Nach Verstößen gegen Schutzregeln in Zweibrücken 39 000 Euro Corona-Sanktionen verhängt

Zweibrücken · Die Stadt lobt die Disziplin der meisten Zweibrücker in der Corona-Pandemie. Doch es gibt auch hunderte Ordnungswidrigkeitenverfahren. Der Merkur hat zudem nachgefragt, ob es während der bis vor kurzem hohen Infektionszahlen mehr Verstöße gab.

 Eine Coronaschutz-Maske, statt auf Mund und Nase getragen achtlos auf auf dem Alexanderplatz entsorgt. Solch laxe Szenen waren dieses Frühjahr (Bild) in Zweibrücken seltener zu beobachten als zu Pandemie-Beginn.

Eine Coronaschutz-Maske, statt auf Mund und Nase getragen achtlos auf auf dem Alexanderplatz entsorgt. Solch laxe Szenen waren dieses Frühjahr (Bild) in Zweibrücken seltener zu beobachten als zu Pandemie-Beginn.

Foto: Lutz Fröhlich

Als ob die weltweite Corona-Krise nicht schon Aufregung genug wäre: In Zweibrücken haben die Bürger/-innen seit Pandemie-Beginn ein besonderes Wechselbad der Gefühle erlebt. 2020 und Anfang 2021 glänzte Zweibrücken mit bundesweit niedrigen Inzidenz-Zahlen (Infektionen im Verhältnis zur Bevölkerungszahl), war mehrfach sogar Spitzenreiter in Deutschland. Oberbürgermeister Marold Wosnitza (SPD) gab deshalb sogar der „Bild am Sonntag“ in großes Interview. Doch vor einigen Wochen kehrte sich das Bild um: Plötzlich war Zweibrücken für mehrere Tage Spitzenreiter am andere Ende der Tabelle – mit den meisten Infektkionszahlen. Aber auch das ist schon wieder Vergangenheit: Seit wenigen Tagen liegt die Inzidenz in Zweibrücken sogar bei 0, wie mittlerweile allerdings vielerorts.

Haben sich die Zweibrücker/-innen womöglich zu sehr in den monatelangen Erfolgszahlen gesonnt – und sind beim Coronaschutz laxer geworden? Dieser Verdacht könnte aufkommen angesichts der bis vor kurzem im Bundesvergleich hohen Infektionszahlen. Er wird allerdings durch die Beobachtungen der Stadt nicht gedeckt. Im Gegenteil, ergab eine Merkur-Anfrage zu den wegen Verstößen gegen die Coronaschutz-Maßnahmen seit Pandemie-Beginn in Zweibrücken verhängten Sanktionsgeldern.

Von März 2020 bis Juni 2021 gab es in Zweibrücken 404 Ordnungswidrigkeitsverfahren in Bezug auf die Corona-Situation, erklärt die für das Ordnungsamt zuständige Zweibrücker Beigeordnete Christina Rauch (CDU). Und schlüsselt auf: „Von März 2020 bis Ende Mai 2020 waren 215 Bußgeldverfahren in Bezug auf die Corona-Situation durch die Ordnungsbehörde eröffnet. 2021 sind im Vergleichszeitraum (März 2021 bis Ende Mai 2021) 33 Bußgeldverfahren in Bezug auf die gültigen Corona-Bekämpfungsverordnungen aktenkundig. Demnach gab es im Vergleich zum Beginn der Corona-Situation keinen Anstieg im Bereich der eröffneten Bußgeldverfahren in Bezug auf die Corona-Situation, sondern die Verfahren nahmen im Jahresvergleich ab. Zudem sind die Tatvorwürfe in Zweibrücken insgesamt rückläufig.“

Die statistische Häufung in den ersten beiden Pandemie-Monaten des Jahres 2020 sei „vermutlich den grundsätzlichen Corona-Einschränkungen zu Beginn der Pandemie und der Eingewöhnungsphase in die neuartige Ausnahmesituation geschuldet“, so Rauch.

Dass die Stadtverwaltung offensichtlich großes Augenmerk auf die Einhaltung der Corona-Verordnungen gelegt hat, macht eine andere Zahl deutlich: Den 404 Corona-Verfahren machen 60 Prozent der Ordnungswidrigkeitsfälle in diesem Zeitraum insgesamt (673) aus. Wobei Stadtsprecher Jens John darauf verweist, dass diese Zahlen sich noch verändern können, denn gut 250 der Gesamt-Fälle hätten noch nicht statistisch ausgewertet werden können.

Fest steht aber, wie viele Verfahren wegen Coronaschutz-Verstößen schon abgeschlossen sind – und auf wie viel Geld für die Corona-Knöllchen bezahlt werden musste: Insgesamt wurden zwischen Mitte März 2020 und Ende Juni 2021 in Zweibrücken 38 805 Euro verhängt . Eine genaue statistische Auswertung, um welche Verstöße es sich handelte, sei mit dem eingesetzten Computerprogramm nicht möglich, erläutert Stadtsprecher: „Ich kann allerdings grob mitteilen, dass circa zwei Drittel aller Verstöße gegen das Abstandsgebot, die Maskenpflicht, oder gegen die Kontaktbeschränkungen waren.“

Die Beigeordnete Rauch ergänzt auf Merkur-Nachfrage: „Neben diesen erfassten Verfahren wurden zudem Belehrungen durchgeführt sowie Platzverweise ausgesprochen. Die meisten Verstöße wurden im Bereich Zusammenkünfte zum Beispiel von mehr als zwei Personen, Abstandsgebot im öffentlichen Raum und im Bereich des Nichttragens von Mund-Nasen-Schutzbedeckungen getätigt. Gegebenenfalls wird bei Erstverstößen gegen die jeweils gültige Corona-Bekämpfungsverordnung zum Beispiel Nichttragen von Mund-Nasenschutzbedeckungen oder zu geringer Abstand ein Verwarnungsgeld in Höhe von 50 Euro angeboten, bei Wiederholungsverstößen besteht die Möglichkeit den jeweiligen Regelsatz zu verdoppeln.“

Rauch schlüsselt weiter auf: „Innerhalb der von März 2020 bis Juni 2021 erfassten 404 Ordnungswidrigkeitsverfahren in Bezug auf die Corona-Situation wurde 90-mal ein Verwarnungsgeld erhoben und 126-mal ein Bußgeldbescheid erlassen. 121 dieser Verfahren sind noch anhängig. 55 dieser Verfahren wurden eingestellt. Bei 12 dieser Verfahren wird noch über Einsprüche entschieden.“

Rauch ist aber auch wichtig, die andere Seite hervorzuheben: „Die überwiegende Mehrheit der Zweibrückerinnen und Zweibrücker kommt der Einhaltung der Corona-Richtlinien gewissenhaft nach. Allein mit diesem besonnen Verhalten der Bürgerinnen und Bürger ist diese fordernde Zeit zu meistern.“ Und Rauch bietet Ratsuchenden Hilfe an: „Der Leitung der Ordnungsbehörde und mir ist es wichtig, für die Bürgerinnen und Bürger in dieser fordernden Zeit da zu sein, sie zu beraten und Möglichkeiten – gerade in der aktuellen Situation - aufzuzeigen. Bei etwaigen Fragen und Unklarheiten bitten wir, sich einfach an uns zu wenden.“

Nach der deutlichen Entspannung der Corona-Lage in den letzten Tagen in Zweibrücken und den entsprechend der 23. Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz gelockerten Maßnahmen ist nun wieder Vieles möglich, was früher noch sanktioniert wurde. Auch Rauch freut sich über diese neue Freiheiten, appelliert aber, weiter vorsichtig zu bleiben: „Es geht nun darum auf Sicht und besonnen, Freizeitmöglichkeiten und öffentliches Leben wieder zu ermöglichen und zu genießen – mit der Hoffnung, dass mit diesem besonnenen Vorgehen weitere Öffnungen möglich werden und wir gemeinsam Schritt für Schritt die aktuelle Situation weiterhin meistern.“

Als Beispiele für das Wiederhochfahren des öffentlichen Lebens nennt Rauch – die auch Kulturdezernentin ist – die vergangene Woche eröffnete Pirmasens-Zweibrücker Doppelausstellung „Überbrücken-Überbürkel“ und die am Wochenende gestartete sommerliche Openair-Konzert- und Veranstaltungsreihe „ZW on Air“ auf dem Herzogplatz. „Mit diesen neuen und besonderen Formaten für die Bürgerinnen und Bürger unserer Region können wir Kultur in dieser fordernden Zeit nach allen Regeln der Kunst – natürlich unter Einhaltung aller Gesundheitsschutzmaßnahmen – verantwortlich ermöglichen.“ Rauch deutet an, dass es noch mehr Überraschungen geben wird: „Weitere Freizeit- und Bildungsangebote werden von der Stadtverwaltung für die Bürgerinnen und Bürger in der Sommerzeit zurzeit organisiert, um in dieser fordernden Zeit zu unterstützen und Abwechslung zu bieten.“

Rauch schließt ihre Stellungnahme: „Die aktuelle Situation zeigt uns, dass wir alle zusammen schwierige Situationen meistern können. Schritt für Schritt – jeden Tag aufs Neue. Ich sehe zuversichtlich in die nahe Zukunft.“

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort