Auch rechtsxtreme Inhalte gefunden – Prozess in Zweibrücken „Nachlieferung“ entschlüsselter Dateien aus Drogendealer-Handys ausgewertet

Zweibrücken · Das Landgericht Zweibrücken hat vergangene Woche die vier parallel laufenden Verhandlungen gegen insgesamt elf Männer fortgesetzt, die in der Südwest- und Saarpfalz gemeinsam mit Rauschgift gehandelt haben sollen.

 Zur Freude der Ermittler war der Encrochat-Chatdienst nicht so abshörsicher wie vom Betreiber angepriesen.

Zur Freude der Ermittler war der Encrochat-Chatdienst nicht so abshörsicher wie vom Betreiber angepriesen.

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Nach über einem Jahr Dauer gibt es neue Erkenntnisse im Drogenbanden-Prozess. Dessen vier parallel laufende Verhandlungen vor dem Landgericht Zweibrücken gegen insgesamt elf Männer sind vergangene Woche fortgesetzt worden. Dabei gab ein Beamter der Kriminaldirektion Kaiserslautern zu Protokoll, dass seine Behörde vor einiger Zeit eine „Nachlieferung“ von entschlüsselten Encrochat-Dateien erhalten habe, die die „Aktivitäten“ von mehreren Angeklagter belegten. Die Dateien habe das Bundeskriminalamt (BKA) übermittelt.

Rückblende: Französischen und niederländischen Ermittlern war im Frühjahr 2020 ein Hackerangriff auf das Encrochat-Netzwerk gelungen. Dadurch konnten die Handys von Zehntausenden Kriminellen überwacht werden. Die Chatverläufe deutscher Nutzer wurden über Europol an die Landeskriminalämter zur Auswertung übermittelt. Infolge der Entschlüsselung des von Encrochat als abhörsicher gepriesenen Netzwerks wurden in Deutschland Hunderte Strafverfahren eingeleitet, so auch am Landgericht Zweibrücken. Dort sind seit April 2021 die elf Männer wegen bandenmäßigen Drogenhandels angeklagt. Sie sollen sich laut Anklage Mitte 2018 zusammengeschlossen und bis November 2020 in über 100 Fällen kiloweise Betäubungsmittel im Millionen-Wert umgeschlagen haben. Dabei hätten sie Marihuana, Amphetamin, Kokain und Haschisch bei Lieferanten vor allem im Rhein-Main-Gebiet oder übers Internet erworben und in der Südwest- und Saarpfalz, auch in Zweibrücken, weiterverkauft.

In der vergangenen Woche berichtete der Kaiserslauterer Kriminalbeamte nun davon, dass mit Hilfe der neuen Daten der Nachweis geführt werden konnte, über welche Wege die Drogen geliefert, abgenommen, verteilt, bezahlt und wo sie wie lange gebunkert worden waren. Dabei seien weitere „interessante Sachen“ gefunden worden, so der 43-jährige Beamte. So seien bei einem der Hauptangeklagten, einem 36-jährigen Hochspeyerer, Chats antisemitischen und rechtsradikalen Inhalts entdeckt worden, in denen bestimmte Menschengruppen „diffamiert wurden“ – versehen mit entsprechenden „Stickern“, sogenannten Emojis (Piktogramme). In den entschlüsselten Chats sei es auch um die Anbahnung zukünftiger Drogengeschäfte gegangen. So habe einer der Männer versucht, Kontakt mit einem potenziellen Lieferanten in den Niederlanden aufzunehmen. Ein anderes Mal sei darüber diskutiert worden, wie man an einen in einem Seehafen (gemeint war wohl der von Rotterdam) angelandeten Container herankommen könne, „noch bevor der Zoll drangeht“. Manchmal seien auf den Handys der Beschuldigten aber auch keine „relevanten Chats“ gefunden worden – jedenfalls keine, die auf einen Rauschgifthandel hindeuten könnten, sagte der Kriminalbeamte weiter aus. Gezielte Observation, bei denen die Ermittler die Männer fast ununterbrochen im Auge behalten hätten, seien da etwas ergiebiger gewesen. Dabei habe man besonders das Geschehen rings um die Bunkerwohnungen in Hochspeyer, Kaiserslautern und Zweibrücken beobachtet, wo mehrere Kilogramm Drogen zwischengelagert worden seien – stets bereit zur Abholung und Weiterverteilung.

Die Verhandlungen werden fortgesetzt.

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