Landgericht Zweibrücken: Verhandlungen gegen Drogendealer-Bande Staatsanwälte sollen in den Zeugenstand

Zweibrücken · Der Anwalt eines wegen Drogenhandels Angeklagten will dadurch Informationen aus parallel laufenden Verfahren erhalten.

Es geht weiter: Nach einer mehrwöchigen Unterbrechung wegen der Erkrankung eines Richters hat die Erste Große Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken in dieser Woche die drei parallel laufenden Drogenbanden-Prozesse fortgesetzt. Gehört wurden mehrere Zeugen, die mit den mutmaßlichen Bandenmitgliedern in irgendeiner Form zu tun gehabt hatten oder sogar selbst an den Geschäften mit Betäubungsmitteln beteiligt waren.

Dabei kam es am Montag zu einem eher seltenen Beweisantrag: Der Verteidiger eines 35-jährigen Angeklagten, der Dürener Rechtsanwalt Christoph Rühlmann, forderte für seinen Mandanten „einen fairen Prozess und Chancengleichheit“. Vorausgegangen war, dass ein Zeuge jüngst in einem anderen der drei parallel laufenden Prozesse seinen Mandanten schwer belastet, die Aussage dann aber in dem Prozess gegen seinen Mandanten verweigert hatte. Den daraus resultieren „Wissensvorsprung“ der Ankläger, die – im Gegensatz zu ihm – auch in den anderen Prozessen anwesend seien, gelte es auszugleichen, verlangte Rechtsanwalt Rühlmann. Deshalb beantragte er, die in den einzelnen Verfahren federführende Staatsanwältin Karin Ephan und Staatsanwalt Christian Horras in den Zeugenstand zu rufen, um so etwas über die Aussage des Belastungszeugen in einem der anderen Prozesse zu erfahren – wegen der „Waffengleichheit“, wie er sagte. Über den Antrag des Verteidigers muss die Kammer noch entscheiden.

Staatsanwältin Ephan und Staatsanwalt Horras hatten den bislang überwiegend in Kaiserslautern und Umgebung lebenden neun 23- bis 35-jährigen Männern zu Beginn der drei seit April parallel laufenden Prozesse (ab der kommenden Woche soll ein Verfahren gegen weitere zwei mutmaßliche Drogenbanden-Mitglieder hinzukommen) mit jeweils zwei, drei und vier Angeklagten vorgeworfen, sich Mitte 2018 zusammengeschlossen und bis November 2020 gewerbsmäßig als Mitglieder einer Bande in über 100 Fällen im je zweistelligen Kilogramm-Bereich mit Betäubungsmitteln gehandelt und Drogen im Wert von mehreren Millionen Euro umgeschlagen zu haben. Dabei sollen sie zunächst Rauschgifte wie Marihuana, Amphetamin, Kokain und Haschisch bei Lieferanten im Rhein-Main-Gebiet oder übers Internet erworben und in Zweibrücken, in der Südwest- und in der Saarpfalz gewinnbringend weiterverkauft haben. Diese neun Männer und fünf weitere waren in den frühen Morgenstunden des 24. November 2020 bei einer Großrazzia der Staatsanwaltschaft Zweibrücken und der Kriminaldirektion Kaiserslautern in ihren Wohnungen im Bereich Kaiserslautern, im Rhein-Neckar-Raum und im Saarpfalz-Kreis festgenommen worden (wir berichteten).

Am Mittwoch und am Donnerstag waren zwei weitere Belastungszeugen, ein 35-jähriger Blieskasteler und ein 23-jähriger Zweibrücker, die im Tatzeitraum in Hochspeyer beziehungsweise im Saarpfalz-Kreis lebten, in den Prozessen mit vier beziehungsweise drei Angeklagten gehört worden – wobei einer der Angeklagten und dessen Verteidiger fehlten, weil der Rechtsanwalt sich kurzfristig wegen Corona-Verdachts hatte in Quarantäne begeben müssen. Die beiden Belastungszeugen berichteten in der Verhandlung, bei welchem der Angeklagten sie Marihuana und Amphetamin abgeholt und das Drogengeld übergeben hatten. Demnach waren die Betäubungsmittel-Geschäfte damals in Hinterzimmern von Kneipen und Bars in Kaiserslautern angebahnt worden, die Drogen dort gleich kiloweise quasi über den Tresen gegangen oder aus den Wohnungen der Angeklagten in und um Kaiserslautern abgeholt worden.

Von der Vorsitzenden Richterin Susanne Thomas gefragt, weshalb er seinerzeit unbedingt habe ins Drogengeschäft einsteigen wollen, antwortete der 23-Jährige, der damals als Zeitsoldat in Zweibrücken stationiert war: aus Geldnot. Er habe damals 30 000 Euro Schulden gehabt, verursacht durch seine Teilnahme an Online-Glücksspielen: „Ich habe dabei viel Geld verloren.“ Auch er muss sich demnächst in einem gesonderten Verfahren verantworten.

Die Prozesse werden fortgesetzt.

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