Schüler. So war das auch am letzten Sonntag, als die Musikschule Kern ihr Jahreskonzert im Wappensaal des Romantikhotels Fasanerie durchführte.

22 junge Talente am Flügel und an der Geige zeigten ihren Stand am Instrument und somit die pädagogischen Fähigkeiten ihrer Lehrer Jürgen Rabung und Jürgen Karmeinski (Piano) sowie Agnieszka Galan (Violine). Was aber nach diesem konventionellen Teil des Nachmittags folgte, war so außergewöhnlich wie die Pläne, die die Musikschule Kern für die Zukunft verfolgt: Ab 1. August soll in den Räumen in Niederauerbach nämlich eine Berufsfachschule für Hiphop-Kultur und Medienproduktion ihren Betrieb aufnehmen. Damit betreten Andreas Kern und sein Team Neuland, denn bislang waren „Hiphop“ und „Schule“ noch zwei komplett voneinander getrennte Bereiche in Deutschland. Zumindest dann, wenn man Hiphop nicht als Tanz versteht, und darum soll es auch nicht gehen bei der Berufsfachschule. Sondern um Sprechgesang, Hiphop-Produktion, Beatboxen und Poetry Slam. Letzteres wird vom Zweibrücker Autor Mark Heydrich gelehrt werden. Kreatives Schreiben mit einem Hauch von Literaturgeschichte wolle er dabei vermitteln, meinte der 41-Jährige in seiner Ansprache. Poetry Slams sind Wettbewerbe, bei denen selbst geschriebene Texte vorgetragen werden und meistens das Publikum per Handzeichen über den Gewinner entscheidet – Heydrich kann da schon einige Siege vorweisen. Thomas Sosebee soll an der Berufsfachschule für die Produktion von Hiphop-Beats zuständig sein. Der Halb-Amerikaner wird auch das Verfassen englischer Texte sowie das Beatboxen vermitteln. Zur Demonstration seiner Kenntnisse im amerikanischen Hiphop interpretierte Sosebee den Rap-Klassiker „Gangsta’s Paradise“ von Coolio – sehr gekonnt und mit gesanglicher Unterstützung von Canan Kaya. Die junge Sängerin blieb auch beim Beitrag von Daniel Staub auf der Bühne, der das Heine-Gedicht „Ich hab im Traum geweinet“ als Rap vortrug. Staub alias Dan-L soll Dozent für deutschen Rap an der Musikschule werden. „Deutscher Rap ist in den letzten Jahren in Verruf geraten, weil da einige auf dicke Hose machten“, sagte er mit Blick auf Kollegah, Bushido und Konsorten. Dan-L dagegen wolle vermitteln, dass es bei Hiphop auch ums Erzählen einer Geschichte geht. Anschließend zeigte Thomas Sosebee, was es mit dem Beatboxen auf sich hat: Dabei wird der Klang eines Schlagzeugs mit dicht ans Mikro gehaltenem Mund erzeugt. „Die Rapper damals waren ein bisschen ärmer, die konnten sich kein Schlagzeug leisten“, sagte Sosebee zur Entstehungsgeschichte. Aber nicht nur Drumsounds, sondern gleichzeitig auch der Bass kamen da aus dem Mund des zukünftigen Dozenten. Das war beeindruckend, denn allein damit schuf Sosebee eine ausreichende Grundlage, über die wieder Canan Kaya ihren Gesang legte – Daniel Wittig, der die Technik bediente, brauchte da gar nichts mehr hinzuzufügen.

Nicht vor Ort sein konnte der Spezialist für Video- und Aufnahmetechnik, Sebastian Monzel, der ebenfalls zu Kerns Team gehören wird. Die Berufsfachschule bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Neustadt genehmigt zu bekommen, habe anderthalb Jahre gedauert, so Andreas Kern. „Da mussten dann zum Beispiel Lehrpläne her fürs Beatboxen – so was gab es ja gar nicht.“ Auf die Idee zur Schule hatte den Musikschulenleiter der Werdegang von Dan-L gebracht: „Ich habe seine Begabung erkannt, habe ihm ein bisschen Piano und Saxofon beigebracht und er hat sich immer weiter entwickelt.“ So etwas soll jetzt eben anderen Hiphop-Talenten auch ermöglicht werden.

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