Ein Kind zu wenig: Klasse aufgelöst

Zweibrücken · Beim Wechsel von der siebten in die achte Klasse behalten Schüler normalerweise sogar ihre Lehrer. Doch eine Klasse mit 23 Helmholtz-Gymnasiasten muss jetzt sogar komplett aufgelöst werden. Alles andere wäre ungerecht gegenüber anderen Schülern, begründet das Bildungsministerium die strikten Grenzen für die Klassenbildung.

Rheinland-Pfalz rühmt sich gerne mit im Bundesvergleich relativ kleinen Klassengrößen. Umso erstaunter sind Eltern und Schüler des Zweibrücker Helmholtz-Gymnasiums, dass dort nun eine Klasse mit 23 Schülern aufgelöst wird - obwohl es mancherorts deutlich kleinere Klassen gibt. Die neuen Achtklässler werden ab Montag auf die verbliebenen vier Klassen aufgeteilt. Diese sind dann mit jeweils 30 (in einem Fall 29) Schülern deutlich größer.

"Wir wurden am vorletzten Schultag von der Stufenleitung informiert, dass die Klasse aufgelöst wird", bestätigt die Elternsprecherin der bisherigen 7e, Manuela Schmidt, auf Merkur-Anfrage. "Die Schülerzahl der Stufe reiche nicht mehr aus, um fünf Klassen zu bilden." Dafür könne das Helmholtz aber nichts: "Die Problematik liegt nicht an der Schule - es gibt einfach nicht genug Lehrerstellen." Deshalb sei in der siebten Klasse auch schon kein Physik-Unterricht erteilt worden.

Die neue Helmholtz-Direktorin Kerstin Kiehm bedauert die Auflösung: "Das ist nichts, was man gerne tut. Es war aber leider notwendig, denn die neue Schülerzahl der Stufe lag knapp unter der vorgegebenen Klassen-Messzahl." Ab 120 Schülern dürfe man in den siebten und achten Jahrgangsstufen fünf Klassen bilden: "119 Schüler sind es jetzt geworden. Wir haben bis zum Ende probiert, fünf Klassen aufrechtzuerhalten. Wenn nur ein Kind dazugekommen wäre, etwa durch einen Umzug, hätten wir die Klasse nicht auflösen müssen." Um nicht unnötig Beunruhigung zu schaffen, seien die Elternvertreter erst in der letzten Woche vor Ferienbeginn informiert worden. Um den Schülern den Wechsel in neue Klassen leichter zu machen, habe man sie Wünsche äußern lassen, mit wem sie künftig zusammen in einer Klasse sein möchten, "und die Schüler dann nach sozialen und pädagogischen Gesichtspunkten auf die vier verbliebenen Klassen aufgeteilt", berichtet Kiehm. Zudem gebe es nächsten Freitag "für alle Achter einen Klassentag, um sich kennenzulernen und zusammenzufinden". Wobei sich viele Schüler auch schon durch klassenübergreifende Sport- oder Fremdsprachengruppen kennten.

Das Bildungsministerium bestätigt Kiehms Aussage, dass die Schule keine andere Wahl hatte, als die Klasse aufzulösen. Denn in Rheinland-Pfalz liegt der sogenannte Klassenteiler in den Jahrgangsstufen sieben bis neun bei 30. "Klassenteiler" bedeutet: Die Schülergesamtzahl der jeweiligen Stufe wird durch die Zahl der Klassen geteilt. Ist das Ergebnis größer als 30, muss eine weitere Klasse gebildet werden.

In diesem Fall ergibt 119 Schüler geteilt durch vier 29,75 Schüler pro Klasse - das ist weniger als 30, also muss die fünfte Klasse aufgelöst werden. Wären aber in einer Jahrgangsstufe zum Beispiel nur 61 Schüler , ergäbe geteilt durch zwei 30,5 Schüler pro Klasse - das ist zu viel, also würden drei Klassen gebildet werden. Die wären mit 20 und 21 Schülern sogar kleiner als die jetzt aufgelöste Helmholtz-Klasse.

Ministeriumssprecher Wolf-Jürgen Karle hat zwar Verständnis dafür, dass Betroffene sich ärgern, wenn ihre Klasse aufgelöst wird und die Kinder in neue, größere Klassen verteilt werden. Irgendwo müsse man aber bei den Klassenteilern eine Grenze ziehen. "Und schon aus Gerechtigkeitsgründen gegenüber allen anderen Schülern in Rheinland-Pfalz kann man keine Ausnahme machen - sonst zeigen andere Leute mit dem Finger darauf und wollen die gleiche Ausnahme." Schulen müssten deshalb vor jedem Schuljahr prüfen, ob Klassen aufgelöst und neu geschaffen werden müssen.

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HintergrundDie Klassengrößen legt jedes Bundesland fest. Meist sind sie in den Grundschulen kleiner als auf den weiterführenden Schulen. In Rheinland-Pfalz liegt der Klassenteiler in den Grundschulen mittlerweile nur noch bei 24 (das heißt, ab dieser Zahl wird eine weitere Klasse geschaffen). Bei den Gymnasien liegt der Klassenteiler in den fünften und sechsten Klassen im gerade beginnenden Schuljahr bei 28, wird aber in den beiden Folgejahren schrittweise auf 25 gesenkt, und damit an die Realschulen plus angepasst. In der siebten bis neunten Klasse bleibt der Klassenteiler mit 30 deutlich größer. "Das ist ein Bruch", räumt Bildungsministeriumssprecher Wolf-Jürgen Karle unumwunden ein. "Aber in den höheren Stufen die Klassengrößen auch zu reduzieren, würde so viel Personalressourcen brauchen, dass man das einfach nicht einrichten kann." Nicht nur aus finanziellen Gründen: "Da bräuchten wir Hunderte von weiteren neuen Lehrern - so reichlich gesegnet sind wir leider nicht." lf

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