Aufpolierte Legende

Zweibrücken · „Baldurs Gate 2“ gilt seit 15 Jahren als Rollenspiel-Referenz. Jetzt ist das Spiel mit kleineren Verbesserungen und technisch optimiert erneut erschienen. Das Spielgefühl stimmt zwar immer noch, doch epochal sind die Modifikationen nicht ausgefallen.

 Optisch hat sich nicht sehr viel getan. Foto: Overhaul Games

Optisch hat sich nicht sehr viel getan. Foto: Overhaul Games

Foto: Overhaul Games

Zeitreisen funktionieren doch! Wo es mit der Physik hakt, müssen halt Computerspiele ran. Schiebt man etwa das neu aufgelegte "Baldurs Gate 2 - Enhanced Edition" (Overhaul Games) ins DVD-Fach, findet man sich flott im Jahr 2000 wieder. Gut, damals gab es noch die D-Mark, die deutsche Fußballnationalmannschaft war nach dem EM-Vorrunden-Aus am Tiefpunkt angelangt, auf High-End-PCs regierte das nagelneue Windows 2000. Doch dieses eine Spiel bannte damals und tut es heute noch. Für die Fans der PC-Adaptionen von "Dungeons & Dragons"-Rollenspielen war und ist "Baldurs Gate 2 - Shadows of Amn", das Nonplusultra im Genre. Der gigantischen Spielewelt, der ausgefeilten Begleiter, deren Kabbeleien, der Entscheidungsfreiheit, der fantastischen Story wegen. Das alles ist logischerweise auch in die Neuauflage integriert. Wer also die Neuauflage startet, findet sich und seinen Hauptcharakter, den Sohn des Gottes Bhaal, direkt wieder eingesperrt im Verlies des Magiers Jon Irenicus. Er entdeckt getötete Freunde wie den Elfen Khalid und sinnt wie vor 15 Jahren auf Rache. Vor allem, wer das Spiel nicht schon zigfach durchgezockt und dabei alle denkbaren Heldentypen ausprobiert hat, hat zahlreiche atemlose Spielenächte und -tage vor sich. Denn außer dem damaligen Hauptspiel und dessen Erweiterung "Thron des Bhaal" sind in die Neuauflage zahlreiche Erweiterungen integriert.

Die sind zwar gut, die neuen Inhalte verlieren sich im üppigen Gesamtspiel aber etwas. Und: Programmierfreudige Fans der Reihe haben ähnliche Zusätze schon früher kostenlos erstellt.

Abstriche gibt's - natürlich - auch bei der Technik: Selbst, wenn das Spiel inzwischen für moderne Bildschirme optimiert ist, wird's doch pixelig, wenn man an die Kämpfe ranzoomt. Dazu nervt die ausschließlich englische Sprachausgabe, bei der so mancher Charakter auch noch klingt, als werde er mit vorgehaltener Pistole zum Sprechen genötigt. Und insbesondere bei der Ausrüstung der Helden ist man arg gebeutelt und hat längere Klickorgien vor sich, bis die Schwerter, Pfeile und Tränke an den richtigen Stellen sind. Bleibt in der Summe ein technisch veraltetes, grandioses Spiel mit kleineren Verbesserungen. Vor allem wer jetzt - vielleicht durch "Pillars of Eternity" - ers auf den Geschmack an Old-School-Rollenspielen gekommen ist, sollte zugreifen.

Wertung (Schulnote): 2-

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