„Das ist kein Grund zur Euphorie“

Edith Schaeffer-Klopf, Leiterin der Zweibrücker Arge, rechnet nicht unbedingt damit, dass die Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts erhöht werden. Trete dies ein, treibe dies auch die Zahl sogenannter „Aufstocker“ nach oben – mit unangenehmen Folgen für die Stadt Zweibrücken, erklärt sie.

 Edith Schaeffer-Klopf .

Edith Schaeffer-Klopf .

Foto: Füssler

Zweibrücken. Die höchsten Richter der Republik haben gesprochen. Aber klar ist nur – dass vieles weiter unklar ist. Das macht Edith Schaeffer-Klopf, Leiterin der Zweibrücker Arge, deutlich. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe urteilte gestern, dass die Berechnung der Regelsätze für Hartz IV verfassungswidrig ist. Soviel ist klar. „Aber was das Urteil für die Höhe der Regelsätze bedeutet, ist bislang völlig unklar“, erklärt Schaeffer-Klopf auf Merkur -Anfrage.

Die Richter hätten sich daran gestoßen, dass die Berechnung der Regelsätze, also die Höhe der staatlichen Hilfe, nicht transparent sei. Gerade in Bezug auf Kinder. Für die Betroffenen bestehe vorerst aber kein Grund, mit höherer Unterstützung zu rechnen: „Das Urteil ist kein Grund zur Euphorie“, dämpft die Arge-Leiterin zu frühe Hoffnungen. „Für die Berechnung der Regelsätze dient als Basis die Entwicklung des Durchschnittseinkommens. Und das ist in den letzten Jahren kaum gestiegen.“ Es sei nicht zwingend davon auszugehen, dass die Regelsätze dank „transparenter“ Berechnung steigen, wenn das durchschnittliche Einkommen der arbeitenden Bevölkerung im Gros stagniere. Falls die Sätze wirklich angehoben würden, brächte dies übrigens auch für die Stadt Zweibrücken finanzielle Mehrbelastungen mit sich. Grund: Geringverdiener mit Kindern etwa können sich ihr Gehalt, wenn dieses unter einer bestimmten Grenze liegt, „aufstocken“ lassen, damit sie nicht schlechter gestellt sind als Hartz-IV-Empfänger. „Es ist möglich, dass diese Aufstocker Ansprüche auf Erstattung ihrer Miete geltend machen können. Und diese Mietkosten müssen die Kommunen, bei uns also die Stadt Zweibrücken, tragen. Das könnte ganz schön ins Geld gehen“, warnt Schaeffer-Klopf.

In Zweibrücken gibt es – Stand Januar – 1507 Bedarfsgemeinschaften mit 2872 Personen. Rechnet Schaeffer-Klopf damit, dass diese nun in Scharen ihr Büro stürmen? „Wenn jetzt bei uns jemand auf Grundlage des Verfassungsgerichts-Urteils Widerspruch gegen seinen Hartz-IV-Bescheid einliegt, bringt das überhaupt nichts. Wir werden diesen Widerspruch in solchen Fällen zurückweisen“, macht sie klar. Die Verfassungsrichter hätten den Weg vorgegeben: Zum 1. Januar müsse eine neue Regelung stehen. „Und für den Fall, dass die Regelsätze, ob nun für Kinder oder auch für Erwachsene, angehoben werden, gilt dies ab dem Stichtag 1. Januar. Rückwirkend gibt es keine Erhöhung.“ Was hält Schaeffer-Klopf eigentlich von der Forderung einiger Politiker, Hartz IV abzuschaffen, weil es unsozial sei? „Nichts“, antwortet sie. „Die Abschaffung von Hartz IV wäre ein Rückschritt ins Mittelalter.“ Es dürfe keine „Zementierung der Arbeitslosigkeit geben“, nennt sie den Grund. Die Betroffenen müssten das Ziel haben, wieder in Lohn und Brot zu kommen.

Ein dauerhaftes Polster in Form des Arbeitslosengeldes konterkariere dieses Ziel.

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