Computer-Bildungstest für junge Flüchtlinge

Ludwigshafen · Für Kinder und Jugendliche ist es wichtig, auf die passende Schule und in die richtige Klasse zu kommen. Aber wie können Wissen und geistige Fähigkeiten von Schülern ermittelt werden, die noch nicht lange in Deutschland sind und die Sprache kaum beherrschen? Ein neues Verfahren soll nun in Rheinland-Pfalz helfen - zunächst probeweise.

 Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) in Ludwigshafen bei der Vorstellung des Analyseverfahrens für Kompetenzen von Schülern mit ausländischen Wurzeln. Foto: Uwe Anspach/dpa

Die rheinland-pfälzische Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) in Ludwigshafen bei der Vorstellung des Analyseverfahrens für Kompetenzen von Schülern mit ausländischen Wurzeln. Foto: Uwe Anspach/dpa

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Wer soll getestet werden? Die sogenannte Kompetenzanalyse "2P" war ursprünglich für Schüler gedacht, die seit etwa drei Monaten in Deutschland sind und noch einen geringen Wortschatz haben. Das können Flüchtlinge sein, aber auch Kinder, die aus anderen Gründen ins Land gekommen sind. Die Herstellerfirma MTO hat nach eigenen Angaben inzwischen aber verschiedene Schwierigkeitsstufen in den Test eingebaut, so dass er auch bei Schülern eingesetzt werden kann, die schon länger in Deutschland leben. Auch das Alter soll berücksichtigt werden. Es gibt einen Test für zehn- bis 15-Jährige und einen für 16- bis 20-Jährige.

Worum geht es dabei? Getestet wird am Computer. Zum einen soll ohne großen sprachlichen Aufwand geklärt werden, welchen Wissensstand die Schüler in Deutsch, Englisch und Mathematik haben. So werden ihnen zum Beispiel Rechenaufgaben mit einer Leerstelle vorgesetzt, in die sie die richtige Zahl einfügen müssen. Aber auch die Merk- und die Konzentrationsfähigkeit werden getestet, ebenso wie die Fähigkeit, logisch zu denken und Probleme zu lösen. So müssen die Kinder zum Beispiel bei Bildern, die verschiedene Formen zeigen, herausfinden, welche Form nicht passt. Auch Angaben zur bisherigen Bildung werden abgefragt. Jedes Modul läuft höchstens 45 Minuten. Ein weiteres Modul, das noch entwickelt wird, soll Aufschluss über die beruflichen Kompetenzen und Interessen geben - und bei der Orientierung helfen.

Was passiert mit den Ergebnissen? Lehrer und Schüler besprechen die Ergebnisse und ziehen Konsequenzen daraus. Der Test kann auch mehrmals gemacht werden. So lässt sich nach Angaben des Bildungsministeriums in Mainz eine Lernentwicklung ablesen.

Wo wird überall getestet? Die Kompetenzanalyse "2P - Potenzial und Perspektive" ist eine abgespeckte Form des Tests "Profil AC", der seit 2016 an 70 weiterführenden Schulen im Land für alle Schüler eingesetzt wird, um berufsrelevante Fähigkeiten zu ermitteln. Derzeit ist "2P" an fünf Schulen im Einsatz: An den Realschulen plus in Edenkoben, Haßloch und Alzey sowie an der berufsbildenden Schule Worms und der IGS Ludwigshafen Gartenstadt. Der Test soll das Frühjahr über laufen, dann sollen die Ergebnisse bewertet werden. Wenn er sich bewährt, soll er ergänzend an den Schulen mit "Profil AC" angeboten werden. Deren Zahl soll in diesem Jahr um rund 90 steigen, bis 2021 soll es die "Profil AC"-Tests an allen Schulen geben, die zur Berufsreife führen.

Welche Erfahrungen wurden bislang mit den Tests gemacht? "2P" wurde wie "Profil AC" von der Firma MTO Psychologische Forschung und Beratung GmbH aus Tübingen entwickelt und nach Angaben des rheinland-pfälzischen Bildungsministeriums bereits in Baden-Württemberg "sehr erfolgreich getestet". Auch Gewerkschafter stehen den Tests positiv gegenüber. Sie ermöglichten es, die Kinder noch individueller zu fördern, sagt der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) Rheinland-Pfalz, Gerhard Bold. Die Lehrer müssten aber die notwendige Unterstützung und die nötigen Ressourcen haben, um die Arbeit machen zu können, betont der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Rheinland-Pfalz, Klaus-Peter Hammer.

Was sagen die Kinder und Jugendlichen? "Es war in Ordnung", sagt der zwölfjährige Mohammed aus Afghanistan, der am Freitag in Ludwigshafen den Mathetest absolvierte. "Es war einfach". Und der Deutschtest? "Deutsch ist ganz ok." Deutsch und Englisch seien leicht gewesen, Mathematik leicht und schwer, und logisches Denken sei sehr schwer gewesen, sagt die 18-jährige Syrerin Mirna aus Aleppo. "Es hat trotzdem viel Spaß gemacht." Sie ist seit 16 Monaten in Deutschland, geht in die elfte Klasse und möchte Medizin studieren.

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