KOMMENTAR zur Debatte um Lüftungsanlagen für Schulen in Zweibrücken Coronaschutz: (K)ein Herz für Schüler?

Zweibrücken/Pirmasens · Im Streit um das Für und Wider von Lüftungsanlagen in Schulen – und ob Pirmasens für Zweibrücken Vorbild sein sollte – lohnt ein zweiter Blick, meint unser Kommentator.

 Nach allen Schulen rüstet Pirmasens nun auch einige Kita-Räume mit Lüftungsanlagen „Marke Eigenbau“ nach, hier im Banana-Building.

Nach allen Schulen rüstet Pirmasens nun auch einige Kita-Räume mit Lüftungsanlagen „Marke Eigenbau“ nach, hier im Banana-Building.

Foto: Lutz Fröhlich

Zweibrücken war wohl etwas voreilig, die Lüftungsanlagen in Pirmasenser Schulen als „Bastel-Lösung“ abzuqualifizieren: Die vorgestern vorgestellten Mess-Ergebnisse  deuten darauf hin, dass die Anlagen zum Corona-Schutz genauso wirksam sind wie Stoßlüften. Und zu glauben, dass es die „Schlabbeflicker“ nicht schaffen, Lüftungsrohre sicher an den Klassenzimmerdecken zu befestigen, war „herzogstädtischer Hochmut“ – die Installation war mit der Unfallkasse abgestimmt.

So hat nun Pirmasens in allen 450 Klassenzimmern Lüftungsanlagen, während Zweibrücken nur für vier fensterlose Fachräume aktiv wird. Und obwohl der Zweibrücker Stadtrat schon im März klar seinen Willen bekundete, lüftungstechnische Anti-Corona-Maßnahmen in allen Unterrichtsräumen zu ergreifen (nur über das Wie gab es keine Mehrheit), hat die Stadtverwaltung immer noch kein Ergebnis ihrer damals angekündigten Prüfung vorgelegt.

Lässt Zweibrücken also seine Kinder durch Nichtstun in der Corona-Krise im Stich, während Pirmasens entschlossen handelt? Dieser Vorwurf liegt auf den ersten Blick nahe. Ich finde ihn aber völlig falsch. Aus zwei Gründen.

Erstens: Die aus Baumarkt-Materialien zusammengebaute Pirmasenser Anlagen sind zwar deutlich billiger als professionelle Raumlufttechnik-Systeme. Aber: Dafür, dass einfaches Stoßlüften die gleiche Wirkung erzielt, kosten sie immer noch viel. Die Pirmasenser Anlage bringt also mehr Bequemlichkeit (was durchaus was für sich hat) – aber nicht mehr Corona-Schutz! Und weil immer ein Fenster auf Kipp stehen muss, kann’s im Winter auch in Pirmasenser Klassensälen kalt werden.

Zweitens: Schon vor der Corona-Krise hatten Experten dafür plädiert, Schul-Neubauten mit professionellen Lüftungsanlagen auszustatten. Diese sind deutlich leistungsfähiger als das Pirmasens Modell, aber natürlich auch viel teurer. Diesen Monat aber hat die Bundesregierung entschieden: Wegen Corona wird es 80 Prozent Förderung auch für nachträgliche Einbauten in Räumen mit Fenstern geben, in denen Sechs- bis Zwölfjährige lernen. Sind die (für Mitte Juni angekündigten) Förderregel-Details so gut, wie die Regierungs-Äußerungen vermuten lassen, könnte Zweibrücken am Ende für das gleiche Geld wie Pirmasens deutlich bessere Anti-Viren-Anlagen in den Schulen haben. Sollte die Regierung den Mund zu voll genommen haben, verdient aber auch das Pirmasenser Modell eine sorgfältige Prüfung.

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