Dicke Luft in Staubdebatte

Zweibrücken · Die BI Mörsbach wollte gestern bei der Erörterung ihre allgemeinen Bedenken gegen die Firma Terrag vorbringen. Doch es ging nur um deren Antrag, vier gefährliche Stäube zu verarbeiten. Am Ende regierte der Frust.

 Die umstrittene Anlage auf der Mülldeponie. Foto: Lutz Fröhlich/pma

Die umstrittene Anlage auf der Mülldeponie. Foto: Lutz Fröhlich/pma

Foto: Lutz Fröhlich/pma

"Es macht Ihnen Spaß, mich nicht zu verstehen" oder "Sie wissen zu allem alles besser": Terrag-Anwältin Professor Andrea Versteyl kann sich gestern im Zweibrücker Ratssaal manch verbalen Seitenhieb auf Julia Igel von der BI Mörsbach nicht verkneifen. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd hatte zum öffentlichen Erörterungstermin eingeladen. Es ging, fast ohne interessierte Zuschauer, um den Terrag-Antrag, in der Konditionierungsanlage auf der Mörsbacher Mülldeponie künftig vier Staubarten zu verarbeiten, die Schadstoffe auch in höherer Konzentration enthalten dürfen als bisher zugelassen. Auch unbehandelt (also nicht mit Wasser verfestigt) dürften diese bereits auf der Deponie abgelagert werden. BUND und BI hatten gegen den Antrag fristgerecht Einwände vorgebracht, die nun mit beiden Seiten und Experten der Fachbehörden diskutiert wurden.

Terrag-Geschäftsführer Gerhard Scherer führte aus, dass sich die gesetzlichen Vorgaben, ab wann Stoffkonzentrationen als "gefährlich" bezeichnet werden, ständig änderten. So fielen inzwischen etwa auch Dämmplatten darunter, die mit einem Flammschutzmittel versetzt seien. Die Folge sei, dass Müllverbrennungsanlagen sie nicht aufnehmen dürften, weil die Genehmigung fehle. Neu verarbeiten will Terrag Stäube aus Papier- und Plastikverbrennung - Flugstäube aus der Müllverbrennung ausdrücklich nicht.

Schnell wird klar: Die BI moniert Dinge, die im Genehmigungsverfahren keine Rolle spielen. Etwa den Standort der Anlage oder die Zuverlässigkeit Terrags, die Igel, Frank Murer und Horst Scherer erheblich in Zweifel ziehen. Schließlich war bei zwei Betriebsstörungen 2014 Staub ausgetreten und hatte sich auf die umliegenden Felder gelegt. Auch die Kommunikation danach habe zu wünschen übrig gelassen, die Versäumnisse seien zunächst sogar geleugnet und nichts unternommen worden, um den Staub zu entfernen, so Igel. Auch sei der Fehler beim Antrag zur Verarbeitung gefährlicher Stoffe erst als Versehen, dann als Absicht dargestellt worden. Terrag-Anwältin Versteyl und auf deren Nachdruck auch Sitzungsleiterin Beate Landau erinnern immer häufiger und deutlicher an die Irrelevanz der Kritikpunkte. Die Stimmung ist bisweilen explosiv, Igel und Murer drohen mit "Abbruch". Landau: "Sie haben hier das falsche Forum gewählt. Sie brauchen eine politische Bühne."

Auch SGD-Süd-Arbeitsbereichsleiter Abfallwirtschaft Ralph Esser stellt klar: "Im Genehmigungsverfahren werden etwa direkte Umweltauswirkungen auf Luft, Wasser, Boden oder Brandschutz geprüft. Zuverlässigkeit oder Wirtschaftlichkeit aber nicht. " Zeigten sich im Betrieb Unregelmäßigkeiten, könne man einwirken und Abhilfe fordern - wie nach den bisherigen Betriebsstörungen. Als Obere Abfallbehörde müsse man auch sicherstellen, dass es in der Region genügend Entsorgungsmöglichkeiten gebe, wies Esser auch auf einen behördlichen Spagat hin. Eine für die BI-Vertreter sichtlich irritierende Feststellung. Igel: "Wenn Sie das nicht berücksichtigen wollen, wird an allen Bürgerrechten vorbei entschieden." Versteyl mahnt Igel mehrfach zur Mäßigung und deutet juristische Schritte an, wenn BI-Vertreter Terrag etwa weiter bewusste Täuschung vorwerfe.

Die BI stellt zahlreiche Anträge. Etwa jährliche arbeitsmedizinische Untersuchungen der Mitarbeiter auf Schwermetalle, Prüfungen, ob beim Durchmischen Dioxine oder Furane entstehen und austreten oder dass Terrag die Haftpflichtversicherungssumme für eventuelle Schäden von aktuell fünf Millionen Euro "deutlich" erhöhe. Am Ende zieht Terrag-Sprecher Hubert Immesberger ein positives Fazit: "Es ist verlaufen wie erwartet." Er hoffe, dass auf alle Fragen der BI geantwortet und Anregungen aufgegriffen würden. Igel hingegen kritisiert: "Das Verfahren wird nicht dem Anspruch gerecht, zentrale Bedenken zu erläutern." Die SGD peilt an, über den Terrag-Antrag noch vor Jahresfrist zu entscheiden, so Sitzungsleiterin Beate Landau.

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