Mieter-Firmen erwarten Entmietung – Suche nach Ersatz in Zweibrücken schwierig Dorndorf-Gewerbepark vor dem Aus?

Zweibrücken · Nach dem Abriss der Parkbrauerei müssen sich wohl auch die Betriebe in der einst letzten Zweibrücker Schuhfabrik auf die schwierige Suche nach neuen Räumen machen. Denn Rieker wolle das Gebäude entmieten.

 Der Dorndorf-Gewerbepark in Zweibrücken-Niederauerbach am Mittwochnachmittag.

Der Dorndorf-Gewerbepark in Zweibrücken-Niederauerbach am Mittwochnachmittag.

Foto: Nadine Lang

Zweibrücken droht der Verlust eines der größten Angebote von Gewerbeflächen: Der Dorndorf-Gewerbepark in Niederauerbach scheint vor dem Aus zu stehen. „Die Firma Rieker entmietet momentan das ganze Gebäude. Dies verschärft die Lagerraum- und Gewerbeflächensituation in Zweibrücken noch mehr“, erklärte am Mittwoch zunächst der Niederauerbacher Stadtrat Thorsten Gries.

„Die SPD hat dort auch einen Lagerraum gemietet, am Montag ist die Kündigung zum Mai gekommen“, sagte Gries in einem Merkur-Gespräch. Für die Sozialdemokraten sei er zwar optimistisch, Ersatz zu finden, schließlich lagere man dort nur Wahlkampf-Utensilien. Aber nach dem Abriss der Ex-Parkbrauerei 2020, wodurch viele kleine Firmen ihre Unterkunft verloren, seien (vor allem günstige) Gewerbeflächen in Zweibrücken Mangelware – viele größere Dorndorf-Mieter hätten es deshalb sicher schwer mit der Suche. Wie er von anderen Mietern gehört habe, wolle der Eigentümer, „Rieker Immobilien“ aus der Zentrale der Schuhfirma in Tuttlingen, das Gebäude leerstehen lassen.

Susanne Gauf betreibt im Dorndorf-Gewerbepark seit 13 Jahren das Tanzstudio Sandance. Sie hat zwar noch keine Kündigung für ihren 80-Quadratmeter-Saal erhalten – aber infolge der Spekulationen durch die ersten verschickten Kündigungen bei Rieker Immobilien angefragt. „Ich habe heute Antwort bekommen.“ Gauf fasst auf Merkur-Anfrage zusammen: „Der Dorndorf-Gewerbepark soll bis Ende des Jahres geräumt werden.“ Sie bedauere dies sehr, denn obwohl der Vermieter sich kaum noch um das Gebäude gekümmert habe, sei „die Location perfekt für mich“. Sie sei schon auf der Suche nach neuen Räumen. Dies sei schwierig, deshalb würde sie sich über Angebote freuen.

Der wohl größte Mieter ist Semtron (Kabelkonfektion – Elektronische Geräte) mit 22 Beschäftigten. Firmenchef Markus Semar sagt, mehrere kleinere Mieter hätten schon Kündigungen erhalten. Er selbst habe zwar noch nichts Schriftliches, aber vor zweieinhalb Wochen von dem für Zweibrücken zuständigen „Rieker Immobilien“-Mann erfahren, dass er bis zum 31. Dezember ausziehen müsse. „Andeutungsweise“ habe er gehört, die Kosten in dem alten Gebäude für weitere Investitionen (zum Beispiel Wärmedämmung oder Brandschutz, vermutet Semar) seien so hoch, dass Rieker es lieber leerstehen lasse als weiter zu betreiben.

Die Entscheidung bei Rieker müsse kurzfristig gefallen sein, vermutet Semar. Denn er selbst habe vor vier Wochen von seinen 2000 Quadratmetern Mietfläche eine 700-Quadratmeter-Halle gekündigt, um diese gegen etwas Kleineres im Dorndorf-Gewebepark zu tauschen, in Gesprächen darüber sei Rieker noch „sehr hilfreich“ gewesen, „von einer Schließung war da noch keine Rede“.

Semtron zog 2008 aus Contwig zu Dorndorf um und ist damit „einer der längsten Mieter“, erzählt Semar. Er sei bereits intensiv auf der Suche nach neuen Flächen, möglichst in Zweibrücken (wobei ihn dort die hohe Gewerbesteuer störe und er bislang nichts Passendes gefunden habe), aber auch in den Nachbarlandkreisen Südwestpfalz und Saarpfalz prüfe er bereits Flächen.

 Wie groß der Dorndorf-Bau ist, zeigt dieses 1970er Jahre-Bild.

Wie groß der Dorndorf-Bau ist, zeigt dieses 1970er Jahre-Bild.

Foto: Stadtarchiv Zweibrücken

Die Zweibrücker Wirtschaftsförderung habe er über die geplante Dorndorf-Entmietung informiert. Sie versuche daraufhin „schon seit Wochen, bei Rieker Immobilien jemand zu erreichen, aber keiner hebt ab“, sagt Semar.

Stadtsprecher Jens John sagte eine Stunde zuvor dem Merkur: „Wir haben von einem Mieter von Kündigungen gehört. Unsere Wirtschaftsförderung hat daraufhin bei Rieker Immobilien um Rückruf gebeten.“

Auf die Merkur-Anfrage vom Mittwoch antwortete Rieker Immobilien noch nicht – der Dorndorf-Gewerbepark-Betreuer sei in Urlaub. (UPDATE: Eine Antwort kam am Montag, Link zur Meldung.) Nach Einschätzung von Immobilien-Experten könnte ein Abriss und Neubau für Rieker attraktiver sein als weitere Investitionen. Die gute Lage – hinzu kommt bald in unmittelbarer Nachbarschaft ein Lidl-Neubau.

Jeanette Wenskat arbeitet in der von ihrem Mann Tomas Wenskat geführten Schmerztherapie-Praxis „Die Lebensläufer“. Sie berichtet: „Wir haben bisher nur Gerüchte gehört, der Dorndorf-Gewerbepark werde entmietet, aber noch nichts Offizielles bekommen.“ Allerdings habe sie aus „Rieker-Immobilien“-Kreisen am Rande eines Geprächs vor einigen Tagen erfahren, das Gebäude solle komplett geleert werden. Bereits jetzt werde nur noch wenig in dem Gebäude gemacht. So sei der Aufzug in „ihren“ gut belegten vierten Stock seit sieben Wochen kaputt. Dass ihr Mietvertrag noch bis 30. Juni zu Ende Dezember kündbar ist, sei wohl der Grund, dass sie noch nichts schriftlich hat, vermutet Wenskat. Wie auch immer: „Wir werden uns auf jeden Fall auf die Suche nach neuen Räumlichkeiten machen. Das ist uns zu heiß, um abzuwarten.“

Urban Evin produziert und vertreibt im Dorndorf-Gewerbepark seit 16 Jahren auf 200 Quadratmetern Bürositzmöbel. Er habe zwar eine Kündigung bekommen, bestätigt Evin – aber einen Ersatz-Mietvertrag abgeschlossen. Bislang betrug seine Kündigungsfrist zwei Jahre, das sei nun auf ein Quartal verkürzt. Der neue Vertrag garantiere ihm aber, mindestens bis Jahresende im Dorndorf-Gewerbepark bleiben zu können, ist Evin zufrieden, dass er seinen Kunden Gewissheit bieten kann, dass so lange vor Ort der Betrieb weiterläuft.

Wie viele Mieter es in dem Gebäude gibt, wisse er nicht, so Evin: „Der Komplex ist riesengroß, ich schätze, ungefähr 20 Prozent sind vermietet. Und es gibt leider wenig Austausch im Haus.“ Von Rieker Immobilien seit einigen Jahren nur noch der Hausmeister vor Ort.

Online und in Telefonbüchern sind mit der Adresse Pirmasenser Straße 97 auch viele nicht mehr im Dorndorf-Gewerbepark aktive Firmen zu finden, dafür hängen am Gebäude Namensschilder einiger weiterer Firmen. Nicht alle Mieter haben dort Publikumsverkehr, so nutzten laut Gries auch Fashion-Outlet-Läden reine Lagerflächen. Die Zahl der persönlich besetzten Firmen dürfte nach Merkur-Recherchen bei knapp zwei Dutzend liegen, darunter auch ein Computer-IT-Dienstleister, ein Friseursalon, ein Weinhandel und weiterhin der (ehemalige) Schuh-Fabrikverkauf.

Dorndorf hatte in Hoch-Zeiten in der Fabrik 2200 Beschäftigte. Bei der Standort-Schließung 2004 waren es noch 175, Ende des gleichen Jahres wurde der Gewerbepark eröffnet. Die Investoren lobten die Unterstützung durch die Stadtverwaltung als „deutschlandweit einmalig“.

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