Stadt Zweibrücken betrachtet nicht jetzige Brachfläche, sondern Parkbrauerei-Zeit als „Ist-Zustand“ des Geländes Brauerei-Quartier: Investor prüft Kaltluftzufuhr

Zweibrücken · Im Bebauungsplan-Verfahren das ehemalige Parkbrauerei-Gelände wird nun doch noch geprüft, ob klimaschädliche Auswirkungen für die Innenstadt drohen.

 Das ehemalige Gelände der Parkbrauerei in Zweibrücken (aktuelles Bild vom Dezember 2021) ist bereits terrassiert, alle früheren Brauerei-Gebäude wurden 2020 im Auftrag von Investor Manfred Schenk abgerissen und oben am Hang Teile des Wäldchens schon Anfang 2019 entfernt.

Das ehemalige Gelände der Parkbrauerei in Zweibrücken (aktuelles Bild vom Dezember 2021) ist bereits terrassiert, alle früheren Brauerei-Gebäude wurden 2020 im Auftrag von Investor Manfred Schenk abgerissen und oben am Hang Teile des Wäldchens schon Anfang 2019 entfernt.

Foto: Lutz Fröhlich

Die Stadt hat den Bebauungsplan-Entwurf für das „Quartier Altes Brauereigelände“ nachgebessert. Und zwar „als Konsequenz auf die Diskussion in der Sitzung des Bauausschusses am 30.11.2021 über das Thema der Kaltabflussbahnen“. Die Grünen hatten da ein Gutachten gefordert (wie zuvor schon die Landespflege bei der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd) – um zu prüfen, ob die Art der geplanten Bebauung des einstigen Parkbrauerei-Geländes negative Auswirkungen auf die Kaltluftzufuhr der Innenstadt haben könnte.

Neu eingefügt in die Bebauungsplan-Begründung ist nun ein Abschnitt „Klima“. Darin ist eine Karte des Deutschen Wetterdienstes eingezeichnet, in der erkennbar ist, dass die Haupt-Kaltluftbahnen in Zweibrücken „Bachtäler und Senken“ sind. Täler gebe es nicht auf dem von der Hofenfelsstraße zum Kreuzberg liegenden Hang des geplanten Baugebietes. Zwar seien auch dort auf der Karte Fließrichtungs-Pfeile für Kaltluft dargestellt. Diese argumentiert die Stadt aber wie folgt weg: Die Pfeile könnten „nicht als konkrete Bahnen interpretiert werden“, weil sie allein wegen der Topographie eingezeichnet seien, unabhängig davon, ob dort die Bahnen störende Bebauungen stehen. Dies aber sei durch die Brauerei-Gebäude der Fall gewesen. Planungsrechtlich als „Ist-Situation“ definiert die Stadt nicht die jetzige Brachfläche – sondern die (bereits 2020 von Investor Manfred Schenk abgerissene) Brauerei-Bebauung. Und zu Brauerei(ruine)-Zeiten habe das Gelände „keine signifikante Rolle als Abflussbahn gespielt“. Die „kürzlich erfolgte Räumung“ ist für die Stadt nicht relevant, weil sie „im Zuge der Baureifmachung erfolgt“ sei: „Die Entfernung der Brauereigebäude diente somit der Entwicklung und Neugliederung einer innerstädtischen Brachfläche. Die geräumte Fläche ist somit ein Zwischenzustand auf dem Weg zur neuerlichen Bebauung und kann nicht als der zu erhaltende Endzustand angesehen werden. Ein Vergleich zwischen Ist-Zustand und Planung legt daher den Zustand der Brauereibebauung zugrunde.“ Zudem schreibt die Stadt, dass „vor allem die Kreuzbergstraße, teilweise auch die Parkstraße“ (links und rechts vom Plangebiet) eine „Senke“ sei, „die auch zur Zeit der Brauereibebauung als Abflussbahn fungiert hat“.

Alleine auf diese Argumentation verlässt sich Investor Manfred Schenk aber wohl nicht. Grünen-Fraktionschef Norbert Pohlmann berichtete im Stadtrat, er habe ein längeres persönliches Gespräch mit Schenk gehabt. Schenk habe die „verbindliche Zusage gemacht, dass er noch eine Untersuchung mit einer „verbindlichen Einschätzung des Kaltluftabflusses“ vorlegen werde. Die Grünen stimmten deshalb im Stadtrat nicht mehr wie im Bauauschuss gegen den aktuellen Bebauungsplanentwurf, sondern enthielten sich. Knackpunkt für Pohlmann ist: „Durch die Riegelbebauung (unten an der Hofenfelsstraße) könnte die Kaltluft behindert werden – mit der Konsequenz, dass es weniger Abkühlung auf dem Herzogplatz gibt.“ Der Bebauungsplanentwurf schreibt hier keine Durchlässe für Luftströme vor, weil durch Durchlässe auch Lärm der viel befahrenen Hofenfelstraße zu den weiter oben am Hang geplanten Wohnhäuser dringen könnte.

Natürlich könne sein, dass seine Kaltluft-Befürchtungen grundlos sind, sagte Pohlmann – aber man müsse das prüfen! Zumal auch die Grünen Schenks Pläne grundsätzlich als „zukunftsweisend für die Stadtentwicklung begrüßten. Wichtig sei deshalb, dass sie auch „rechtssicher“ sind.

Der erste Bebauungsplan für das „Quartier Altes Brauereigelände“ war im Januar nach einer Nachbar-Klage wegen formeller Fehler vom Oberverwaltungsgericht Koblenz gekippt worden.

Auch SPD-Fraktionschef Stéphane Moulin sagte: „Der Bebauungsplan ist sinnvoll, denn er schafft die Voraussetzung, einen städtebaulichen Missstand zu beseitigen und Arbeitsplätze zu schaffen. Nichtsdestotrotz wollen wir die Themen Kaltluftabfluss und Klimaschutz nicht einfach vom Tisch wischen.“ Die SPD bitte deshalb darum, dass Stadt und Investor im weiteren Verfahren bis zum Abschluss des Bebungsplans „einen besonderen Fokus darauf legen“.

Ähnlich wie Pohlmann und Moulin argumentierte Bürgernah-Fraktionschef Dirk Schneider – und ergänzte, die vorgesehene Bebauung sei „weniger störend als vorher“ die Brauereigebäude, „und dann gibt es auch noch Gründächer“.

Der stellvertretende CDU-Fraktionschef Pascal Dahler dagegen sagte: „Ich halte nichts von einem Kaltluft-Gutachten. Denn man kann nicht Äpfel mit Birnen vergleichen“ Denn der „Zustand vorher“ (zur Zeit der Parkbrauerei-Bebauung) sei „ja nicht mehr messbar“. Und Dahler betonte: „Alles, was kommt, kann doch nur besser sein als die Brauerei-Ruine oder -Brachfläche!“

Dahler würdigte zudem: „Ich bin froh, dass trotz aller Unwägbarkeiten der Investor dieses wichtige Projekt weiter fortführen will.“

 Laut Stadt der „Ist-Zustand“: Im Bebauungsplanentwurf für das „Quartier Altes Brauereigelände“ definiert die Stadt als „Ist-Zustand“ des Geländes nicht die jetzige Brachfläche, um die Klima-Auswirkungen der künftigen Bebauung zu vergleichen – sondern die Zeit der Brauerei-Bauten (Archivbild: 2010).

Laut Stadt der „Ist-Zustand“: Im Bebauungsplanentwurf für das „Quartier Altes Brauereigelände“ definiert die Stadt als „Ist-Zustand“ des Geländes nicht die jetzige Brachfläche, um die Klima-Auswirkungen der künftigen Bebauung zu vergleichen – sondern die Zeit der Brauerei-Bauten (Archivbild: 2010).

Foto: Lutz Fröhlich

Zugelassen werden sollen auf dem Gelände unten ein „Urbanes Gebiet“ (die geplanten Nutzungen Hotel, Pflegeeinrichtung und betreutes Wohnen werden im neuen Bebauungsplan nicht mehr konkret genannt, damit wären rechtlich also auch andere Nutzungen möglich) – und oben ein „Allgemeines Wohngebiet“. In diesem sind (wie unten bis zu viergeschossig) Mehrfamilienhäuser erlaubt.

Während kritische Nachbarn in ihren Stellungnahmen gegen den Bebauungsplanentwurf „Wohntürme“ beziehungsweise „Wohnsilos“ kritisieren, sprach das von Investor Schenkt beauftragte Planungsbüro „Agsta Umwelt“ im Bauausschuss von „Stadtvillen“.

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