Amtsgericht Zweibrücken Ohne Attest strafbar: Cannabis gegen Panikattacken

Zweibrücken · Das Jugendschöffengericht des Amtsgerichts Zweibrücken hat einen 20-Jährigen am Dienstag wegen Drogenbesitzes und Drogenhandels zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten verurteilt und zur Bewährung ausgesetzt.

 Das Zweibrücker Amtsgericht

Das Zweibrücker Amtsgericht

Foto: Rainer Ulm

Ja, er habe jene Drogen besessen, die bei ihm gefunden worden waren. Und nein, er habe „das Marihuana nicht gewinnbringend verkaufen wollen. Das ist Schwachsinn!“, widersprach der 20-jährige Zweibrücker am Dienstag zu Beginn der Verhandlung des Jugendschöffengerichts im Amtsgericht Zweibrücken Staatsanwältin Claudia Feß. Die Anklägerin hatte dem Zweibrücker vorgeworfen, Drogen besessen und damit gehandelt zu haben.

Bei dem 20-Jährigen waren bei einer Durchsuchung seiner Wohnung in der Zweibrücker Oselbachstraße Anfang des Jahres im Zusammenhang mit einem anderen Ermittlungsverfahren gegen einen anderen, gesondert verfolgten Beschuldigten, 93 Gramm Haschisch und einige, in mehrere Tütchen verpackte Gramm Marihuana gefunden worden. Nach Überzeugung von Staatsanwältin Feß hatte der 20-Jährige vor, das Rauschgift „gewinnbringend“ zu verkaufen. Worauf auch eine bei der Durchsuchung seines Wohn- und Schlafzimmers sichergestellte Feinwaage hingedeutet habe. An dem Messgerät seien „Drogenanhaftungen“ festgestellt worden, sagte die Staatsanwältin.

Der junge Angeklagte bestand allerdings darauf, das Cannabis nur für den Eigenbedarf besessen zu haben – um „meine Panikattacken zu behandeln“. Daraufhin hakte Jugendrichter Christian Orth nach: Wenn er die Drogen doch nur für den Eigenbedarf besessen haben wolle, warum er sie dann mit einer Feinwaage abgewogen und in mehrere Tütchen verpackt habe? Die Antwort des 20-Jährigen: „Damit ich nicht zu viel rauche.“ Die Panikattacken seien die Nachwirkungen einer Drogentherapie, die er kurz davor „erfolgreich bestanden“ habe. Cannabis will er angeblich auf Anraten seines Arztes quasi als Medizin eingenommen haben. Ein Rezept habe im der Mediziner allerdings „aus rechtlichen Gründen“ nicht ausstellen wollen.

Dem schloss sich Staatsanwältin Feß in ihrem Plädoyer an. Sie hielt den vorgeworfenen Sachverhalt für erwiesen. Die „Umstände“ ließen den Schluss zu, dass er die Betäubungsmittel auch erworben hat, „um sie weiterzuveräußern“. Nicht umsonst seien sie in Tütchen abgepackt gewesen. Und „wertmäßig“ (Richter Orth hatte knapp 1000 Euro ausgerechnet) handele es sich bei den Drogen um eine „nicht unerhebliche Menge“: „Kaum zu glauben, dass sich ein Hartz-IV-Empfänger einen solchen großen Vorrat kauft.“ Das, so die Staatsanwältin, sei „alles nicht stimmig“. Sie war überzeugt, dass der 20-Jährige, dem es bislang nicht gelungen war, einen Beruf zu erlernen und eine Arbeit zu finden, mit dem Handel seinen eigenen Drogenkonsum finanzieren wollte. In dieser Hinsicht sei er schon mehrfach „in Erscheinung getreten“. Sie beantragte, den jungen Mann wegen seiner „schädlichen Neigungen“ zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten auf Bewährung zu verurteilen.

Der Verteidiger des 20-Jährigen, der Zweibrücker Rechtsanwalt Sven Weichel, sagte in seinem Schlussvortrag, seinem Mandanten sei Drogenhandel nicht nachzuweisen. Zumal bei der Wohnungsdurchsuchung kein Bargeld gefunden worden sei. Er sprach sich für erzieherische Maßnahmen aus.

In seinem Urteil folgte das Gericht allerdings dem Antrag von Staatsanwältin Feß und verhängte eine Jugendstrafe von sechs Monaten, die es zur Bewährung aussetzte. Jugendrichter Orth: „Wir sind überzeugt, dass er auch Handel mit Drogen getrieben hat.“ Dafür spräche schon die „Auffindesituation“: die Portionierung in Tütchen, eine Feinwaage mit Drogenresten. Das Gericht auferlegte dem 20-Jährigen zudem 80 Stunden gemeinnütziger Arbeit und eine Bewährungszeit von drei Jahren. Richter Orth gab dem 20-Jährigen noch den Hinweis mit auf den Weg: „Ohne Attest ist der Besitz von Cannabis verboten.“

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