Der Tag der Wahrheit

Der Tag nach der Wahl ist der Tag der Wahrheit! Zugeschrieben wird dieser Satz dem deutschen Aphoristiker Ron Kritzfeld. Hinter diesem Pseudonym verbirgt sich eigentlich der in Ostpreußen geborene Chemiker Fritz Kornfeld, der im Eigenverlag Schüttelreime veröffentlichte.



Und das passt ins Bild, denn schütteln werden sich am heutigen Tag der Wahrheit viele, und viele werden versuchen, sich einen Reim auf die Wahl zu machen. Das zu erklären (suchen), was die Wähler mit ihrem Votum ausgedrückt haben. Die deutenden Protagonisten sind verbal gerüstet, eigene Parteierfolge in schillerndsten Farben zu schildern, Misserfolge tunlichst auszublenden. Erste Kostproben gab es bereits am gestrigen Abend, allerdings eher in homöopathischen Dosen. Betont vorsichtig. Und das aus gutem Grund, kommen doch erst heute die Ergebnisse, die Stadt und Umland mehr noch beschäftigen als die Europawahl.

Wollte man aus den vorliegenden Ergebnissen für Brüssel Rückschlüsse auf Zweibrücken ziehen, dann würde dies dem Tanz auf der Rasierklinge gleichen. Ein Trend ist erkennbar, aber ob der Trend trägt? Es bleiben fraglos noch bange Stunden für die Politiker aller Couleur, die nach einem intensiven Wahlkampf wenigstens durchschnaufen können - mehr oder weniger zufrieden.

Die CDU kann bislang recht zufrieden sein, denn verglichen mit den bundesweiten Verlusten, die die Christdemokraten einfuhren, sind die minus 0,3 Prozent in der Stadt Zweibrücken ganz passabel. Überdies ist es der CDU gelungen, in Oberauerbach und Wattweiler eindrucksvoll das Amt des Ortsvorstehers zu verteidigen. Längst vorbei die Zeiten, da die SPD bis 1997 gleich Herr in allen Stadtteilen war. Und die Genossen laufen jetzt sogar Gefahr, noch deutlichere Blessuren davonzutragen. Nur Isolde Seibert in Rimschweiler, die ohne Gegenkandidat geblieben war - was man im Sinne einer demokratischen Wahl eher bedauern mag - hat die SPD-Fahnen hochgehalten. Fritz-Peter Huppert war in Mittelbach chancenlos gegen Kurt Dettweiler, bewundernswert bleibt allenfalls der Mut, gegen das FWG-Schwergewicht angetreten zu sein.

Besonders spannend war es und bleibt es auch in Mörsbach. Die Diskussionen um die Mülldeponie spülten wie erwartet der Grünen Susanne Murer die Wähler zu; sie geht mit komfortablem Vorsprung gegen den SPD-Mann Kurt Blinn in die notwendig gewordene Stichwahl. Fakt ist: Es sieht nicht nach einem SPD-Selbstläufer in zwei Wochen aus. Das ist denn auch ein Fingerzeig in Richtung des mächtigen Kurt Pirmann, der mit Blick auf die Lage in den Stadtteilen die eine oder andere Baustelle hat. Inwieweit da die knapp sechs Prozentpunkte, die die SPD im Vergleich zur Europawahl im Jahr 2009 zugelegt hat, als Trostpflaster taugen? Und wem schreibt man dieses deutliche Stimmenplus zu? Dem OB, dem Trend?

Zur Tagesordnung wird keiner übergehen, bevor die letzte Antwort nicht gegeben ist. Das Hoffen und Bangen ist nämlich noch nicht vorbei, das Zittern und Zaudern dauert noch eine kurze Zeit lang. Oder, wie Kritzfeld meinte: Der Tag nach der Wahl ist der Tag der Wahrheit!

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