Banden-Prozess am Landgericht Zweibrücken Verteidiger von Drogendealer plädiert auf „Binnengerechtigkeit“

Zweibrücken · Am Landgericht Zweibrücken sind im letzten der einst vier parallel laufenden Drogenbanden-Prozesse die Plädoyers gehalten worden.

Beim Strafmaß gegen seinen Mandanten müsse auch mit den weit schwerwiegenderen Tatvorwürfen gegen die bislang Verurteilten abgewogen werden, forderte der Verteidiger. (Symbolbild)

Beim Strafmaß gegen seinen Mandanten müsse auch mit den weit schwerwiegenderen Tatvorwürfen gegen die bislang Verurteilten abgewogen werden, forderte der Verteidiger. (Symbolbild)

Foto: picture alliance / dpa/David Ebener

Nein, sein Mandant sei kein Mitglied der Drogenhändlerbande gewesen. Er sei noch nicht einmal vorbestraft, argumentierte der Verteidiger des 31-Jährigen, Rechtsanwalt Alexander Klein aus Ludwigshafen, vergangene Woche während seines Plädoyers vor der Ersten Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken.

Zudem reklamierte der Verteidiger eine, wie er es nannte, „Binnengerechtigkeit“. Denn die anderen zehn Mitangeklagten – inzwischen in drei weiteren eineinhalb Jahre parallel laufenden Drogenbanden-Prozessen zu bis zu elf Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt – seien im Gegensatz zu seinem Mandanten überwiegend „Berufsverbrecher“, was man dem 31-Jährigen nicht nachsagen könne. Deshalb beantragte der Anwalt, der dem Angeklagten gemeinsam mit seinem Kollegen Sebastian Göthlich zur Seite stand, seinen Mandanten wegen Drogenhandels zu sieben Jahren Haft zu verurteilen.

Ein deutlicher Unterschied zur Forderung des Anklagevertreters: Staatsanwalt Christian Horras hatte zuvor verlangt, den 31-Jährigen wegen Drogenhandels in 23 Fällen mit elf Jahren Haft zu bestrafen. Allerdings ging auch er davon aus, dass der Mann kein Mitglied der Bande war. Zudem beantragte der Staatsanwalt, bei dem 31-Jährigen den Tat-Ertrag von 671 000 Euro einzuziehen. Auf die Rückgabe der bei ihm sichergestellten drei Motorräder und des Caddys hatte der Angeklagte bereits in einer vorherigen Verhandlung verzichtet. Unter anderem in diese Fahrzeuge und in Eigentumswohnungen in Freinsheim und in Mutterstadt will er nach eigenen Angaben die Drogengelder investiert haben. Wobei er in der Wohnung in Mutterstadt kiloweise Drogen wie Marihuana und Amphetamin „gebunkert“ und die Wohnung im Weinstädtchen Freinsheim auch als „Labor“ genutzt habe, in der er Kokain „gestreckt“ habe, wie er zugab.

Das Urteil in diesem letzten der ursprünglich vier parallel laufenden Prozesse soll am nächsten Freitag verkündet werden. Zwei in dem Verfahren gegen den 31-Jährigen einst mitangeklagte 33- und 36-jährige Männer sind bereits zu neun beziehungsweise zu elf Jahren Gefängnis verurteilt worden (wir berichteten).

Zu Beginn der vier seit April 2021 am Landgericht laufenden Prozesse hatte die Staatsanwaltschaft den ursprünglich elf Männern bandenmäßigen Drogenhandel vorgeworfen. Sie hätten sich Mitte 2018 zusammengeschlossen und bis zu ihrer Festnahme am 24. November 2020 in weit über 100 Fällen kiloweise Betäubungsmittel im Millionen-Wert umgeschlagen. Sie hätten Marihuana, Amphetamin, Kokain und Haschisch bei Lieferanten vor allem im Rhein-Main-Gebiet oder übers Internet erworben und im Raum Zweibrücken/Pirmasens/Südwestpfalz/Saarpfalz weiterverkauft.

Bei ihren Recherchen spielte der Staatsanwaltschaft in die Karten, dass französischen und niederländischen Ermittlern in Zusammenarbeit mit den EU-Behörden Europol und Eurojust im Frühjahr 2020 ein Hackerangriff auf das vielfach von Kriminellen genutzte Encrochat-Netzwerk gelungen war. Infolge der Entschlüsselung des vom Betreiber Encrochat einst großspurig als abhörsicher gepriesenen Kurznachrichtendienstes und der Weitergabe der Daten an deutsche Justizbehörden wurden an jenem 24. November 2020 Hunderte Tatverdächtige festgenommen und anschließend Verfahren eingeleitet, so eben auch am Landgericht Zweibrücken.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort