Zweibrücken/Contwig Ist der Autodieb vermindert schuldfähig?

Zweibrücken/Contwig · Vor dem Landgericht wurde der Prozess gegen einen 27-jährigen Zweibrücker fortgesetzt, dem die Staatsanwaltschaft eine Reihe von Straftaten vorwirft.

Autodieb vor Gericht: Zweifel an Schuldfähigkeit
Foto: Polizeiinspektion Zweibrücken/Polizei

Ihr Bruder leide unter „Verfolgungswahn“, sagte die Schwester des 27-Jährigen, der sich seit dem 18. Dezember 2020 vor der Ersten Strafkammer des Landgerichts Zweibrücken wegen diverser Taten verantworten muss – darunter Autodiebstahl und Fahren ohne Fahrerlaubnis. Am nunmehr siebten Verhandlungstag berichtete die 32-jährige Schwester am Mittwoch im Zeugenstand, ihr Bruder habe manchmal „Da ist jemand“ gesagt, „obwohl niemand da war“ – immer, wenn er zuvor Alkohol und Drogen zu sich genommen habe. Dann habe er x-beliebige Leute verdächtigt, sie könnten ihm „etwas Böses“ wollen. Ohne Alkohol und Drogen habe er sich jedoch „weniger bedroht“ gefühlt, „war er ein ganz Lieber, ein ganz Ruhiger“, so die Schwester.

Und die Mutter des Angeklagten vermutete unter Tränen, dass ihr Sohn möglicherweise die Schizophrenie seines Vaters geerbt haben könnte, der sich vor einigen Jahren das Leben genommen hatte. Ähnlich wie sein Vater sei auch ihr Sohn in der jüngeren Vergangenheit ab und an aus nicht nachvollziehbarem Anlass „aggressiv“ geworden, habe unkontrolliert „herumgeschrien“, erzählte die 50-Jährige vor Gericht. Bis zuletzt habe ihr Sohn ihr gegenüber geleugnet, Drogen zu konsumieren. Was sie ihm allerdings nicht geglaubt habe.

Unter Drogeneinfluss „aufgedreht und hibbelig erlebt“ haben will eine 23-jährige Contwigerin den Angeklagten, wie sie am Mittwoch im Zeugenstand zu Protokoll gab. Seltsam habe sich der 27-Jährige auch in der Nacht zum 24. Mai 2020 verhalten. Damals hätten er, sie und ihr damaliger Lebensgefährte zunächst gemeinsam in ihrer Wohnung in der Contwiger Hauptstraße gefeiert, was die Zeugin sogar mit einem Handy-Video belegte. Dann sei der 27-Jährige gegen vier Uhr in der Frühe plötzlich aufgebrochen und mit einem Auto, das er, wie sich später herausstellte, in der Nähe gestohlen hatte, mehrmals „im Ein-Minuten-Takt“ an ihrem Haus vorbeigerast. Das Fahrzeug war einige Stunden später am Beckerswäldchen in Zweibrücken ausgebrannt gefunden worden.

Der Verteidiger des Angeklagten, der St. Ingberter Rechtsanwalt Robert Münch, wollte mit Hilfe dieser Zeugenaussagen offenbar belegen, dass sein Mandant zumindest vermindert schuldfähig ist und statt einer sofortigen Bestrafung zunächst eine Therapie benötigt – wegen einer seelischen Erkrankung in Verbindung mit andauerndem Alkohol- und Drogenmissbrauch. In diesem Zusammenhang stand auch der Antrag des Verteidigers auf ein psychiatrisches Gutachten. Rechtsanwalt Münch hatte seinen Antrag am sechsten Verhandlungstag damit begründet, dass sein Mandant unter einer „schizophrenen Grunderkrankung“ leide. Über diesen Gutachter-Antrag hat die Kammer bislang noch nicht entschieden.

Entschieden hingegen hatte die Kammer zwar über einen Antrag des Verteidigers, einen weiteren Zeugen zu hören, der vor einer waghalsigen Verfolgungsfahrt, ausgelöst durch eine drohende Polizeikontrolle auf einem Einkaufsmarkt-Parkplatz in der Homburger Straße, gemeinsam mit dem 27-Jährigen in dessen Auto gesessen haben soll. Der Angeklagte will nach eigener Aussage mit diesem „Kollegen“ gerade von Neunkirchen zurückgekehrt sein, wo die beiden Männer „Koks“ (pulverisiertes Kokain) gekauft hätten. Das jedoch wollte der Zeuge, ein 37-jähriger Zweibrücker, am Mittwoch nicht bestätigen. Auch wollte er nicht bemerkt haben, dass der 27-Jährige überhaupt Rauschgift zu sich nimmt. „Es gibt ja Betäubungsmittel, die man jemand nicht anmerkt“, behauptete er, der nach eigenen Angaben gerade selbst eine Drogen-Therapie in einem psychiatrischen Krankenhaus hinter sich gebracht hatte.

Die Verhandlung wird am 15. März, 9 Uhr, fortgesetzt.

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