Unterschiedlicher Umgang bei Zweibrücker Firmen mit dringender Empfehlung aus Mainz, Grenzgänger zuhause zu lassen Franzosen bei Tadano arbeiten weiter

Zweibrücken · Auch Pallmann hat die „dringende Empfehlung“ der Mainzer Gesundheitsministerin, Grenzgänger sofort zuhause zu lassen, zunächst nicht umgesetzt. John Deere entschied anders. Im Fashion Outlet ist die Situation unklar.

 Einer behördlichen Anordnung würde Tadano Demag (Bild: das Werk Dinglerstraße) folgen – nicht aber der bloßen „dringenden Empfehlung“.

Einer behördlichen Anordnung würde Tadano Demag (Bild: das Werk Dinglerstraße) folgen – nicht aber der bloßen „dringenden Empfehlung“.

Foto: Tadano Demag GmbH/Tadano Demag

„Wir empfehlen dringend, dass die rheinland-pfälzischen Unternehmen sicherstellen, dass ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in der Region Grand Est leben und nach Rheinland-Pfalz zum Arbeiten einpendeln, mit sofortiger Wirkung bis auf Weiteres zu Hause bleiben.“ Das teilte am Mittwoch die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) mit, nachdem das Robert-Koch-Institut den „Grand Est“ (Elsass, Lothringen, Champagne-Ardenne) als Coronavirus-Risikogebiet eingestuft hatte.

Doch diese Empfehlung ist am Donnerstag bei den größten Unternehmen in Zweibrücken kaum befolgt worden, ergaben Merkur-Anfragen: Tadano-Demag und Pallmann haben die Franzosen weiterarbeiten lassen. John Deere dagegen befolgte die Ministeriums-Empfehlung. Kubota äußerte sich nicht. Im Outlet-Center ist die Lage unklar.

„Auf Grundlage einer Empfehlung werden wir nicht die Mitarbeiter zuhause lassen und die Produktion in Deutschland gefährden“, sagt Frank Schättle, Personaldirektor des mit 1582 Beschäftigten größten Arbeitgebers in Zweibrücken, dem Kranbauer Tadano Demag. Eine behördliche Anordnung würde man „natürlich erfüllen“, betont Schättle. Aber Tadano habe „die Risikofolgen analysiert“: In der Belegschaft gebe es keinen einzigen Corona-Verdachtsfall. Zudem kämen die 187 französischen Mitarbeiter gar nicht aus den weit von Zweibrücken entfernten Zonen von Grand Est,wo sich Corona-Fälle tatsächlich massiv häufen (vor allem bei Mulhouse an der Grenze zur Schweiz). Schättle: „Wir sehen derzeit überhaupt keine Veranlassung, Beschränkungen einzuführen.“ Was sich aber je nach Lage natürlich jederzeit ändern könne. Tadano Demag spiele bereits verschiedene Szenarien für den Fall einer Ausbreitung der Corona-Epidemie durch. In drei Bereichen drohten dann Probleme: Unterbrechungen von Lieferketten (man habe schon erste Probleme mit Zulieferungen aus Italien), massiver Ausfall von Personal und (noch nicht konkret absehbare) Auswirkungen auf Bestellungen. Mit dem Betriebsrat habe man am Morgen erste Gespräche über eine Rahmenvereinbarung geführt, „um gegebenenfalls möglichst schnell in Kurzarbeit kommen zu können“ Man rede auch mit anderen großen Unternehmen aus Zweibrücken und der Region über gemeinsame Corona-Reaktions-Regelungen.

Für französische Mitarbeiter, die ihre Kinder wegen Corona-Präventiv-Sperrungen nicht mehr in die Schule schicken können, habe Tadano „eine relativ großzügige Ausnahmeregelung“ erlassen: Die Betroffenen dürfen bis Ende der Woche zuhause zu bleiben, um Betreuungsalternativen zu organisieren.

Auch der Zerkleinerungsmaschinen-Hersteller Pallmann hat die Ministeriums-Empfehlung noch nicht umgesetzt. Wobei Geschäftsführer Uwe Wagner ergänzt, dies könne sich stündlich ändern. Der Werksarzt habe am Morgen geraten, abzuwarten und die Franzosen (Wagner schätzt den Anteil an der rund 300-köpfigen Pallmann-Belegschaft auf 15 Prozent) weiter arbeiten zu lassen. Man habe sich von den Grenzgängern Handynummern geben lassen, um sie gegebenenfalls schnell informieren zu können, nicht zur Arbeit zu kommen.

Eine Task Force bei Pallmann habe bereits einen detaillierten Maßnahmenkatalog zur Prävention von Corona und zu möglichen Folgen erarbeitet (wobei das Geschäft noch fast normal laufe, selbst mit China). Persönliche Kundenkontakte habe man aber drastisch reduziert, einen Videokonferenzraum eingerichtet und man desinfiziere zweimal täglich alle Türklinken, Treppenhandläufe und Kaffeemaschinenknöpfe, nennt Wagner einige der Maßnahmen. Müssten Franzosen (oder viele andere Mitarbeiter) zuhause bleiben, müsste man „sicherlich unter anderem auch Kurzarbeit ins Auge fassen“, dazu sei man auch schon im Austausch mit anderen Firmen.

Von einer sofortigen Umsetzung der eindringlichen Ministeriums-Empfehlung, die Franzosen ab Donnerstag nicht mehr zur Arbeit kommen zu lassen, berichtet lediglich der Landmaschinenhersteller John Deere. Der Zweibrücker Geschäftsführer Linus Baumhauer: „Wir haben entschieden, die Grenzgänger zuhause zu lassen.“ Dies sind etwa 100 der rund 1100 Beschäftigten am Standort. Infolgedessen müsse John Deere „die Produktion erstmal etwas drosseln“ – plane aber schon, wie man sie durch Umorganisieren wieder hochfahren könne. Ein paar der 100 Franzosen seien in der Verwaltung tätig, sie machen nun Homeoffice – in der Produktion sei das natürlich unmöglich.

Ansonsten spüre John Deere bislang keine Corona-Folgen, „wir werden auch noch ganz normal beliefert“. Man beobachte aber fast stündlich die weiteren Entwicklungen um das Virus.

Auch wegen der traditionell vielen französischen Kunden arbeiten im Zweibrücker Fashion Outlet viele französische Verkäufer. Die Center-Leitung hat allerdings keinen Überblick darüber, ob in dem größten Outlet-Center Deutschlands mit insgesamt rund 1000 Mitarbeitern der Empfehlung der Landesregierung gefolgt wurde. Marketing Director Torsten Wiegelmann erklärt dazu: „Die Marken im Fashion Outlet Zweibrücken betreiben ihre Geschäfte vollkommen eigenständig und rekrutieren entsprechend auch das Personal komplett selbstständig. Wir haben keinen Einblick in die Arbeitspläne bzw. wer wann dort eingesetzt ist.“ In der Center-Verwaltung selbst komme kein Mitarbeiter aus Grand Est, aktuell bestehe also kein Handlungsbedarf. „Wenn von den Behörden empfohlen, könnte das Center-Management vorübergehend komplett vom Homeoffice aus arbeiten.“

Wiegelmann schreibt zum Corona-Thema weiter: „Wir beobachten die Situation sehr genau und befolgen die Empfehlungen der WHO. Dabei werden wir jegliche Maßnahmen, die von den lokalen Behörden und Experten angewiesen werden umsetzen“.

Kommen wegen des Coronavirus schon weniger Kunden aus Frankreich ins Outlet? Die Herkunft der Kunden werde nicht täglich erfasst, kann Wiegelmann hierzu aktuell noch keine Angaben machen.

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