Deutschlandweites Problem in Kliniken

Wenn Kunden mit den Leistungen eines Unternehmens nicht zufrieden sind, ist das zwar immer ärgerlich. Doch wenn tatsächlich einmal Fehler gemacht werden, lassen diese sich oft wiedergutmachen: Ein defektes Teil in einem Neuwagen kann ausgetauscht werden, ein falsch gefliester Boden neu belegt, eine Zeitungsente korrigiert werden

Wenn Kunden mit den Leistungen eines Unternehmens nicht zufrieden sind, ist das zwar immer ärgerlich. Doch wenn tatsächlich einmal Fehler gemacht werden, lassen diese sich oft wiedergutmachen: Ein defektes Teil in einem Neuwagen kann ausgetauscht werden, ein falsch gefliester Boden neu belegt, eine Zeitungsente korrigiert werden. Ganz anders ist das in Krankenhäusern: Gerade bei Notfallpatienten kann jeder Fehler tödliche Folgen haben. Solche Fehler soll, so zitiert "Der Spiegel" diese Woche Gutachter, das Zweibrücker St.-Elisbeth-Krankenhaus begangen haben. Eine tragische Geschichte für alle Seiten: Angehörige trauern um den Verstorbenen, sind entsetzt, weil der Tod nach erfolgreicher Operation am nächsten Morgen völlig überraschend kam - und der Ruf des in hartem Wettbewerb stehenden St.-Elisabeth-Krankenhauses droht nach dem Spiegel-Artikel, der einer dreiseitigen Anklageschrift gleicht, tiefe Schrammen zu bekommen. Vor voreiligen Urteilen sollte man sich allerdings hüten - in jeder Richtung. Denn bei fast allen wesentlichen Fragen steht die Aussage der Klinik gegen die Aussage der von den Angehörigen beauftragten Gutachter.Und wenig verständlich ist zwar, warum sich die Klinikleitung nicht gegen die massive Rufschädigung, die der Spiegel-Artikel bewirken dürfte, juristisch zur Wehr setzt. Wenig verständlich ist aber ganz genauso, warum die Angehörigen weder Strafanzeige gegen das Krankenhaus erstattet noch eine zivilrechtliche Schadenersatzklage erhoben haben, wenn die Sache so eindeutig ist, wie sie von Vertretern der Familie gegenüber den Medien dargestellt wird.Deshalb sollte man sich bei der Bewertung zunächst auf das konzentrieren, was Fakt ist. Und da gibt es tatsächlich einen massiven Missstand - der allerdings nicht nur in der Todesnacht sichtbar geworden ist, und der keineswegs nur das St.-Elisabeth-Krankenhaus betrifft. Nämlich, wie sehr Kliniken nachts am Personal sparen, aufgrund unseres Gesundheitssystems wohl sparen müssen. Nur ein oder zwei anwesende Ärzte (hier widersprechen sich die Angaben von Spiegel und Klinik) verantwortlich für 124 Betten in der Inneren und neun Betten in der Intensivstation - man muss nicht Medizin-Experte sein, um sich ausrechnen zu können, dass da schon einmal übersehen werden kann, wenn sich der Zustand eines Patienten verschlechtert. Mit manchmal tödlichen Folgen. Das aber hat nichts mit etwaigen individuellen Fehlern zu tun - sondern ist ein deutschlandweiter Skandal, der auch von Ärzten angeprangert wird. Leider aber nicht von Klinik-Betreibern.

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