Auf Morddrohungen folgt die Reue

Zweibrücken · Weil er bei Facebook Morddrohungen gepostet hat, hat die Zweibrücker Polizei Linke-Funktionär Uwe Hirtz ins Visier genommen. Er selbst entschuldigte sich am Freitag: Es sei eine Überreaktion in der Silvesternacht gewesen, nachdem ihm jemand Felgen am Auto losgedreht hatte. Wenn die Vorstandskollegen dies wollten, sei er zum Rücktritt als Landessprecher der Linken-Arbeitsgemeinschaft Queer bereit.

Dass die Polizei gegen Parteifunktionäre wegen veröffentlichter Morddrohungen ermittelt, kommt nicht oft vor. Zweibrücken hat aber jetzt genau einen solchen Fall. Es geht um Uwe Hirtz, Beisitzer bei der Partei Die Linke im Zweibrücker Stadtverband und einer von drei Vorsitzenden ("Landessprecher") der Landes-Linken-Arbeitsgruppe Queer. Diese setzt sich für die Rechte von Randgruppen ein, vor allem Schwulen, Lesben, Transgender, Trans-, Inter- und Bisexuellen.

Warum ermittelt die Polizei? Hirtz hatte in der Silvesternacht bei Facebook in seinem eigenen, öffentlich zugänglichen Profil Morddrohungen gepostet. Hirtz schrieb, gerichtet an eine unbekannt bleibende Person, mit der er offenbar Ärger hatte, er habe eine Kugel für sie reserviert, er gehe lieber 20 Jahre ins Gefängnis, als dass sie weiterlebe. Die privaten wie politischen Konsequenzen einer solchen Handlung seien ihm egal. Auch in der geschlossenen, knapp über 3900 Mitglieder zählenden, Facebook-Gruppe "Zweibrücken" drohte er mit solchen Worten. Der Zweibrücker Polizei waren diese Äußerungen Grund genug, zu ermitteln. Michael Hummel, stellvertretender Leiter der Zweibrücker Polizeiinspektion, teilte dem Merkur am Freitag auf Anfrage mit, dass man gegen Hirtz ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet habe. Bereits am Donnerstag sei mit ihm eine Gefährderansprache (siehe "Hintergrund") gehalten worden. Hummel: "Nach Abschluss unserer Ermittlungen wird der Vorgang an die Staatsanwaltschaft Zweibrücken weitergeleitet, die über das weitere Vorgehen entscheidet."

Hirtz selbst zeigte sich am Freitag auf Merkur-Anfrage reuig. Die Beiträge habe er in der Silvesternacht "stark alkoholisiert" gepostet. "Das war nicht so gemeint, ich habe stark überreagiert und sehe ein, dass ich einen Fehler gemacht habe, für den ich geradestehen muss", so Hirtz, der folgenden Hintergrund seiner Erregung ausführt: Ihm sei am 22. November zwischen 17 und 21 Uhr in der Canadasiedlung von seinem abgestellten Auto die Felge des linken Vorderreifens gelockert worden. Ihm, unterwegs mit einem Kind, sei das kurz nach der Auffahrt auf die A 8 gerade noch rechtzeitig aufgefallen. "Wenn's ums eigene Leben geht, da reagiert man über. Da muss man auch mal Verständnis für haben", so Hirtz. Denn an Silvester seien dann an dem Auto eines Bekannten, das dort stand, wo Hirtz normalerweise parkt, die Kennzeichen gestohlen worden. Im Übereifer habe er sich zu den Facebook-Beiträgen hingerissen. Nachträglich habe er wegen der gelockerten Felge Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt. Die Beiträge in der Facebook-Gruppe ließ er am Freitag löschen. Die Drohungen auf seiner eigenen Seite löschte Hirtz am Abend nach dem Telefonat mit dem Merkur.

Stadtrat kritisiert Polizei

Ob die Drohungen Auswirkungen auf seine politische Zukunft haben, ist noch unklar. Hirtz' Queer-Landessprecherkollege Peter Weinand gab an, ihm seien der Fall und die Ermittlungen nicht bekannt. Was mögliche Konsequenzen für Hirtz als Queer-Vorstand betrifft, so könne er alleine keine Entscheidung treffen, sagte Weinand: "Ich würde erstmal gerne hören, was Uwe Hirtz selbst dazu sagt." Dazu wolle er so schnell wie möglich eine Telefonkonferenz unter den Sprechern arrangieren.

Hirtz selbst sagte: "Wenn der Vorstand es will, dann lege ich die Ämter nieder."

Der Zweibrücker Linken-Stadtrat und Stadtverbands-Schatzmeister Andreas Schneider nahm den Parteifreund in Schutz: "Dass die Polizei gegen ihn ermittelt, finde ich zweifelhaft. Sie sollte lieber gegen den Verursacher des Ärgers vorgehen. Das Pferd wird am falschen Ende aufgezäumt." Das Losdrehen der Felge sei kein Jugendspaß. Die Polizei solle diesen Verursacher zu schnappen versuchen. Zu politischen Konsequzenzen für Hirtz in der Zweibrücker Linke sagte Schneider: "Wenn er meint, Drohungen auszusprechen, dann muss darüber geredet werden hinter verschlossener Tür." Zugute hält er Hirtz, dass er die Drohungen als Privatperson geschrieben habe.

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StichwortAls Gefährderansprache bezeichnet die Polizei die Ansprache einer Person. Dabei soll nach Angaben von Michael Hummel, dem stellvertretenden Chef der Zweibrücker Polizeiinspektion (potenziellen) Gefahrenverursachern verdeutlicht werden, mit welchen Konsequenzen (beispielsweise polizeilichen oder strafrechtlichen Maßnahmen) sie im konkreten Fall zu rechnen haben. Ziel der Ansprache ist der Aufbau einer psychischen Hemmschwelle, die den potenziellen Täter von seinem Vorhaben abhält. ek

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