Landgericht Zweibrücken Ehemaliger Pirat bittet um eine zweite Chance

Zweibrücken · Vor dem Zweibrücker Landgericht muss sich ein Somalier verantworten, der in seiner Heimat in eine Schiffsentführung involviert gewesen sein soll.

 Ein Schnellboot der somalischen Küstenwache auf der Jagd nach Piraten. Der Piraterie ist auch ein Somalier vor dem Zweibrücker Landgericht angeklagt. Die Staatsanwaltschaft fordert drei Jahre Haft.

Ein Schnellboot der somalischen Küstenwache auf der Jagd nach Piraten. Der Piraterie ist auch ein Somalier vor dem Zweibrücker Landgericht angeklagt. Die Staatsanwaltschaft fordert drei Jahre Haft.

Foto: picture alliance / dpa/Eva Krafczyk

Gestern ist der Prozess am Landgericht Zweibrücken um einen jungen Somalier, der bei einer Schiffsentführung im Mai 2012 beteiligt war, in die heiße Phase gegangen. Weil er damals mutmaßlich 19 Jahre alt war, soll Jugendrecht zur Anwendung kommen. Die Staatsanwaltschaft fordert drei Jahre wegen Beihilfe, die Verteidigung zwei Jahre. Unterdessen fürchtet der Angeklagte Blutrache, weil er umfänglich ausgepackt hat.Der heute 25-jährige Somalier, der im Landkreis Südwestpfalz als Asylbewerber wohnhaft ist, hat seine Beteiligung voll gestanden. Er war zunächst an Land für das Hüten der Ziegen verantwortlich, die zur Verpflegung der rund 50 Piraten und 26 Geiseln des Öltankers dienten. Später wurde er zur Bewachung der Geiseln eingeteilt und hielt diese mit einem Gewehr in Schach.

Bei der gestrigen Verhandlung wurde nun bekannt, dass der junge Mann bei den Vernehmungen alles ausgesagt hatte, was er über die Entführung wusste. Er nannte Namen und Spitznamen der Strippenzieher und identifizierte diese auch auf Facebook. Als Zeuge war dazu der Mann geladen, der ihn verhört hatte. Dieser bestätigte, was auch schon die vorherigen Zeugen gesagt hatten, nämlich dass der mutmaßliche Pirat ungemein höflich, kooperativ und sehr glaubhaft gewirkt habe. „Ich glaube nicht, dass er etwas verschwiegen oder gelogen hat“, so der Zeuge.

Doch genau diese Offenheit macht dem Angeklagten nun zu schaffen. Im Laufe des gestrigen Prozesstages sagte der Angeklagte mehrfach, dass er um sein Leben fürchte. Sollte er zurück nach Somalia müssen, dann seien Konsequenzen wie Gewalt, Folter oder gar Tod nicht ausgeschlossen. Auch in Europa gebe es Hintermänner und Strippenzieher, vor denen er sich fürchte. Der Dolmetscher, selbst ein Somalier, erklärte: „Tatsächlich darf man das Thema Blutrache nicht unterschätzen. Da herrschen schlimme Zustände und raue Sitten.“

Im Rahmen der Verhandlung wurde auch das Erpresserschreiben in Augenschein genommen. „Das sieht erstaunlich professionell aus“, merkte der Vorsitzende Richter an. „Sogar mit Stempel der Jamal Pirate Action Group,“, so der Richter. Da das Schreiben aber für den vorliegenden Fall nicht von Bedeutung sei, wurde es nicht weiter benötigt.

Ebenfalls gehört wurde ein Vertreter der Jugendgerichtshilfe. Dieser sagte aus, dass der Angeklagte bis zu seiner Verhaftung einen Ein-Euro-Job ausgeübt habe und sich sehr um eine Integration sowie um die Verbesserung seiner Deutschkenntnisse bemüht habe. Auch in Haft besuche er zweimal die Woche einen Deutschkurs und arbeite im Gefängnis mit. „Er will und er lernt schnell“, so der Jugendgerichtshelfer.

Der Angeklagte selbst gab zu Protokoll, dass er das meiste verstehe, allerdings noch nicht in der Lage sei, immer die richtigen Worte zu finden, um im Gespräch aktiv mitzuwirken. Daran arbeite er derzeit. Er wünschte sich nach Verbüßung seiner Strafe eine zweite Chance.

Beim Plädoyer des Staatsanwaltes wurde dieses Bemühen um Arbeit und Integration positiv bewertet. „Er hat sich seit seiner Ankunft in Deutschland nichts zu Schulden kommen lassen“, so der Staatsanwalt. Es sei auch davon auszugehen, dass der Angeklagte ein Befehlsempfänger war, selbst keine Entscheidungen getroffen habe und auch nicht selbst an der Planung der Schiffsentführung beteiligt war. Außerdem solle Jugendrecht zur Anwendung kommen. Die Staatsanwaltschaft plädierte daher auf Beihilfe und auf drei Jahre Haft. Die Verteidigung plädierte auf zwei Jahre, schloss sich im großen und ganzen aber der Argumentation des Staatsanwaltes an.

Der Angeklagte hatte das letzte Wort. „Ich möchte mich bedanken, dass ich tadellos behandelt wurde. Ich bekenne mich schuldig. Aber bitte sehen Sie auch, dass ich kein Krimineller bin. Ich habe mir weder auf der Flucht nach noch hier in Deutschland etwas zu Schulden kommen lassen. Ich habe jeden Tag gearbeitet. Ich bitte Sie um eine zweite Chance.“

Das Urteil soll am kommenden Donnerstag, 26. Juli, am Landesgericht in Zweibrücken verkündet werden.

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