Drogenbanden-Prozesse am Landgericht Zweibrücken fortgesetzt Angeklagter Drogenhändler bricht sein Schweigen

Zweibrücken · 35-Jähriger berichtete in einem der vier parallelen Banden-Prozesse am Landgericht Zweibrücken über sein schwieriges Leben.

 Ein Anti-Gewalt-Training hatte bei dem Angeklagten möglicherweise wenig bewirkt, wie die Schilderung seines Lebenslaufs andeutete. (Archiv-Symbolbild, alle abgebildeten Personen haben nichts mit dem Prozess zu tun.)

Ein Anti-Gewalt-Training hatte bei dem Angeklagten möglicherweise wenig bewirkt, wie die Schilderung seines Lebenslaufs andeutete. (Archiv-Symbolbild, alle abgebildeten Personen haben nichts mit dem Prozess zu tun.)

Foto: dpa/dpaweb/Stefan Puchner

Zum ersten Mal hat einer der mutmaßlichen Mitglieder einer Drogenhändlerbande in dem Prozess mit drei angeklagten Männern den Mund aufgemacht – am 33. Verhandlungstag am Landgericht Zweibrücken. Allerdings berichtete der 35-Jährige in der vergangenen Verhandlungswoche nur – wenngleich sehr ausführlich – über seinen Werdegang, wollte sich zum Tatvorwurf aber weiter nicht äußern.

Staatsanwältin Karin Ephan und Staatsanwalt Christian Horras hatten den 23- bis 36-jährigen Männern zu Beginn der im April begonnenen Prozesse mit jeweils zwei, drei oder vier Angeklagten zur Last gelegt, sich Mitte 2018 zusammengeschlossen und bis November 2020 als Mitglieder einer Bande in über 100 Fällen im je zweistelligen Kilogramm-Bereich mit Betäubungsmitteln gehandelt und Drogen im Millionen-Wert umgeschlagen zu haben. Dabei sollen sie Marihuana, Amphetamin, Kokain und Haschisch bei Lieferanten im Rhein-Main-Gebiet oder übers Internet erworben und in Zweibrücken, Pirmasens, der Südwest- und Saarpfalz mit Gewinn weiterverkauft haben.

Zu den am 24. November 2020 bei einer Großrazzia Festgenommenen gehörte auch der 35-Jährige, der zuletzt in Kaiserslautern wohnte. Nun berichtete er, dass er im Iran geboren, als kleiner Junge 1989 mit seiner Familie nach Deutschland gekommen sei und mit zehn Jahren zum ersten mal Drogen konsumiert habe (seit dem 13. Lebensjahr regelmäßig). Glaubt man seinen Worten, muss für ihn mit Beginn der Schulzeit ein wahrer Leidensweg begonnen haben. So habe er eine Schule in Kaiserslautern verlassen müssen, weil er und seine Mutter dort beleidigt worden seien und er aufgrund dessen eine Schlägerei vom Zaun gebrochen habe. Auch auf einer örtlichen Berufsschule habe man ihn nicht lange haben wollen, weil man ihm „Fehlzeiten“ als sein Schulschwänzen angekreidet habe.

Danach habe er im Teppichhandel gejobbt und hinter der Theke einer Kneipe gearbeitet, sei schließlich zum ersten Mal wegen eines Drogendelikts im Gefängnis gelandet und 2008 entlassen worden. In der Jugendstrafanstalt Schifferstadt habe er auch ein Anti-Gewalt-Training absolviert, sich dann dem MMA verschrieben. MMA steht für Mixed Martial Arts (gemischte Kampfkünste). Nach eigenen Angaben nahm er auch in den Niederlanden an Wettbewerben teil. Weil er aber diesem umstrittenen Kampfsport wohl auch außerhalb des Rings nachgegangen war, wurde er 2010 wegen einer gefährlichen Körperverletzung verurteilt. Dann hielt er sich mit Jobs bei einem Werbemagazin, in einem Autohaus und im Kleiderhandel seiner Ex-Frau über Wasser.

Bis er 2014 abermals in Untersuchungshaft kam, weil er wieder in Konflikt mit dem Betäubungsmittelgesetz geraten war. Eigentlich habe er dann in Zweibrücken eine Ausbildung zum Mechatroniker beginnen wollen, sei aber nicht genommen worden, weil seinen potenziellen Arbeitgeber „meine Knastaufenthalte polarisiert haben“, wie es der 35-Jährige ausdrückte. Bereits im Gefängnis sei zunächst sein Versuch gescheitert, ein Fernstudium aufzunehmen, da die Anstaltsleitung ihm einen Laptop (tragbarer Computer) verweigert hätte. Und überhaupt sei man ihm in den Gefängnissen nicht gut gesonnen gewesen, weshalb er mehrmals in andere Justizvollzugsanstalten verlegt worden sei. So habe man ihn fälschlicherweise bezichtigt, einen Mitgefangenen angegriffen zu haben, was nicht stimme: „Das war aber nur eine verbale Auseinandersetzung.“ Er sei im Gefängnis immer nur ungerecht behandelt worden, behauptete er. Ob sich der 35-Jährige wohl jetzt gerecht behandelt fühlt? Dazu sagte er nichts.

Die Verhandlungen am Landgericht werden fortgesetzt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort