Auf stürmischer See

Zweibrücken · Ein unglückliches Kampfsystem, eine Charakterentwicklung, die keine ist, eine merkwürdige Geschichte und viele, viele Schimpfkanonaden: „Raven's Cry“ schwimmt in der Rubrik der Action-Spiele mit Piraten-Hintergrund der Konkurrenz gnadenlos hinterher.

Was hatte man als Spieler in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten für einen Spaß mit dem Piraten-Setting: Sid Meyers "Pirates!", die "Monkey Island"-Adventures, "Port Royale", "Risen" 2 und 3 und nicht zuletzt das grandiose "Assassin's Creed: Black Flag". Und jetzt schickt Topware "Raven's Cry" ins Rennen. Das ist leider kein Kandidat für die Ruhmeshalle der Piratenspiele.

In dem Action-Titel mit einem Hauch Rollenspiel steuert man ein wandelndes Klischeebündel namens Christopher Raven, das den Tod seines Vaters rächen will. Dafür segelt er von A nach B, kämpft mit Säbel und Pistole, führt trashige Dialoge - und stößt in allen Lebenslagen wüste Flüche und Beleidigungen aus. Das wäre nicht so tragisch, wenn "Raven's Cry" ein gutes Gameplay aufweisen könnte. Kann es aber nicht. Wenig motivierend ist zum Beispiel das Kampfsystem geraten: Raven zuckt zwar auf Knopfdruck brav mit der aktuellen Hieb- und Stichwaffe in Richtung des Gegners; aber dass man ihn getroffen hat, merkt man oft erst daran, dass er tot zu Boden sinkt. Man fühlt sich, als würde man auf einen Geister-Sandsack eindreschen. Nicht weniger ätherisch - und vor allem nicht weniger ärgerlich - sind die unsichtbaren Mauern in der Spielwelt: Aus unbekannten Gründen wird dem Spieler der Weg versperrt. Ähnlich verhält es sich mit Engstellen zwischen Hindernissen. Es kann sogar passieren, das Raven nicht in der Lage ist, über ein allerhöchstens kniehohes Hindernis zu springen oder klettern. Warum?

Noch ätherischer aber nicht weniger störend ist die Grenze, die den Spieler davon abhält, sich auf den ganz hübsch geratenen Karibik-Inseln umzuschauen: Langeweile. Es gibt außerhalb der Missionspfade einfach nichts zu tun oder zu entdecken.

Gelungen ist eigentlich nur die Steuerung der Seekämpfe. Zwar ist sie weniger komfortabel als bei "Assassin's Creed: Black Flag", hat aber trotzdem ihren eigenen Charme: Da man nicht im Voraus sieht, wo die nächste Breitseite landen wird, sondern erst dann merkt, dass der Kanonenwinkel falsch ist, wenn eine Kugelladung harmlos ins Wasser geklatscht ist, fühlt man sich eher wie ein echter Schiffskanonier. Dazu kann man sich Upgrades für die Schiffe verdienen, die, anders als Ravens Skills, tatsächlich Auswirkungen im Kampf haben.

Potenzial verschenkt haben die Entwickler allerdings auch im Seefahrt-Sektor: Selber steuern darf man seinen Kahn nur im Kampf. Ansonsten klickt man auf der Karte sein Ziel an - fertig. Da ist man mit "Black Flag" klar besser bedient.

Wertung (Schulnote): 4

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