Das Nachspiel des Hambacher Festes

Zweibrücken · Am Hambacher Fest nahmen, nach einem gescheiterten Verbotsversuch seitens der bayerischen Regierung, 30 000 Menschen teil. Den Wortführern der liberalen Bewegung wurde ihr Mut zur freien Meinungsäußerung zum Verhängnis.

Nicht nur das Hambacher Fest als solches, sondern vor allem die Botschaften seiner Redner gaben den Anlass, gleichsam in einem Rundumschlag die für die bayerische Staatsregierung leidige Angelegenheit ein für alle Mal in den Griff zu bekommen, zumal es sich bei den Betroffenen um die führenden Köpfe der liberalen Bewegung handelte. Bereits elf Tage danach, am 7. Juni 1832, beantragte Schenkel, der amtierende General-Staatsprokurator am Königlich-Bayerischen Appellationsgericht Zweibrücken , vergleichbar mit einem Staatsanwalt am heutigen Oberlandesgericht (OLG), die Einleitung eines förmlichen Untersuchungsverfahrens.

In diesem besonderen Fall übernahm das Appellationsgericht die Zuständigkeit vom untergeordneten Bezirksgerichtes für die Beweissammlung für die Anklage: Komplott gegen die Regierung und geplanter Umsturz. Als Untersuchungsrichter bestimmte das Gericht den Appellationsgerichtsrat Joseph A. Molitor. Nach dessen monatelangen Untersuchungen beschuldigte der Obergerichtspräsident Schenkel 27 Personen. Den "Vorwurf des Verbrechens der unmittelbaren Aufreizung zum Umsturz" hielt die Anklage-Kammer in 13 Fällen für begründet, darunter bei Philipp Jakob Siebenpfeiffer, Johann Georg August Wirth und Friedrich Schüler.

Für das öffentliche und mündliche Hauptverfahren beantragte Schenkel eine "außerordentliche Assise" in der Garnisonsstadt Landau, da dort dank der militärischen Präsenz Ruhe und Ordnung leichter aufrecht erhalten werden könnten. Befürchtete er doch "Einwirkung auf die Unbefangenheit der Geschworenen", der so genannten Assisen. Unruhe gab es nicht nur wegen des Versuchs, den Prozess als Spezialgericht zwar öffentlich, aber ohne Geschworene verhandeln zu lassen. Auch die Besetzung der Richterbank mit drei Richtern des Assisenhofs, vor allem aber die Besetzung von Karl Friedrich Breitenbach als Assisen-Gerichtspräsident war höchst umstritten.

Der Gerichtssaal des Hauptverfahrens von 29. Juli bis 16. August 1833 in Landau bot Raum für 700 Personen. Die Verteidigung war ebenso wie die Anklage der gesamten Bevölkerung zugänglich: Damit war die Presse nicht mehr bloß Informationsträger, sondern entwickelte sich zu einem Forum für politische Auseinandersetzung. Eine weitere Hürde für das Gericht war die Bildung der Jury. Die Assisen urteilten schuldig oder nicht, die Richter bestimmten lediglich das Strafmaß. Deshalb strebte der Regierungspräsident Carl Albert Leopold Freiherr von Stengel den Einsatz königstreuer Geschworener an. Bei der Urteilsfällung am 16. August war dieser persönlich anwesend. Die Jury erklärte in jedem einzelnen Fall: "Nein, nicht schuldig!" Die gängige Interpretation von Breitenbachs Schlussworten ergab: Nur durch Gesetzeslücken kamen die Angeklagten um ihre wohlverdiente Strafe, doch diese Lücken sollten aufgefüllt werden.

Trotz des Freispruchs blieben unter anderen Wirth und Siebenpfeiffer in Haft, da sie vor die zuständigen Zuchtpolizeigerichte gestellt werden sollten. Sie wurden später wegen Beamtenbeleidigung zu je zwei Jahren Haft verurteilt.

Die außerordentliche Assise in Landau war für die im ersten Abschnitt Freigesprochenen, wenn auch teilweise noch immer Inhaftierten und später Verurteilten ein Erfolg. Die Regierung hatte trotz ihrer Bemühungen, die Assisenbank mit Königstreuen zu besetzen, ihr Ziel nicht erreicht. Möglicherweise überzeugten die Verteidigungsreden die Assisen.

Die Frage, ob es sich um einen politischen Prozess gehandelt habe, wird im Nachhinein mit einem Ja beantwortet. "Vielleicht waren es die klare Einsicht und Urteilsfähigkeit von Menschen ihrer Zeit, aufgeklärt durch eine erstarkende Presse, die erkannt hatten, dass die Zeit für die Veränderungen, die angestoßen worden waren und die noch kommen sollten, reif war." (Theophil Gallo , Schriften der Siebenpfeiffer-Stiftung 3)

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