Corona-Krise Die Pandemie als Kraftakt für Fitness-Studios

Zweibrücken · Corona hat nicht nur Gastronomie oder Hotellerie hart getroffen. Auch die Fitness-Branche blickt auf zwei schwierige Jahre zurück. Wir sprachen mit dem „Balance“, einem der größten und ältesten Studios der Stadt.

 Tobias Wittstadt leitet das Fitness-Studio Balance in Zweibrücken. Hier demonstriert er den „Bauch-Trainer“. Der wäre nun, nach zwei Jahren Pandemie, vielen Bürgern anzuraten. Studien besagen, dass die Deutschen, dank Corona und mehrerer Lockdowns, nochmals ordentlich an Hüftspeck zugelegt haben.

Tobias Wittstadt leitet das Fitness-Studio Balance in Zweibrücken. Hier demonstriert er den „Bauch-Trainer“. Der wäre nun, nach zwei Jahren Pandemie, vielen Bürgern anzuraten. Studien besagen, dass die Deutschen, dank Corona und mehrerer Lockdowns, nochmals ordentlich an Hüftspeck zugelegt haben.

Foto: Mathias Schneck

Jetzt erst einmal tief durchatmen. Diesen Ratschlag gibt Tobias Wittstadt normalerweise seinen Kunden. Doch angesichts von zwei Jahren Pandemie muss auch er kräftig Luft holen. Corona hat nicht nur Gastronomie, Hotellerie oder Handel hart getroffen. Die Fitness-Branche wurde gleichfalls in den Schwitzkasten genommen.

„Die Studios haben böse Federn gelassen“, sagt Wittstadt. Der Diplom-Sportlehrer leitet das Fitness-Studio Balance am Funkturm in Zweibrücken. Eines der ältesten Studios der Stadt, seit 1996 am Markt. Und mit seinen 26 Mitarbeitern und über 1000 Kunden eines der größten Studios.

Bundesweit beklagt die Fitnessbranche die Verwerfungen. Wir wollten daher vom Balance wissen: Was haben zwei Jahre Pandemie, Inzidenzen und Co. mit Ihnen gemacht?

Die Antwort lautet: Einiges. Zwei Lockdowns (einmal von Mitte März bis Mai 2020 und dann von Anfang November 2020 bis Juni 2021) haben die Buchführung durcheinandergewirbelt. „Wir haben einen sechsstelligen Betrag in der Pandemie verloren“, bilanziert der Clubleiter. Das Balance habe in den Monaten der Schließung – im Gegensatz zu vielen anderen Studios – keine Mitgliedsbeiträge eingezogen. Andere hätten weiter Geld eingefordert und erklärt, die Monate der Schließung würden dafür an das Ende der Vertragslaufzeit drangehängt.

Dank vorangegangener starker Jahre konnte das Balance die schwere Zeit durchstehen. Was Wittstadt etwas stört: Viele Menschen dächten, die von den Lockdowns betroffenen Betriebe hätten üppige Hilfen vom Staat erhalten.

Der Diplom-Sportlehrer korrigiert diese Vorstellung: Das Balance habe einmal einen Betrag von unter 50 000 Euro als Hilfe ausgezahlt bekommen. Das war es. Angesichts der Verluste, die man habe schreiben müsse, klaffe hier eine Lücke.

Das Balance stellt einen Sonderfall insofern dar, dass hier unter einem Dach nicht nur ein Studio für Fitness und Körperkräftigung ist – es gibt zudem eine physiotherapeutische Praxis. Günter Holz, Eigentümer des Balance, ist selbst Physiotherapeut. „Die Physiotherapie durften wir auch während des Lockdowns offen halten“, sagt Clubleiter Wittstadt. Das sei eine ganz wichtige Stütze gewesen. Allerdings habe dieser Sonderfall – zwei Dienstleistungen unter einem Dach, nur eine davon musste schließen – das Beantragen staatlicher Hilfen derart verkompliziert, dass sich die Steuerberater die Haare gerauft hätten ob des Paragraphen-Wustes, blickt Wittstadt zurück.

Daher habe das Balance nur einmal besagte Summe vom Staat erhalten. Ansonsten mussten alle Mitarbeiter, die nicht in der Physiotherapie arbeiteten, in Kurzarbeit geschickt werden. „Es ging leider nicht anders“, bedauert der Clubleiter.

Was viele Studios nicht überblickt hätten: Der Staat fordere nun Teile der ausgezahlten Gelder wieder zurück. Das habe einigen Häusern das Genick gebrochen, es häuften sich die Insolvenzen, weiß Wittstadt. „Es findet gerade eine enorme Marktbereinigung statt.“

Der Kirkeler sagt, er habe in der Pandemie mehrfach den Kontakt zu Politikern auf Bundes- und Landesebene gesucht. „Ich habe mehrere Briefe an die Politiker geschickt. Zum Teil waren es offene Briefe“, sagt er. In diesen Briefen versuchte der Sportfachmann den Politikern die Bedeutung des Themas Fitness zu verdeutlichen, dass es ganz wichtig sei, Studios offen zu halten, den Menschen die Gelegenheit zu geben, an ihrer Gesundheit zu arbeiten. Wie waren denn die Reaktionen der Politiker?

Wittstadts Fazit fällt bescheiden aus. „Teilweise gab es überhaupt keine Reaktion – komplette Ignoranz. Teilweise erhielt ich ein Standardschreiben vom Sekretariat“, berichtet er.

Immerhin: Die Politik habe dazugelernt. „Im neuen Bundesinfektionsschutz-Gesetz ist verankert worden, dass Fitness-Studios  wegen ihrer Bedeutung nicht mehr geschlossen werden dürfen“, ist er erleichtert über diese Einsicht.

Froh ist Wittstadt auch, dass ab diesem Freitag wieder die 3G-Regel gilt. Die 2Gplus-Regel habe das sonst so wichtige Geschäft zum Jahresanfang getrübt. „Wir haben zirka 20 Prozent weniger Neuanmeldungen als in früheren Jahren“, sagt der Clubleiter. Nun also ein Hoffnungszeichen. Das gehe auch nicht anders. „Wir brauchen wieder mehr Normalität.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort