"Chaos" 22 Meter über der KirmesSchausteller der siebten Generation

Zweibrücken. Aus der Ferne sind schreiende Personen zu hören. Dazu laute Musik, Hupen, bunte Blinklichter. Der Duft von Popcorn, Bratwurst und gebratenen Mandeln liegt in der Luft - es ist wieder Turnerjahrmarktszeit. Zum 109. Mal in der 150-jährigen Geschichte der Vereinigten Turnerschaft Zweibrücken (VTZ)

Zweibrücken. Aus der Ferne sind schreiende Personen zu hören. Dazu laute Musik, Hupen, bunte Blinklichter. Der Duft von Popcorn, Bratwurst und gebratenen Mandeln liegt in der Luft - es ist wieder Turnerjahrmarktszeit. Zum 109. Mal in der 150-jährigen Geschichte der Vereinigten Turnerschaft Zweibrücken (VTZ). "Unser Marktleiter Horst Ließfeld hat mal wieder ein Sahnestück entworfen", lobt VTZ-Präsident Otto Graßhoff. "Hier werden Erwachsene wieder zu Kindern", sagt Erwin B. Hoffmann, Vorsitzender der VTZ. Und trifft damit genau ins Schwarze. Der Pfingstmarkt ist nämlich eine Generationsveranstaltung. Papa dreht mit den Kleinen ein paar Runden auf dem Autoscooter, mit der Mama wird das Glück am Losstand beschworen. Und am Ende wird gemeinsam von Knoblauchbaguette über Currywurst bis hin zu Schokoladenobst oder Zuckerwatte das kulinarische Angebot ausprobiert.Im nostalgischen Riesenrad von 1974 schauen sich nicht nur Verliebte den Festplatz in 20 Metern Höhe an. "Einfach nur toll, was hier los ist", meint Thomas König aus Schmitshausen. Mittlerweile wohnt er in Ulm und nutzt solche Anlässe, um die Heimat zu besuchen. Mitgebacht hat er ein paar Freunde aus dem Schwabenland, die ebenfalls begeistert von der Kirmes sind. "Der überschaubare Rahmen, jeder kennt sich, sagt ,Hallo' und bleibt zu einem kurzen Gespräch stehen. Das ist einfach familiärer als auf der Cannstatter Wasen", meint Katja Hinzel aus Göppingen.

Auch die mit Luft gefüllten Plastikkugeln der Schausteller-Brüder Ewald und Arnold Roos stehen hoch im Kurs der Besucher. "Da kann man endlich mal übers Wasser laufen", frohlockt Kathrin Meisner (7), bevor sie in den im Durchmesser zwei Meter großen durchsichtigen Ballon steigt. D e r Anziehungspunkt dieses Turnerjahrmarkts aber ist die Geschwindigkeitsschaukel "Chaos", die ihre Passagiere in den Gondeln um die eigene Achse dreht und 22 Meter in die Höhe schwingt. "Sollen wir da wirklich drauf?", fragt Steffi (17) ihre Freundinnen Anna und Cosima (beide 18). Das laute Geschrei der Fahrgäste über ihren Köpfen und die verzerrte Stimme des Anheizers, der immer wieder fragt, "Könnt ihr noch? - Dann gibt es jetzt volle Power", taten ihr Übriges zum Grübeln der drei Mädels. Ein paar Bedenkminuten später trauen sie sich doch - wenn auch mit etwas blasser Hautfarbe. "Das hat so gekribbelt im Bauch", berichten die Freundinnen, nachdem sie wieder festen Boden unter den Füßen haben. Es sei zwar sehr hoch, mache aber "tierischen Spaß" - weshalb sie gleich nochmal fahren.

Zufrieden mit den ersten drei Tagen ist VTZ-Marktmeister Horst Ließfeld. Auf seinen Runden über den Platz achtet er nicht nur darauf, ob alles in Ordnung ist. Seine Gedanken sind auch schon im nächsten Jahr - was man verändern oder welche neuen Attraktionen passen könnten.

Mit dem "Kommunalpolitischen Frühschoppen" heute ab elf Uhr wird der Familientag mit reduzierten Preisen der Fahrgeschäfte eingeläutet. Bevor ab 22 Uhr das musikalische Höhenfeuerwerk den VTZ-Turnerjahrmarkt beschließt, wird ab 14.30 Uhr im Festzelt zur Seniorengala geladen, für Unterhaltung sorgen Erwin Plickat mit seiner City-Combo sowie mehrere Tanzgruppen der VTZ.

Zweibrücken. "Ich bummelte mit vollem Erfolg über die Reeperbahn." Diesen Spruch auf einem Mützenschirm aus Papier erhält jeder Gast, der sich in das Spiegelkabinett von Schausteller Robert Heitmann traut, der seit Anfang der 70er- Jahre in regelmäßigen Abständen mit seiner Belustigungsbude auf den VTZ-Turnerjahrmarkt kommt. Ein kurzes freundliches Gespräch, der ein oder andere Witz zwischen Besucher und Schausteller, dann verabschieden sich die Mutigen in das Spiegelkabinett. "Das Schnacken gehört einfach dazu, wenn man Menschen glücklich machen möchte", erklärt Heitmann. "Es ist auch für uns als Schausteller toll, wenn wir eine Nähe zu den Kunden aufbauen können und alle zufrieden sind." Diese "Zufriedenheit" ist für den 45-Jährigen die höchste Maxime. Dieses Anspruchsdenken hat er in die Wiege gelegt bekommen: Schon die siebte Generation der Heitmanns zieht als Kirmesbudenbetreiber durchs Land. "Ich kenne es nur so und möchte nichts anderes machen", sagt der dreifache Familienvater. 1890 haben seine Ur-Ur-Ur-Großväter als Gaukler und mit einem Kinographen die Jahrmarkt-Tradition begonnen.

Der Spiegel-Irrgarten wird bei jedem Aufbau neu angelegt. Um acht Uhr in der Früh beginnt der Arbeitstag bei den Heitmanns auf dem Pfingstmarkt. Dann heißt es Lampen kontrollieren, Scheiben und Fassade putzen sowie den Fußboden aussaugen. Unterstützung erhält der Chef des Familienunternehmens dabei von seinen Töchtern Laura (19) und Madeleine (5) sowie einem festen Mitarbeiter. Sohn Marvin (21) und Ehefrau Martina sind gleichzeitig mit dem Hotdog-Wagen und Kinderkarussell in Deutschland unterwegs. mw

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