Bei Anritzrede brechend voll im Schweinwerferlicht?

Zweibrücken · Die schönsten Blüten kommen in der Rosenstadt Zweibrücken nie ans Licht: Stilblüten, die auf dem Weg vom Manuskript zum fertig redigierten Text verloren gehen. Einige Prachtexemplare haben die Merkur-Redakteure aber konserviert - damit sie nicht mehr zu lachen haben als die Leser ...

Wissen Sie, was eine "Auf- und Abstiegsanlage" ist? Nein? Nicht schlimm, auch uns Redakteuren wäre das nicht sofort eingefallen - wenn ein paar Sätze vorher in dem Textmanuskript nicht schon von einer "Treppe" die Rede gewesen wäre. Auch, wenn Deutschlehrer für Wortwiederholungen schlechte Noten geben: Uns Journalisten ist die Verständlichkeit wichtiger. Weshalb wir lieber ein zweites Mal "Treppe" geschrieben haben. Und auch bei einem Feuer "mit Brandrauch beaufschlagte" Räume wären sprachtechnisch ein suboptimaler Aufschlag gewesen.

Etwas charmanter klingt zwar "Drahtesel-Lenker", aber auch den versteht man als "Radfahrer" besser.

Unschön wird's, wenn Bilder auch noch schief sind. So stand in der Rohfassung eines Berichts über ein Fußballspiel, ein Stürmer habe "die größte Chance vergeben, den Sack zuzumachen, traf aber nur die Latte". Ein Sack mit Latte? Gibt's so wenig wie "bleierne Wolken", die es "tüchtig schneien lassen".

Manchmal spielt in Texten auch die Biologie verrückt. Fahndet die Polizei wirklich nach einem "entschlüpften Känguru" - oder nicht doch einem entlaufenen? In Rimschweiler zog bei der Kerwe 2016 auch keine "Straußengemeinschaft" durchs Dorf. Und "Familie Bremer gefällt's in Mausbach tierisch gut" klingt zwar echt tierisch gut, dummerweise heißt der Ort aber bekanntlich Mauschbach. Gans, gans falsch wäre auch gewesen, bei einem Chorkonzert von "Gänsehausfeeling" zu schreiben. Und völlig aus dem Häuschen wären die Gäste der Abiturienten des Homburger Saarpfalz-Gymnasium gewesen, hätten sie tatsächlich "im Schweinwerferlicht" auf der Bühne gestanden, wie zunächst im Bildtext stand.

Überhaupt: Versautes kommt uns nicht ins Blatt! Linken-Bundestagsfraktionschef "Dietmar Bartsch kommt heute um 19 Uhr im Wintergarten der Zweibrücker Festhalle", das wäre ebenso wenig jugendfrei gewesen wie eine Reitvereins-Show mit "faszinierender Aktkrobatik" oder gar der Überschriften-Vorschlag "Gleichstellungsbeauftragte rückt ihr Geschlecht vielfältig in den Fokus".

Manchmal wollen wir Redakteure es aber auch etwas schärfer. Wenn Stadtplaner in Contwig "sehr viel Durchgangsverkehr, eine starke Versiegelung der Grundstücke und einen extrem hohen Anteil an Gebäuden, die Mängel in der Bausubstanz vorweisen, das Dorfzentrum biete wenig Aufenthalts-Qualität und die Gehwege und einige Straßen seien schmal", war das Wort "noch" im Überschriften-Vorschlag "Contwiger Ortskern soll noch schöner werden" nachrichtlich betrachtet ein Wort zu viel. Auch, wenn man über die Diagnose des Experten natürlich streiten kann.

Auch Merkur-Redakteure streiten manchmal heftig. Etwa über die Symbolfoto-Wahl zu einem Bericht über den Waldzustandsbericht. "Wie ist der Zustand der rheinland-pfälzischen Wälder? Das untersuchen derzeit zwölf Forstleute", stand im Bildtext. Im Bild: verwitterte abgesägte Baumstämme. Das geht noch mehr gaga, fand ein Kollege - und tauschte das Foto gegen das Bild einer Holz-Kommode aus. Am Ende haben wir uns auf ein Wald-Foto geeinigt . . .

Ein weiterer konstruktiver Kollegen-Hinweis verhinderte einen kuriosen Tippfehler in der Zeitung: "Ich kenne ja ,Schmidt Schnauze' - aber ,Maul Dreyer'???" Beinahe hätte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin laut Überschrift auch nicht ihre Antrittsrede als Bundesratspräsidentin gehalten, sondern ihre "Anritzrede als Bundespräsidentin".

Aber auch lokale Prominenz wäre um ein Haar vom Fehlerteufel erwischt worden, und zwar offensichtlich stark alkoholisiert: "Da war er nämlich ,brechend voll'", soll laut Manuskript ein Vereinsvorsitzender von einer Veranstaltung am Vorabend in Contwig berichtet haben.

Noch größere körperliche Probleme hätte mindestens ein Kicker des FC Homburg bekommen, wenn folgender Satz treffend gewesen wäre: "Ein Freistoß von Timo Cecen köpfte Nils Fischer in die Maschen." In einem anderen Spiel musste der FCH "noch einmal zittern in der Schussphase".

Zu viel Gewalt enthielt auch diese Polizeimeldung: "Gleich drei Garagen haben unbekannte Töter in der Zweibrücker Gleiwitzstraße aufgebrochen." Gut, dass es da noch einen Korrekturleser gab - die Computer-Korrektur hatte dies ebensowenig erkannt wie den geplanten "Weinpark" in Krähenberg, bei dem es sich tatsächlich um einen Windpark handelt.

Einem anderen Autor schien Wein auch lieb zu sein, kündigte er doch einen "Weinlieberabend" statt einem "Weinliederabend" an.

"Kaum auf der Welt, schon im Merkur " - diesen Serientitel aus Zeiten des Evangelischen Krankenhauses hätten wir angesichts eines Babys eigentlich ändern müssen in "Kaum auf der Welt, schon im Altenheim", wurde es doch angeblich in "Blieskastel-Altenheim" geboren.

Ein Herz für Alte scheinen, unabhängig voneinander, zwei Weiterbildungs-Veranstalter aus Zweibrücken und Homburg zu haben - führen sie Senioren doch in die Nutzung von Tablet-Computern ein. Dies jeweils als "Tablett"-Veranstaltung anzukündigen, war dann aber doch des Guten zu viel.

Gleich zwei Mal aktiv war der Fehlerteufel beim Neujahrsempfang 2016 der Stadt Zweibrücken . Und das auf besonders perfide Art: Während der Oberbürgermeister den Oberst der Bundeswehr nur als Oberleutnant begrüßte, war in einer Merkur-Meldung zu viel Oberst , nämlich im Wort "Oberststadt".

Die meisten Zeitungstexte haben eine Haupt- und eine Unterüberschrift. Beide dürfen auch unterschiedliche Informationen enthalten - man sollte aber auch keine falschen Zusammenhänge herauslesen. Weshalb Folgendes dann doch nicht in Merkur kam: "Rimschweilerer denken mit Schrecken an den Absturz - Gemeinderat wurde 1972 bei der Eingliederung des Dorfes übergangen". Die Hauptüberschrift bezog sich nämlich nicht auf einen politischen Absturz, sondern den Flugzeug-Absturz …

Vor wenigen Tagen grassierte ein Magen-Darm-Virus in unserer Redaktion. Ganz so schlimm, dass wir einen Monat nicht erscheinen könnten, war es aber doch nicht - obwohl das so ausgesehen hätte, wenn im "Frohe Weihnachten"-Wunsch an unsere Leser in der Ausgabe vom 24. Dezember tatsächlich gestanden hätte: "Der nächste Pfälzische Merkur erscheint am 27. Januar 2017". Gemeint war natürlich der 27. Dezember (2016).

"Zahnarzt hinterlässt Lücke"

Macher von "Perlen des Lokaljournalismus" legen zweites Buch vor: "Bauchchirurg schneidet hervorragend ab"

Von Merkur-Redakteur Eric Kolling

Fehler in journalistischen Texten sammelt seit über zwei Jahren die Website „Perlen des Lokaljournalismus“. Gerade ist darauf basierend das zweite Taschenbuch erschienen – wieder mit allerlei Kuriosem und Lustigen.

Aus Unachtsamkeit oder in der Hektik des Tagesgeschehens unterlaufen Jedem mal Fehler - auch den besten Zeitungsredaktionen. So ärgerlich die für Macher und Leser sind, so amüsant kommen sie bisweilen daher. So hat der Schützenverein den Nachwuchs im Visier, Einbrecher erbeuten einen hohen einstelligen Geldbetrag, ein Optiker ist nach Einbruch fassungslos oder in der Biogasanlage gibt es einen Schnuppertag. Die Journalisten Ralf Heimann (unter anderem tätig für "Stern" und "Süddeutsche Magazin") und Jörg Homering-Elsner, Lokaljournalist aus dem Münsterland, stellen solche "Perlen des Lokaljournalismus" seit dem 28. März 2014 ins Netz. Ihre Facebook-Seite hat über 260 000 Fans, ist preisgekrönt. 180 witzige und kuriose Fehlermeldungen davon schafften es im Herbst 2015 ins erste Taschenbuch "Lepra-Gruppe hat sich aufgelöst". Und weil der Strom an Einsendungen nicht abebbt, kann das Autorenduo jetzt das nicht minder witzige "Bauchchirurg schneidet hervorragend ab" (Heyne-Verlag, 205 Seiten) nachlegen. Das folgt dem gleichen Muster, präsentiert pro Seite einen Ausriss eines Zeitungsartikels oder den Screenshot einer Zeitungswebsite mitsamt spaßigem Kommentar. Die Namen von Autoren und Zeitungen bleiben (meist) geheim; wer Layouts und Schriftarten kennt, vermag zumindest manches Medium zu erraten. Es gibt Meldungen, die durch Ihre Irrelevanz bestechen ("Schnecke wurde eingeschneit", oder "Katze miaut ganz fürchterlich"), welche mit lustigen Tippfehlern ("Neuer Chef für Umfallchirurgie am Helios-Krankenhaus"), Kuriositäten ("Zahnärztin hinterlässt Lücke") oder spaßige Kombinationen aus Überschrift und Unterzeile ("Illegale Böller: Finger weg!", "15-Jährige mit über zwei Promille - Polizei mit Wiesnauftakt zufrieden"). Auch sogenannte Text-Bild-Scheren finden sich wieder, wenn der Bildinhalt gar nicht zum Beschreibungstext passt. Also wenn von einem fröhlichen Faschingsanstoß von Stadtratskollegen die Rede ist und auf dem Bild sitzende alte Männer gelangweilt umher oder auf ihre Handys starren.

Erneut eine fast durchgehend schreiend komische Mischung, bei der man sicher sein kann: Der nächste Teil wird nicht lange auf sich warten lassen.

Ralf Heimann/Jörg Homering-Elsner: Bauchchirurg schneidet hervorragend ab, Taschenbuch, Heyne-Verlag, 208 Seiten, 10 Euro, ISBN: 978-3-453-60409-4

 ... um zu zeigen, dass dies eine Text-Bild-Schere wäre, schärfte ein Kollege diese noch ein wenig nach. Keine Sorge: Am Ende haben wir ein passenderes Foto ausgewählt, nämlich von lebenden Bäumen in einem Wald. Der Bildtext blieb immer gleich. Foto: Oliver Berg (dpa)/Repro: L. Fröhlich

... um zu zeigen, dass dies eine Text-Bild-Schere wäre, schärfte ein Kollege diese noch ein wenig nach. Keine Sorge: Am Ende haben wir ein passenderes Foto ausgewählt, nämlich von lebenden Bäumen in einem Wald. Der Bildtext blieb immer gleich. Foto: Oliver Berg (dpa)/Repro: L. Fröhlich

Foto: Oliver Berg (dpa)/Repro: L. Fröhlich

Der Pfälzische Merkur verlost drei Exemplare des Buches. Rufen Sie bis Montag, 2. Januar, 24 Uhr, die Hotline, Telefon (0 13 79) 3 71 21 05, an, nennen Sie das Lösungswort "Bauchchirurg" und gewinnen Sie. Ein Anruf kostet 50 Cent aus dem deutschen Festnetz.

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