Der neue Golf und die Fußgängerzone

Der VW Golf ist mit großem Abstand das meistverkaufte Auto in Deutschland. Doch obwohl die Kunden so zufrieden sind, hat VW für hunderte Millionen Euro ein Nachfolgemodell entwickelt. Was das mit Zweibrücken zu tun hat? Eine ganze Menge. Und zwar mit der Fußgängerzone

Der VW Golf ist mit großem Abstand das meistverkaufte Auto in Deutschland. Doch obwohl die Kunden so zufrieden sind, hat VW für hunderte Millionen Euro ein Nachfolgemodell entwickelt. Was das mit Zweibrücken zu tun hat? Eine ganze Menge. Und zwar mit der Fußgängerzone. Denn so wie der Golf die ökonomische Pulsschlagader von VW ist, ist die Fußgängerzone die Pulsschlagader der Zweibrücker Innenstadt. Und der Golf ist so identitätsstiftend für VW wie die Fußgängerzone für Zweibrücken. Dann hören die Gemeinsamkeiten aber auf. Denn niemand wundert sich darüber, dass VW Geld investiert, um den Golf VII nun sogar ein, zwei Jahre früher als geplant auf den Markt zu bringen, obwohl die Kunden mit dem Golf VI so glücklich sind. Doch abgesehen von der CDU argumentieren mittlerweile fast alle Zweibrücker Politiker in Sachen Fußgängerzone genau andersherum: Die Zweibrücker seien doch eigentlich ganz zufrieden mit der Gestaltung der Fußgängerzone, wie sie heute ist - so dass man sich das Geld für eine Sanierung sparen könne. Und schielen damit auf den Applaus der Bürger, die ja völlig zu Recht endlich Maßnahmen gegen den städtischen Schuldenberg erwarten.Aber: VW hat den neuen Golf ja auch nicht entwickelt, um mehr Geld auszugeben. Sondern, ganz im Gegenteil, um in Zukunft mehr Geld einzunehmen. Irgendwann ist bei jedem Produkt der Zeitpunkt gekommen, dass es sich rechnet, es zu erneuern. VW hat den Zeitpunkt beim Golf nach vier Jahren gekommen gesehen. So schnell muss es bei einer Fußgängerzone gewiss nicht gehen. Aber nach 36 (!) Jahren ist eine Neugestaltung überfällig. Dass viele Zweibrücker sagen, dass sie keine Neugestaltung "brauchen", sollte kein Totschlagsargument sein: Niemand "braucht" statt eines Golf VI einen Golf VII - doch am Ende werden ihn sich viele kaufen und über technische und optische Neuerungen froh sein. Denn oft generiert erst ein neues Angebot auch neue Nachfrage.

Dass die Stadt kein Geld hat, ist ebenfalls zu kurz gedacht. 1971 sah Oberbürgermeister Helmut Fichtner Zweibrücken kurz vor dem Bankrott: "Die Finanzsituation der Stadt Zweibrücken hat eine derart bedrohliche Entwicklung genommen, dass es nur noch eine Frage von Monaten ist, bis die Stadt die Erfüllung der ihr gesetzlich obliegenden Verpflichtungen zumindest teilweise einstellen müsste." Trotzdem nahm Fichtner viel Geld in die Hand, um die Fußgängerzone zu bauen. In der Hoffnung, dass ein attraktives Herz der Innenstadt Einheimische und Auswärtige anlockt, die dann ihr Geld in Zweibrücken lassen, statt es in Nachbarstädten auszugeben. Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit - dieses alte Sprichwort gilt für die Verantwortlichen eines Autokonzerns genau wie für die Verantwortlichen einer Stadt. In Zweibrücken wird es Zeit, kurzfristig Geld in die Hand zu nehmen, um die Fußgängerzone wieder so attraktiv zu machen, dass sie mittelfristig und langfristig Geld einbringt statt schleichend ausblutet.

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