Der Mann, der die Mächtigen chauffierte

Zweibrücken · Heinz Bohrer aus Zweibrücken war nicht nur Fahrer von vier Oberbürgermeistern der Rosenstadt – der heute 80-Jährige hatte auch Prominente wie Willy Brandt oder Herbert Wehner im Auto. An den gerade erst verstorbenen Helmut Schmidt kann er sich noch besonders lebhaft erinnern – „dank“ eines gequetschten Fingers.

 Heinz Bohrer blickt gerne auf seine Erlebnisse als Fahrer der Stadt Zweibrücken zurück. Er erhielt hat manch interessanten Einblick. Foto: tja

Heinz Bohrer blickt gerne auf seine Erlebnisse als Fahrer der Stadt Zweibrücken zurück. Er erhielt hat manch interessanten Einblick. Foto: tja

Foto: tja

Bundeskanzler Willy Brandt , Außenminister Hans-Dietrich Genscher, Superminister Karl Schiller , Bundesminister Herbert Wehner und nicht zuletzt der kürzlich verstorbene Altbundeskanzler Helmut Schmidt - als Fahrer von vier Zweibrücker Oberbürgermeistern hat Heinz Bohrer auch so manch prominenten Politiker chauffiert. An den Besuch von Helmut Schmidt 1976 kann sich der heute 80-Jährige, nicht zuletzt wegen eines kleinen Malheurs, noch besonders gut erinnern: "Helmut Schmidt hatte einen Aktenkoffer dabei und er wollte, dass ich während der Veranstaltung auf seinen Koffer aufpasse. Er zeigt auf den Koffer und sagte ,Du hast die Verantwortung dafür'. Dann nahm er noch schnell ein paar Unterlagen heraus und knallte ihn zu. Mein Finger war allerdings dazwischen." Als Schmidt das Missgeschick bemerkte, habe er nur gesagt: "Na, den musst du aber da raus nehmen."

Übel nimmt Bohrer Schmidt den Vorfall bis heute nicht: "Der Schmidt war ein Zack-Zack-Mann, sehr energisch. Er hat gleich alle geduzt. Sein Auftreten im Allgemeinen hat mich sehr beeindruckt." Schon bei der Ankunft mit der Kanzlermaschine auf dem amerikanischen Militärflughafen in Zweibrücken habe Schmidt mit seiner spontanen und offenen Art allen imponiert. Gemeinsam mit dem damaligen Zweibrücker OB Helmut Fichtner und einigen wenigen Angestellten des Flughafens erwarte Bohrer den Kanzler, um ihn zu einer Wahlkampfveranstaltung nach Pirmasens zu fahren. Bohrer erinnert sich: "OB Helmut Fichtner überreichte ihm zur Begrüßung in der Rosenstadt einen Rosenstrauß. Aber weil Schmidt nach seinem Besuch hier direkt nach Paris weiter musste, hat er gefragt, ob er die Blumen der Frau des Kommandanten überreichen darf. Dann ging er prompt zum amerikanischen Kommandanten und überreichte ihm in perfektem Englisch die Blumen mit einem lieben Gruß an seine Frau." Auch bei der Sitzplatzverteilung im Auto folgte Schmidt in seinem Aktivismus nicht unbedingt den bekannten Konventionen. "Er setzte sich direkt auf den Beifahrersitz anstatt wie erwartet mit Herrn Fichtner auf die Rückbank", entsinnt sich Bohrer. Auf der Fahrt in die Wasgau-Halle in Pirmasens informierte Fichtner den Kanzler über die aktuelle Situation in Pirmasens und lieferte ihn zum Beispiel die Zahl der Arbeitslosen. "Schmidt bat um Prozentzahlen und bei seinem Vortrag hat Schmidt all diese Zahlen dann exakt wiedergegeben, obwohl er sich im Auto keinerlei Notizen gemacht hatte", erzählt Bohrer beeindruckt, "Der Mann hatte einen Computer im Kopf!".

Autogramme oder Bilder mit seinen berühmten Fahrgästen sammelte Bohrer in seiner 36-jährigen Dienstzeit als Fahrer aber nie: "So was ist nicht meine Sache." Auch heute noch ist der Niederauerbacher bescheiden und plaudert nur auf Nachfrage aus dem Nähkästchen. Dabei wurde er in der 60er Jahren gar mit einem Sturmgewehr bedroht, als er den damaligen CDU-Außenminister Gerhard Schröder vom Zweibrücker Flughafen abholte: "Ich fuhr mit OB Munzinger hin und wir wunderten uns sehr, dass der ganze Flugplatz im Dunkeln lag und nirgendwo eine Kontrolle war. Plötzlich bemerkte ich, dass wir auf dem Rollfeld fuhren. Als wir an ein kleines Häuschen mit Licht kamen, fuhr ich schnell vom Rollfeld runter. Plötzlich stürzten 15 kanadische Soldaten mit Sturmgewehr im Anschlag aus dem Haus. Nur weil der befehlshabende Offizier Herrn Munzinger erkannte, haben sie schnell von uns abgelassen."

Als Rentner genießt Bohrer, dass jetzt mehr Ruhe in sein Leben gekehrt ist: "Ich war oft Tag und Nacht unterwegs. Das war mein Job, aber ich bin ein Familienmensch und gerne zu Hause."

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