Merkur-Podiumsdiskussion zur Oberbürgermeister-Wahl Wosnitza hinterlässt den besten Eindruck
Zweibrücken · Die Mehrzahl der Zuhörer der Merkur-Podiumsdiskussion zur Oberbürgermeisterwahl würde den SPD-Politiker wählen.
Marold Wosnitza hat am Dienstagabend offenbar den Nerv der Zuhörer in der Karlskirche getroffen. Nach der Podiumsdiskussion vom Pfälzischen Merkur und Die Woch mit den sechs Kandidaten um das Amt des Zweibrücker Oberbürgermeisters gaben in einer Umfrage vor Ort 115 Teilnehmer (66 Prozent) an, den SPD-Politiker nach jetzigem Stand wählen zu wollen. Nur 44 Stimmen (25 Prozent) entfielen auf den amtierenden Bürgermeister Christian Gauf (CDU). Es folgten AfD-Mann Klaus Peter Schmidt (4,6 Prozent) sowie die Einzelbewerber Atilla Eren (3,4) und Andreas Wente (1). Einzelbewerber Thomas Kewel bekam keine direkte Stimme. Wente erzielte dafür bei der Frage, in welcher Reihenfolge die Kandidaten den besten Eindruck hinterließen (der Erstplatzierte erhielt sechs Punkte, der Sechstplatzierte einen) das drittbeste Ergebnis (334 Punkte). Es folgten Eren (269), Kewel (228) und Schmidt (180). Erster war auch hier Wosnitza (782) vor Gauf (713). Allerdings mit geringerem Vorsprung als bei der Direktwahl.
Wer einen knallharten Schlagabtausch zwischen den beiden aussichtsreichsten Bewerbern erwartet hatte, wurde zumindest in der Tonalität enttäuscht. Gerade in Wirtschaftsfragen lagen Gauf und Wosnitza oft auf einer Wellenlänge und waren bemüht, eine positive Ist-Situation der Rosenstadt zu zeichnen. „5,5 Prozent Arbeitslosigkeit. Das ist der niedrigste Stand seit 30 Jahren“, erklärte Gauf zufrieden. Wosnitza griff den Spielball auf: 5,5 Prozent seien in der Tat beachtlich, meinte der SPD-Mann und ergänzte: „Wenn man das Flugplatzgelände sieht, hat man den Eindruck, dort entsteht an jeder Ecke etwas Neues.“ Die Stadt müsse aber besser für sich werben, denn: „In großen Teilen der Republik weiß man nicht, was in Zweibrücken geschieht“, so Wosnitza. Gegenüber Firmen müsse man die großen Potenziale der Stadt deutlich machen. Zum Beispiel die „sechs oder sieben Hochschulen in der Umgebung“.
Gegenwind für die positive Bestandaufnahme bekamen Gauf und Wosnitza insbesondere von Wente und Schmidt. „Ich höre immer nur, was wir hier haben. Wir haben aber vor allem 265 Millionen Euro Schulden. Es wird nicht darüber gesprochen, dass wir eigentlich abhängig sind“, sagte Schmidt. Wente beklagte, dass die Stadt nicht alles tue, um einen großen Arbeitgeber nach Zweibrücken zu lotsen. „Wir brauchen den einen großen Arbeitgeber, um den sich der Mittelstand gruppieren kann. Wir müssen prüfen: Wer will in Deutschland expandieren – und dann dort rüberfahren. Nicht warten, bis jemand auf uns zukommt“, forderte der 53-Jährige, der zudem eine länderübergreifende Zusammenarbeit mit Homburg anregte. Gauf begrüßte dieses Planspiel nicht: „Wir sehen doch beim Thema S-Bahn, wie das läuft. Die Homburger sind unsere Freunde, aber Kooperationspartner suchen wir in unserem Landkreis.“
Einstimmig fielen kritische Töne aller Kandidaten für das von einem Investor geplante Möbelhaus auf der Truppacher Höhe aus. „Der Weg, mich davon zu überzeugen, ist noch ein weit“, sagte Wosnitza, während Gauf erklärte, man wolle auch Alternativen prüfen. Wente meinte: „Wir sind mit Möbel Martin schon gut aufgestellt.“ Überraschend: In der Vergangenheit waren aus dem Stadtrat immer wieder Signale gekommen, dass man dem Möbelhaus tendenziell wohlwollend gegenüberstehe.
Differenzen offenbarten sich beim Thema Innenstadt und Fußgängerzone. Während Bürgermeister Gauf auf bereits Erreichtes unter seiner Führung verwies – zum Beispiel darauf, dass die Stadt gerade das Einzelhandelskonzept fortschreibe und es geschafft habe, dass die AOK in Zweibrücken bleibt – betonte Wosnitza, dass man „eine Innenstadt schaffen muss, in der der Bürger gerne verweilen möchte“. Bei Herausforderungen wie Online-Handel, dem Outlet-Center und der Konkurrenz auf der grünen Wiese müsse man von dem Gedanken abkommen, dass in der Innenstadt irgendwann wieder so eingekauft würde wie früher. Man müsse die Gastronomie fördern. Beispielsweise dadurch, dass man für Außenbestuhlung in den ersten beiden Jahren kein Geld verlange. Gauf erwiderte, dass es „verdammt schwer“ würde, dieses Vorhaben bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion in Trier durchzusetzen. Wosnitza dazu: „Wir dürfen nicht alles damit rechtfertigen, dass die ADD etwas dagegen hat.“ Einspruch kam aber auch von Schmidt: „Gastronomie haben wir genug, das ist nicht das Ziel einer Innenstadt.“ Wente betonte, dass man in der City das Angebot für junge Leute stärken müsse. Sein Vorschlag: Trendläden, Bars und Shuttle-Busse, mit denen auch Menschen etwa aus Wattweiler in die Stadt kämen.
Die Redebeiträge von Atilla Eren blieben in der Regel kurz. Leidenschaftlich wurde der Besitzer einer Gerüstbaufirma aber beim Thema Baudezernat. Während alle anderen Bewerber eine klare Aussage, wer dieses wichtige Amt künftig besetzen soll, vermieden, erklärte es Eren zur Chefsache: „Das werde ich selbst übernehmen. Es dauert manchmal Jahre, bis ein Bauantrag genehmigt ist. Und das nur, weil ein Blatt falsch gefaltet war. Das ärgert mich und das werde ich ändern.“
Berufssoldat Thomas Kewel, der sich gegen befristete Arbeitsverträge und eine Große Koalition im Stadtrat aussprach, erregte im Publikum mit der Behauptung Aufsehen, dass es Bürger gebe, die sich in der Schwalbenstraße oder im Wolfsloch nach 23 Uhr nicht mehr sicher fühlten. „Bürgerwehr klingt drastisch“, erklärte Kewel im Hinblick auf seine frühere Forderung. Er ergänzte aber: „Ich höre ständig, dass für Ordnungsamt und Polizei kein Geld da ist. Dann kann man doch über Ehrenamtliche mit einwandfreiem polizeilichen Führungszeugnis nachdenken.“ Die anderen OB-Kandidaten – auch AfD-Kandidat Schmidt – wandten ein, dass sie Zweibrücken nicht für eine gefährliche Stadt halten. Wosnitza meinte, dass es durchaus Unsicherheiten bei den Bürgern gebe, die aber „zum Teil eingeredet“ seien. Abhilfe könne man mit einer Innenstadtwache schaffen, um „Sichtbarkeit und Ansprechbarkeit“ zu erhöhen.
Bei den Zuhörern in der Karlskirche hinterließ Wosnitza, der sich als fachkundiger Visionär präsentierte, gegenüber Gauf, der wiederholt auf Erreichtes während seiner Zeit als Bürgermeister hinwies, den besseren Eindruck. Wer von den beiden Oberbürgemeister wird – oder ob ein Überraschungssieger das Rennen macht – entscheiden aber die Wähler an diesem Sonntag.