„Die exponierte Lage ist in der Tat unglücklich“

Zweibrücken · Mörsbacher Bürger fordern regelmäßige Messungen an der neuen Konditionierungsanlage. Der Betreiber hält dies für überflüssig: Der Austritt gefährlicher Stoffe liege rechnerisch 95 Prozent unter der Schwelle, für die Messungen erforderlich sind.

 Konfrontativ war die Stimmung zwischen den Fachleuten und Politikern auf dem Podium und den 200 Bürgern beim Infoabend in der Mörsbacher Sporthalle. Foto: lf

Konfrontativ war die Stimmung zwischen den Fachleuten und Politikern auf dem Podium und den 200 Bürgern beim Infoabend in der Mörsbacher Sporthalle. Foto: lf

Foto: lf

30 bis 40 Mörsbacher sind dabei, sich wegen der umstrittenen Pläne für die Mörsbacher Mülldeponie zu einer Art Bürgerinitiative zusammenzuschließen. Laut einem dem Merkur vorliegenden Arbeitspapier haben sich die Bürger in den vergangenen zwei Wochen zusammengesetzt, "um konstruktiv und gezielt Schwachstellen der geplanten Deponieveränderungen aufzudecken, mit dem Ziel, das bestmögliche Ergebnis für unsere Lebensqualität in unserem Dorf zu erreichen". Man werde gegen die Deponie-Erweiterung und die Konditionierungsanlage Widerspruch einlegen.

Das Arbeitspapier nennt drei zentrale Forderungen. Erstens: "unabhängige und engmaschige Emissionsmessungen" austretender Stäube und Sickerwässer sowie intensive polizeiliche Kontrollen auf den Zufahrtswegen. Zweitens "Stopp der Scheibchentaktik" und "vertragliche Verzichtserklärung auf über die bereits beantragten Erweiterungen hinausgehende Änderungen". Drittens regelmäßige Information der Bürger über aktuelle Messwerte, eingelagerte Müllarten und Kontrollergebnisse.

Der Infoabend am Dienstagabend in Mörsbach hatte die Gemüter nicht beruhigt (wir berichteten bereits). So auch hinsichtlich der Konditionierungsanlage. In dieser werden schon seit einigen Wochen staubförmige Abfälle beispielsweise aus Kraftwerken und Ersatzbrennstoffanlagen oder Rückstände aus Gießereien mit Wasser vermischt, sodass sie in Mörsbach deponierbar werden. Nun hat der Betreiber, die Homburger Terrag, beantragt, auch "gefährliche" Stoffe konditionieren zu dürfen. Diese sind im Prinzip bereits genehmigt, aber nur in "ungefährlicher" Konzentration. Sondermüll darf weiterhin nicht angeliefert werden.

Terrag-Geschäftsführer Gerhard Scherer stellte sich zahlreichen kritischen Fragen. So fragte ein Bürger: "Warum wurde die Konditionierungsanlage auf den ziemlich höchsten Punkt gebaut und nicht tiefer in der Deponie oder in eine Halle, damit die Stäube nicht doch nach Mörsbach wehen?" Scherer antwortete: "Das war sicher nicht unsere Wunschposition, aber andere Stellen waren nicht groß genug für die Anlieferung. Die exponierte Lage ist in der Tat unglücklich. Wir prüfen eine einseitige Teil-Einbehausung, um ein Verströmen zu verhindern."

Wobei die Terrag in ihrem Genehmigungsantrag schreibt, dass rechnerisch so wenig Schadstoffe austreten, dass diese 95 Prozent unterhalb der Konzentration liegen, dass sie gemessen werden müssten. Die Stäube würden in isolierten Lkw-Tanks angeliefert und über Schlauchleitungen in die Silos gepumpt. Austreten könne Staub nur, wenn ein Schlauch reiße oder beide Filter versagen. Die Filter sollen laut Antrag "regelmäßig" kontrolliert werden, erstmals drei bis sechs Monate nach Inbetriebnahme. Was "regelmäßig" heiße, konnte Scherer nicht sagen.

Dass die Verarbeitung gefährlicher Stoffe nicht schon 2013 beim Bau der Anlage beantragt wurde, sei keine Salamitaktik, antwortete Scherer auf eine kritische Nachfrage: "Wir hätten sonst viel Zeit verloren, die wir nicht hatten."

Eine Bürgerin kritisierte, Scherer habe in seinem Vortrag zwar auf Stoffe wie Arsen, Blei, Quecksilber oder Zink verwiesen, die in den Stäuben seien, aber verschwiegen, dass die im Terrag-Antrag aufgeführten Gießsande oft krebserregende PAKs enthalten. Und Scherers Erklärung, die von Mörsbachern beobachteten grauen Wolken beim Transport der befeuchteten Stoffe von der Konditionierungsanlage zur Deponie seien nur Wasserdämpfe, stieß auf Unglauben: "Dampf fällt nicht nach unten." Am Montag habe ein Bürger beobachtet, wie ein Kipper in einem Schlagloch bereits konditioniertes Material verloren und es nach unten gestaubt habe. Scherer schloss dies aus.

Die SAM (Sonderabfall-Management Gesellschaft Rheinland-Pfalz) überwacht die Sonderabfall-Ströme im Land. Geschäftsführer Rainer Meffert sagte, es gebe in Rheinland-Pfalz zwei Konditionierungsanlagen: in Kaiserslautern und Zweibrücken. Mehrere Bürger kritisierten, dass der UBZ Geschäfte mit Müll von auswärts mache und die Mörsbacher deshalb höheren Umweltgefahren ausgesetzt seien. Meffert verwies darauf, dass es Abfallströme auch in umgekehrter Richtung gebe: "Der Giftmüll aus Rheinland-Pfalz kommt in andere Bundesländer." > Seiten 4 und 17: Meinung und Leitartikel

Zum Thema:

Auf einen BlickBürgerbeteiligung: Der UBZ hat angeboten, Bürgern gerne weitere Fragen zu beantworten. Bis 5. März können Einwendungen gegen die Genehmigung gefährlicher Stoffe für die Konditionierungsanlage erhoben werden, und zwar bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd in Neustadt oder bei der Stadt Zweibrücken, Zimmer 125. Dort und auf www.sgdsued.rlp.de sind bis 19. Februar auch die Antragsunterlagen einzusehen. Wenn es Einwendungen gibt, werden diese am Freitag, 11. April, 9.30 Uhr, öffentlich im Zweibrücker Ratssaal erörtert (bei vielen Einwendungen eventuell in der Festhalle). Für die Deponie-Erweiterung (wir berichteten zuletzt gestern) läuft ein Planfeststellungsverfahren, Einwendungen sind bis 17. Februar möglich (die öffentliche Auslage endete am 3. Februar). Den Erörterungstermin plant die SGD für 27. März, zehn Uhr, in der Festhalle - nichtöffentlich, aber oft werde kurzfristig die Öffentlichkeit zugelassen, wenn die Anwesenden zustimmen. lf

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort