Öffentlichkeits-Beteiligung für Ansiedlung auf Steitzhof an A 8 bei Contwig/Zweibrücken Einwände gegen Amazon meist erfolglos

Zweibrücken · Photovoltaik-Pflicht auf dem Dach und ein neuer Schottergarten: Das sind die größten Änderungen infolge der Öffentlichkeits-Beteiligung im Bebauungsplan Steitzhof.

 Riesen-Projekt: Geschätzt 500 Seiten stark ist der Bebauungsplanentwurf (einschließlich mehrerer, teil neuer Gutachten) für das Steitzhof-Gelände, wo Amazon ein Logistikzentrum plant.

Riesen-Projekt: Geschätzt 500 Seiten stark ist der Bebauungsplanentwurf (einschließlich mehrerer, teil neuer Gutachten) für das Steitzhof-Gelände, wo Amazon ein Logistikzentrum plant.

Foto: Lutz Fröhlich

„Konsequenz: Keine Planänderung“. Diese Worte ziehen sich wie ein roter Faden durch die Bewertung der ZEF-Verwaltung (Zweckverband Entwicklungsgebiet Flugplatz Zweibrücken“ zu den Einwänden, die Bürger zum Bebauungsplan-Entwurf „Areal Steitzhof und Umfeld“ eingelegt hatten. Die Bebauungsplan-Änderung soll Amazon die Ansiedlung eines Logistikzentrums unterhalb der A 8 Richtung Contwig ermöglichen.

Elf Bürger und Bürger-Gruppen brachten Einwände vor, mit teils vielen Unterpunkten. Doch nur in einer rein formalen Angelegenheit hatten sie Erfolg: Die öffentliche Auslegung der Planunterlagen musste wiederholt werden, weil die erste Bekanntmachung fehlerhaft war (wir berichteten). Inhaltlich lässt der ZEF (dem alle Flugplatzgelände-Anliegerkommunen angehören) dagegen alle Einwände abblitzen. Diese waren meist von Anwohnern aus der Steitzhof-Nähe vorgebracht worden, aber auch von Bürgern, die auf weiter entfernten Zufahrtstraßen mehr Verkehr befürchten.

Vor allem in der von 1206 Bürgern unterzeichneten Petition wurde kritsiert, die großflächige Amazon-Ansiedlung verbaue die Chance, am Steitzhof qualifizierte Arbeitsplätze durch die Ansiedlung mehrerer regionaler kleinerer Unternehmen zu schaffen, die auch mehr Steuern zahlen würden als der internationale Konzern Amazon. Hierzu entgegnet der ZEF, im Plangebiet gebe es bereits seit 2009 Baurecht – aber bis jetzt keinerlei Ansiedlung. Zudem zeige eine Auswertung der Agentur für Arbeit, dass der Bedarf für (von Amazon gebotene) „Arbeitsplätze mit Anforderungen des Zielberufs ,Helfer‘ “ in und um Zweibrücken „nachgewiesen“ sei.

Fast alle anderen Bürger-Einwände richten sich gegen die befürchtete Verkehrs-Mehrbelastung (laut Gutachten in Spitzenzeiten bis zu 2222 Liefer- und Beschäftigten-Fahrzeuge täglich). So befürchtet ein nahe der A 8 wohnenender Bürger mehr Verkehrslärm und regt eine Lärmschutzwand auch für Ixheim an. Der ZEF aber sieht keinen Handlungsbedarf: An der Autobahn sei nachts nur mit 0,3 bis 0,5 Dezibel mehr Lärm zu rechnen. An anderer Stelle schreibt der ZEF, dass der bisherige Bebauungsplan (der viele kleine und mittlere Unternehmen vorsah) sogar mehr Verkehr wahrscheinlich gemacht hätte (und auch mehr Versiegelung auf dem Steitzhof-Gelände).

Generell kommt der ZEF zu dem Schluss: „Die Verkehrsbelastung führt nach den erstellten Gutachten nicht zu massiven Verkehrsbe- bzw. -überlastungen.“ Den Bürger-Einwand, das Bundesklimaschutzgesetz 2021 schreibe bis 2030 eine erhebliche Abnahme der CO2-Emissionen vor, hat der ZEF untersuchen lassen. Ergebnis: Im Steitzhof-Umfeld (einschließlich A 8 in der Nähe) würden durch die Amazon-Ansiedlung 25 530 Tonnen CO2 jährlich freigesetzt, 11,9 Prozent mehr als bisher – dies sei nur „gering“, zumal ja auch der zusätzliche Verkehr im Laufe der Jahre klimafreundlichere Fahrzeuge haben werde.

Bedenken, ob die kurvige schmale K 84, die direkt am Steitzhof liegt, den zusätzlichen Verkehr verkraftet, teilt der ZEF nicht, denn so viel mehr Verkehr gebe es ja nicht. Die Kreisstraße werde aber wohl unabhängig vom Bebauungsplan ausgebaut.

Als „potentiell kritisch“ sieht zwar auch der ZEF die Autobahn-Abfahrt Contwig, an der es sich in Spitzenzeiten schon jetzt wegen des Outlet-Centers (das eine Erweiterung plant) staut. Der Amazon-Verkehr werde angesichts der Kfz-Gesamtmenge aber auch hier nur geringe Auswirkungen haben. Sollten sich die Probleme verschärfen, könnten Verkehrsbehörden später anordnen, den Lkw-Verkehr nur östlich zu führen, also über die A 8-Anschlussstelle Walshausen.

Stellungnahmen – meist positive – gaben auch 39 Behörden und sonstiger „Träger öffentlicher Belange“ ab. Hier kam es auch zu einigen Detail-Änderungen im Bebauungsplan-Entwurf. Besonders erfolgreich war dabei der Nabu Zweibrücken (Naturschutzbund) mit seinen Hinweisen. So wird bei Gebäuden ab 100 Quadratmeter Nutzfläche nun Solarstrom-Erzeugung (Photovoltaik) auf mindestens 60 Prozent der Dachfläche vorgeschrieben. Außerdem müssen Stützmauern begrünt werden. Kurios: Während Naturschützer sonst immer gegen „Schottergärten“ kämpfen, wird auf Nabu-Anregung als ökologische Ausgleichsfläche für den Flussregenpfeifer hinter der Flugplatz-Landebahn eine 5000 Quadratmeter große Schotter-/Kiesfläche geschaffen. Der seltene Vogel mag es nämlich vegetationsarm.

Die Bedenken Hornbachs, die (auch touristische) Entwicklung der Kosterstadt werde durch mehr Verkehrslärm gestört, weist der ZEF zurück. Denn der Mehrverkehr werde nur „minimal“ sein.

Auch wenn die Einwände in beiden Beteiligungsverfahren meist zurückgewiesen wurden, könnten sie Wirkung zeigen: Nämlich den Bebauungsplan rechtssicherer machen. Denn infolge etlicher Einwände wurden mehrere Nachuntersuchungen und neue Gutachten zu den Umwelt- und Verkehrs-Auswirkungen erstellt. So hatte das erste Verkehrsgutachten ausschließlich das direkte Steitzhof-Umfeld betrachtet, nicht aber die weiter entfernten Zufahrtstraßen.

Der Stadtrat stimmt diesen Mittwoch (ab 17 Uhr öffentlich in der Hofenfels-Aula) darüber ab, wie die Zweibrücker Vertreter in der ZEF-Versammlung über die Einwände votieren – und ob dort der Bebauungsplan endgültig beschlossen werden soll. Danach könnte es schnell weitergehen: Der Bauantrag für die Amazon-Ansiedlung ist bereits gestellt, steht in den Ratsunterlagen.

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