Drogen-Mammutprozesse am Landgericht Zweibrücken OLG setzt vier von elf mutmaßlichen Dealern auf freien Fuß

Zweibrücken · Das Landgericht Zweibrücken hat zwei der vier parallel laufenden Verhandlungen gegen insgesamt elf Männer fortgesetzt, die in der Südwestpfalz und Saarpfalz gemeinsam mit Rauschgift gehandelt haben sollen. Einige kannten sich schon seit frühester Jugend. Doch ihr Verhältnis war manchmal getrübt.

 Hinter dem Rücken von Bismarck verhandelt das Landgericht Zweibrücken über eine Drogendealerbande.

Hinter dem Rücken von Bismarck verhandelt das Landgericht Zweibrücken über eine Drogendealerbande.

Foto: Rainer Ulm

Überraschung am Landgericht Zweibrücken: Zwei der elf wegen bandenmäßigen Drogenhandels in den vier seit April vergangenen Jahres parallel laufenden Verfahren angeklagten jungen Männer betraten in der vergangenen Woche unbewacht und ohne Handschellen den Gerichtssaal.

Ihrer offensichtlichen Entlassung aus der Untersuchungshaft vorausgegangen waren nach Informationen unserer Zeitung gleich mehrere Haftbeschwerden, die die Verteidiger der beiden 31- und 32-jährigen Männer aus Kaiserslautern und Hochspeyer beim Landgericht eingelegt hatten. Zunächst erfolglos. Bis sich das Pfälzische Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken der Sache annahm und schließlich in der vergangenen Woche befand, dass die lange Verfahrensdauer mit dem „Gebot der Verfahrensbeschleunigung“ nicht vereinbar sei.

Die beschwerdeführenden Verteidiger hatten zudem die zu „geringe Termindichte“ moniert. Demnach habe es in 49 Wochen lediglich 36 Verhandlungstermine gegeben, was auf einen für ihre Mandanten nicht hinnehmbaren „schleppenden“ Fortgang des Prozesses hinweise. Kurzum: Die Länge der Untersuchungshaft sei unverhältnismäßig. Deshalb seien ihre Mandanten zu entlassen, zumal wohl weder eine Verdunkelungs- noch eine Wiederholungs- oder eine Fluchtgefahr bestünden.

Eine Argumentation, die das OLG offenbar geteilt hat. Weshalb die in diesen Verfahren federführende Staatsanwaltschaft Zweibrücken noch am gleichen Tag die Entlassung der Angeklagten aus der Untersuchungshaft anordnen musste.

Damit befinden sich nun vier der elf mutmaßlichen Drogenbandenmitglieder wieder auf freiem Fuß – zumindest vorübergehend. Die anderen beiden Männer musste die Staatsanwaltschaft ebenfalls auf Drängen von deren Verteidigern jüngst aus der Untersuchungshaft entlassen. Und da waren‘s nur noch sieben. Womit diese Angeklagten allerdings noch lange nicht freigesprochen wurden.

Denn zu viel spricht gegen sie. Staatsanwältin Karin Ephan und Staatsanwalt Christian Horraswirft hatten den elf Männern zu Prozessbeginn im April 2021 vorgeworfen, sich Mitte 2018 zu einer Bande zusammengeschlossen und gemeinsam bis November 2020 in über 100 Fällen kiloweise Betäubungsmittel im Millionen-Wert umgeschlagen zu haben. Dabei sollen die Männer Marihuana, Amphetamin, Kokain und Haschisch bei Lieferanten vor allem im Rhein-Main-Gebiet oder Internet erworben und in der Südwest- und Saarpfalz, so auch in Pirmasens und Zweibrücken, weiterverkauft haben (wir berichteten).

Dass die Angeklagten, die sich teilweise schon seit frühester Jugend kennen und im selben Ort aufwuchsen, in der fraglichen Zeit oft miteinander kommuniziert hatten, belegte ein Beamter der Kriminaldirektion Kaiserslautern mit mehreren Mitschnitten von abgehörten Telefongesprächen, die er nun der Strafkammer im Landgericht vorspielte. Mal verabredete sich einer der nun Angeklagten darin mit einem anderen „auf einem Parkplatz“, mal beschimpfte eine Ex-Ehefrau einen der Angeklagten, weil er ihre Konten gesperrt habe und drohte ihm, die Polizei einzuschalten, mal tauschten sich die Angeklagten über die Preisgestaltung (wohl hinsichtlich der Drogengeschäfte) aus („Wir müssen versuchen, so viel wie möglich rauszuholen“) und mal warf der eine dem anderen vor, dass er sich „mir gegenüber verändert“ habe, also nicht mehr so freundlich sei wie früher, was zu jener Zeit wohl auch die geschäftlichen Beziehungen belastet hatte.

Zum Teil waren da eher banale Dinge zu hören, die keine konkreten Hinweise auf einen den Angeklagten vorgeworfenen bandenmäßigen Drogenhandel gaben. Die Strafkammer wolle sich die Telefonmitschnitte aber dennoch zu Gemüte führen, „um sich ein Gesamtbild machen zu können“, stellte die Vorsitzende Richterin Susanne Thomas auf eine entsprechende Frage eines Verteidigers klar. – Die Verhandlungen werden fortgesetzt.

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