Kron- und Belastungszeuge vor Gericht Drogenhandel-Idee nahm in Kult-Kneipe Gestalt an

Zweibrücken · Vor dem Landgericht haben die Angeklagten berichtet, wie sie auf die schiefe Bahn geraten sind.

Drogenkarriere in Zweibrücker Kult-Kneipe gestartet
Foto: Rainer Ulm

Es gibt für alles ein erstes Mal, sagt man. So auch für die Idee, sich doch mal im Drogenhandel zu versuchen. Im Mai 2018 hätten sich er und ein Bekannter in einer Zweibrücker Kult-Kneipe mit einem Finanzier, einem saarpfälzischen Geschäftsmann, getroffen, der das Geld für den angestrebten Rauschgifthandel vorstrecken sollte, berichtete einer der beiden Angeklagten am Freitag vor der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken. Dort müssen sich seit dem 5. April der 38-jährige Saarpfälzer und ein 24-jähriger Zweibrücker wegen des Vorwurfs des Drogenhandels verantworten.

Die beiden jungen Männer kennen sich im Gerichtssaal 4 schon aus. Denn dort hatten sie bereits in den seit April 2021 am Landgericht Zweibrücken parallel gelaufenen vier Verfahren, die nach zwei Jahren Dauer im Januar abgeschlossen werden konnten (wir berichteten), als Kron- beziehungsweise Belastungszeugen gegen ehemals elf Mitglieder einer Drogenbande Rede und Antwort gestanden – und so nicht unwesentlich zur Aufklärung der Rauschgiftdelikte beigetragen.

Nun müssen sie sich selbst – sozusagen in eigener Sache – vor der Strafkammer verantworten. Staatsanwalt Patrick Langendörfer hatte dem 38-jährigen Saarpfälzer, der sich derzeit in einem Zeugenschutzprogramm befindet, zum Prozessauftakt „37 Fälle eines gewerbsmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge“ im Zeitraum 2018 bis 2020 vorgeworfen – begangen „in Zweibrücken und andernorts“. In acht dieser Fälle soll er gemeinsam mit dem 24-Jährigen und einem weiteren, gesondert verfolgten Angeklagten bandenmäßig gehandelt haben. Dem jüngeren Angeklagten legte der Staatsanwalt 15 Fälle zur Last. Laut Anklageschrift sollen der Saarpfälzer 251 300 Euro und der Zweibrücker 103 000 Euro mit den Drogengeschäften verdient haben.

Nachdem sich die beiden Angeklagten an den bisherigen Verhandlungstagen zu persönlichen Dingen geäußert hatten, ging es nun buchstäblich „zur Sache“. Sein Mandant räume „alle Vorwürfe der Anklageschrift ohne Wenn und Aber vollumfänglich“ ein, antwortete der Verteidiger des 38-jährigen Saarpfälzers, der Zweibrücker Rechtsanwalt Max Kampschulte, auf eine entsprechende Frage der Vorsitzenden Richterin Susanne Thomas. Und die für ihre akribische Verhandlungsführung bekannte Juristin packte die Gelegenheit beim Schopf und ließ den 38-Jährigen die Erinnerung an die teilweise mehr als fünf Jahre zurückliegenden Straftaten wachrufen – eine nach der anderen. So erzählte der Angeklagte auch von jenem Kneipen-Treffen, mit dem seine Drogenhändler-Karriere ihren Lauf nahm. Zu einem Zeitpunkt, als ihm nach eigenen Angaben die Schulden – auch in der Folge seiner Spielsucht – über den Kopf gewachsen, die Überziehungskredite seines und des Bankkontos seiner Freundin ausgereizt waren. Um sich eine zusätzliche Einnahmequelle zu erschließen, sei er, der damals als Krankenpfleger in einem saarländischen Klinikum tätig war, auf die Idee gekommen, es mit Rauschgifthandel zu versuchen: „Ich wollte das einmal ausprobieren.“ Zumal er gewusst habe, dass einer seiner Jugendfreunde aus Hochspeyer „etwas mit Drogen“ zu tun hatten, berichtete der 38-Jährige. Weil er seinerzeit aber knapp bei Kasse gewesen sei, hätten sich er und ein ebenfalls an besagtem Kneipentreffen teilnehmender Bekannter, der bereits über einen „Abnehmerkreis“ potenzieller Konsumenten verfügte, von dem Geschäftsmann 6000 Euro geliehen – „gegen eine Provision von 500 Euro“. Von dem Kredit sollte kiloweise Marihuana bei dem Jugendfreund gekauft und in der Saar- und Südwestpfalz an den Mann oder die Frau gebracht werden – mit Gewinn. So hatte damals alles angefangen. Viele Geschäfte mit Marihuana, mit der synthetischen Droge Amphetamin und sogar mit Kokain folgten.

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