„Die Freundlichkeit der Deutschen hat uns unendlich berührt“

Zweibrücken · Zweibrücken ist für zahlreiche Bürger mit Migrationshintergrund eine neue Heimat geworden. In unserer Serie „Angekommen in der Fremde“ stellen wir einige dieser Menschen vor. Heute ist es Zaher Alraeys aus Syrien.

 Zaher Alraeys arbeitete in Syrien im Finanzministerium. Foto: rrh

Zaher Alraeys arbeitete in Syrien im Finanzministerium. Foto: rrh

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Zaher Alraeys ist mit seiner Frau Mayssa und der Schwägerin Jacquline erst vor Kurzem nach schwieriger Reise in Zweibrücken angekommen. Die Flucht aus Syrien erfolgte, kurz bevor Ungarn den Grenzzaun errichtete. Als Beamte des Finanzministeriums unterlagen Zaher und seine Frau besonders strengen Reisebeschränkungen. Um sich aus der Hauptstadt Damaskus entfernen zu können, benötigten sie eine Sondergenehmigung. Als sie diese endlich in der Hand hielten, musste alles ganz schnell gehen: mit dem Bus in den Libanon, wo syrische Bürger inzwischen nur einreisen dürfen, wenn sie sofort wieder ausreisen. Weiter ging es mit dem Flugzeug in die Türkei in die Nähe von Izmir, wo sie mit einem kleinen Boot mit fünfzehn Menschen an Bord nachts nach Samos übersetzten. "2350 Euro pro Person kostete die Überfahrt. Wir schaukelten dreieinhalb Stunden lang in dunkler Nacht über das Meer und immer wieder setzte unterwegs der Motor aus und versetzte alle in Lebensangst", erzählt er. Vom griechischen Festland ging es weiter mit dem Bus nach Mazedonien und Serbien nach Ungarn. "In der Dunkelheit liefen wir sieben Stunden lang durch Wälder und haben uns immer wieder verlaufen". Die ungarische Polizei fing sie ein und sie wurden nach Serbien zurückgebracht. Nachts durchbrach eine Gruppe die Grenze zurück nach Ungarn, darunter auch Zaher mit Familie. Ein Privatbus brachte sie für 1500 Euro nach Budapest, von wo sie dann mit dem Zug nach Österreich weiterfahren konnten. "Am 8.September waren wir endlich in München und die unglaubliche Freundlichkeit der Deutschen hat uns nach den langen Strapazen unendlich berührt." Von da wurden sie weiter verteilt und kamen in die Erstaufnahmestelle in Lebach, die sie nach einigen Tagen nach Trier weiterreichte und von dort ging es nach Zweibrücken .

Zaher hatte es in Syrien, wie er erzählt, zu großer sportlicher Bekanntheit als Tischtennisspieler gebracht. Mehrere Jahre spielte er in der Juniorennationalmannschaft als Meister und wurde sogar arabischer Vizemeister im Einzel in Dubai. Bis 2012 spielte er weiterhin in der 1. Syrischen Liga. Bis der Krieg ausbrach und auch die Repression des Regimes immer stärker wurde. "Ich bin in Damaskus im Stadtteil Barza aufgewachsen, das schon immer unter dem Diktator leiden musste. 37 meiner Familienmitglieder kamen bei einem Raketenbeschuss ums Leben und ich wurde bei einer Razzia in einem Café verhaftet, ins Gefängnis gebracht, völlig entkleidet und kam nach drei Tagen frei, nur weil ich als Sportler bekannt war".

Zaher und seine Frau haben beide einen Master in Betriebswirtschaftslehre und erhoffen sich in Deutschland endlich eine Zukunft. "In Syrien kam man nur weiter, wenn man zum Clan des Machthabers gehört". Zahers Schwägerin ist Kunstlehrerin und Malerin von Ölgemälden, die sie alle in Syrien zurücklassen musste und jetzt auf ihrem Handy mit sich trägt. "Kein Mensch kann heute in Syrien in Sicherheit leben, jederzeit kann dich eine Rakete oder eine Streubombe treffen, es gibt keine Zukunft in diesem Land und wir hatten großes Glück, dass wir es geschafft haben, in Deutschland anzukommen".

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